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Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Lärchenwäldern wichen. Jeden Tag genoss ich diesen Anblick, der eigentlich nicht besonders überwältigend war. Aber nach der tristen Steinwüste Bragun-Sans entzückte mich jeder bunte Fleck und jeder einzelne Grashalm.
    Den Blick auf die grünen Wälder, das leuchtende Gras und die blühenden Blumen gerichtet, auf die herumschwirrenden Hummeln und das die Sonnenstrahlen zurückwerfende Wasser, freute ich mich meines Lebens wie nie zuvor. Es war erstaunlich warm, um nicht zu sagen heiß. Die grausige Kälte Bragun-Sans, die sich in meine Knochen eingefressen zu haben schien, war mittlerweile spurlos verschwunden. Der Wind roch frisch, nach Stechdorn und Süßgräsern. Da war kein ekelhafter Gestank mehr, keine Asche, kein beißender Rauch.
    Schon früh am Morgen setzte Vogelgezwitscher ein, das erst um Mitternacht wieder verstummte. Mein Pferd, das von Bragun-San genauso die Schnauze voll hatte wie ich, lief mit jedem Schritt munterer dahin.
    Die letzten Frühlingstage zogen ins Land. Bald würde ein endlos langer Sommer anbrechen. Ich ritt durch eine wilde Gegend, die auf der einen Seite von der Weststraße begrenzt wurde, sowie von der Arthaga, einem Fluss, der in den Katuger Bergen entsprang und in die Großen Seen mündete, auf der anderen Seite von der Zentralen Straße, auf der nun Kämpfe tobten. Letzten Berichten zufolge, die ich noch in Bragun-San gehört hatte, nahm die Verdammte Blatter diese Straße, um gegen Korunn vorzurücken.
    Immerhin lockte diese Gegend die Nabatorer nicht. Hier gab es weder große Städte noch wichtige Straßen. Die wenigen kleinen Dörfer stellten nicht mal für die Feinde eine reizvolle Beute dar. All ihr Sinnen und Trachten galt dem Norden, der Hauptstadt. Denn wenn sie dem Land den Kopf abschlügen, würden sie jeden Widerstand im Keim ersticken.
    Ich legte nur nachts Rast ein oder wenn das Pferd danach verlangte. Scharlach musste diese Straße genommen haben, es war die einzige weit und breit – und sie führte zur Zentralen Straße.
    Nach ihrer Niederlage in Bragun-San stand für mich außer Frage, dass sie nicht gegen Burg Donnerhauer zog, sondern sich möglichst schnell Blatters Armee anschließen wollte.
    Da ich mich mit jedem Tag den Gebieten, in denen der Krieg tobte, näherte, rechnete ich damit, demnächst verheerte Dörfer zu sehen. Doch da hatte ich mich getäuscht. Zum Glück. Was mich empfing, waren jedoch unzählige Gerüchte. Hier die Spreu vom Weizen, Wahrheit von Lüge zu trennen, war nicht gerade einfach, zumal alle Arten von Hirngespinsten nur so ins Kraut schossen.
    Irgendwann nahmen die Zeichen des Krieges aber doch zu. Seine ständigen Begleiter – die Leichen – bekam ich nun immer häufiger zu Gesicht. Sie lagen in Gräben am Straßenrand, in Schluchten, Wäldern und an den Ufern von Flüssen, hingen an Bäumen und türmten sich an den Dorfeingängen. Auf den Friedhöfen machte ich unzählige frisch ausgehobene Gräber aus. Über den Schluchten, in die man die Toten zu Dutzenden geworfen hatte, da man keine Zeit für ihre Beerdigung verlieren wollte, machte ich Aaskrähen aus.
    In den Dörfern baumelten Bauern ebenso wie gefangen genommene Soldaten an Galgen. Keiner der Bewohner wagte es, die Toten abzunehmen, sodass Vögel und Insekten, die Sonne und die Zeit an ihnen nagten. Das war für niemanden schön, weder für die Leichen noch für die Überlebenden. Die Menschen schienen sich jedoch an die seltsame Nachbarschaft gewöhnt zu haben und nicht mehr auf die Toten zu achten. Jedenfalls hatten sie keine Eile, die Toten unter die Erde zu bringen. Denn die Bauern hatten ganz andere Sorgen: Wenn ihre Familien nicht Hungers sterben sollten, mussten sie die Felder bestellen.
    Ich verstand sie. Die Armee unserer Feinde fraß ihnen schließlich alles weg. Die Folge davon war natürlich auch, dass die Preise für ein Essen in schwindelerregende Höhen geschossen waren. Hätte mir Shen nicht den Geldbeutel in die Hand gedrückt, ich hätte nicht gewusst, wie ich über die Runden kommen sollte. Allein, was das Futter für mein Pferd kostete! Hafer war mittlerweile so viel wert wie Gold …
    Einmal hörte ich auch von Weitem das Getrappel von Pferdehufen. Ich verdrückte mich rasch in den Wald. Eine Einheit aus fünf Nabatorern preschte, den Staub der Straße aufwirbelnd, an mir vorbei und verschwand dann spurlos.
    Auf der Zentralen Straße sah die Sache vermutlich längst anders aus. Dort dürfte es von den Wagen der Nabatorer wohl nur so wimmeln,

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