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Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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dergleichen zum ersten Mal. Sie vergaß vorübergehend ihre Angst und erfreute sich an diesem Wunder – das genauso kurz war wie ihre Zukunft.
    Als die Uhr aus Morassien fünf tiefe Schläge abgab, hantierte jemand am Türschloss. Gritha trat in den Raum, nahm ihr die Fesseln ab und führte sie in das benachbarte Zimmer.
    Dort erwartete sie ein Nekromant, dessen Kleidung einen Geruch nach Moschus verströmte.
    »Möchtet Ihr, dass ich Euch begleite, Herr Kadir?«, fragte Gritha mit säuselnder Stimme.
    »Nein, erledige deine anderen Pflichten«, kanzelte er sie ab, um sich dann an Algha zu wenden. »Und du folge mir, Schreitende.«
    Selbst wenn Algha ihm den Gehorsam verweigern wollte, es war unmöglich: Alles um sie herum zerfloss, jeder Ton schien gedämpft. Ihr Willen war förmlich ausgelöscht worden wie eine Kerze. Sie stakste dem Nekromanten hinterher, den Blick auf seinen breiten Rücken gerichtet. Da ihr Verstand jedoch ungetrübt war, begriff sie, dass sie wie ein Lamm zur Schlachtbank trottete – also genau das tat, was sie sich geschworen hatte, nicht zu tun.
    Der Nekromant führte sie zu einem Saal, vor dessen golden schimmernder Eschentür eine Ehrenwache stand. Er klopfte an diese Tür, öffnete sie, spähte in den Raum und zog Algha dann mit sich hinein.
    Sofort erhielt sie die Kontrolle über ihren Körper zurück, nahm alle Geräusche und Konturen wieder klar wahr.
    »Nein, nein und noch einmal nein!«, sagte gerade eine Frau mit angenehmer Stimme, wenn auch in herrischem Ton. »Wir müssen sie einkesseln! Andernfalls könnte die Ostarmee Schwierigkeiten bekommen und träfe erst nach uns in Korunn ein! Euch stehen alle Shej-sa’nen und tausend Mann von der rechten Flanke zur Verfügung. Wir dürfen unter gar keinen Umständen langsamer vorrücken als bisher!«
    Die Verdammte stand mit beiden Händen auf den Tisch gestützt da. Sie war viel größer, als sie, Algha, angenommen hatte. Und es war eine schöne Frau, mit einer schlanken Figur und prachtvollem silbernen Haar. Die teure Kleidung zeugte zudem von erlesenem Geschmack. Eine Platinkette mit dunkelblauen Saphiren betonte ihren langen Hals, im Ausschnitt des Kleides ruhte das Medaillon in Form eines Falken mit gespreizten Flügeln.
    Während Algha Blatter noch anstarrte – die den Turm verraten hatte und doch wie eine ganz gewöhnliche Frau aussah –, verließ Kadir den Raum wieder. Der Kommandeur folgte ihm.
    »Mitunter habe ich den Eindruck, Männer verstehen auch nicht das Geringste vom Krieg!«, stieß Blatter verärgert aus und ließ sich auf den Stuhl fallen.
    »So ist es, Sterngeborene«, sagte Batul, die in einem Sessel am Fenster saß.
    »Haben wir Nachrichten von der Herrin Mithipha?«
    »Bragun-San ist weit weg. Der Bote wird erst in einigen Tagen hier sein.«
    »Wie heißt du?«, wandte sich Blatter unvermittelt an Algha.
    Erschaudernd spähte sie in die Augenschlitze der Maske. Die trockenen, unbarmherzigen Finger der Angst pressten ihr vorübergehend die Kehle zusammen.
    »Algha«, brachte sie schließlich hervor.
    »Ich habe schon viel von dir gehört, Algha. Du bist eine höchst interessante … Persönlichkeit. Man stelle sich das nur einmal vor: eine Schreitende, die einen meiner Auserwählten umgebracht hat. Einer solchen Tat können sich nicht viele Menschen rühmen. Normalerweise ereilt nämlich eher sie dieses Schicksal.«
    Blatter schüttelte nachdenklich den Kopf, als könne sie immer noch nicht glauben, dass dergleichen möglich war.
    »Auch wie du die Wand eingerissen hast, die zwischen dir und deinem Funken stand, war höchst eindrucksvoll. Herr Ka musste dir sogar dieses liebreizende Dingelchen anlegen.« Sie nickte in Richtung des dunklen Armreifs. »Es war die einzige Möglichkeit, dich davon abzuhalten, weitere Wunder dieser Art zu vollbringen. Nicht einmal Batul ist zu dergleichen imstande … Wer hat dich in den Geflechten unterwiesen?«
    »Die Herrin Gilara.«
    »Die Leiterin der Schule im Regenbogental? Sie war eine begabte Frau. Aber dass sie auch dunkle Knoten zerreißen konnte, das wusste ich nicht. Du stammst aus einer Familie, die nicht von Adel ist, oder? Gleichzeitig ist auch deine Schwester eine Funkenträgerin. Ein fast einmaliger Zufall …« Blatter nahm nun einige der Papiere an sich, die auf dem Tisch lagen, hielt sie gegen das Licht und legte sie dann wieder zur Seite. »Eigentlich kommt so etwas nur in adligen Familien vor. Und auch dort nur in Ausnahmen.«
    »Liegt das am alten Blut,

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