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Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Knie unerträglich wurde und er sich nur noch mit großer Mühe bewegen konnte, senkte er das Schwert, um seinen Gegnern zu bedeuten, dass der Kampf beendet war. Diese steckten die Klingen sofort in die Scheiden.
    »Wie immer hervorragend, Herr«, sagte einer der beiden.
    »Ich danke euch. Ihr könnt jetzt gehen. Wir sehen uns morgen.«
    Die beiden Männer verneigten sich und eilten davon.
    Ley-ron humpelte schweißgebadet zu den Kiefern hinüber und setzte sich auf den Boden, einen Diener, der ihm einen Sessel brachte, ungehalten fortscheuchend. Er zog ein Tuch hinter dem Gürtel hervor und wischte die morassische Klinge sorgsam ab. Auf ihr ließen sich Muster erkennen, die an die Ranken jungen Weins erinnerten. Dieses Schwert nahm heute kaum noch an echten Schlachten teil, es hatte seinen Platz dem Funken überlassen, der weit mehr Schaden anrichtete als jedes Metall. Und besser zu einem Krüppel passte.
    Ley steckte die Klinge in die Scheide und massierte sich das schmerzende Knie. Über all die langen Jahre war ihm diese Geste in Fleisch und Blut übergegangen. Sie linderte den Schmerz zumindest ein wenig. Anschließend streckte sich Ley im Gras aus, verschränkte die Hände unterm Kopf und spähte zu den Kronen der Kiefern und zu den langsam über den Himmel ziehenden Wolken hinauf.
    Höhe fesselte ihn, jagte ihm zugleich aber auch Angst ein.
    Ein Mann hat vor nichts Angst – so hieß es in seinem Volk. Schon damals, vor vielen Jahrhunderten. Nach dem Dunklen Aufstand war er indes mehr als ein Mal von Albträumen heimgesucht worden, obendrein mied er seitdem jede Höhe. Jener Sturz von damals stand ihm noch heute vor Augen.
    Aus dem Saal des Rats hatte man ihn geworfen, aus der obersten Etage im Turm von Alsgara, hinein in einen Abgrund, durch brennende Luft, schmelzenden Stein und die zum Himmel auffahrenden Seelen der erschlagenen Funkenträger.
    Die Welt war an jenem Tag aus den Fugen geraten: Die Luft war zu Wasser geworden, das Feuer zu Schnee, der Schnee zu Glas und das Glas zu glühendem Metall. Gerüche und Töne hatten die Plätze gewechselt. Die Kraft, die am Tag des Aufstands freigesetzt worden war, schien vom Universum selbst geschaffen. Der Turm weinte, als sei er ein Lebewesen, und seine Tränen brannten in Erde und Stein riesige Gruben, die sich später in Seen verwandelten. Zahlreiche Viertel Alsgaras standen in Flammen.
    Kein Funken hatte diesen Kraftausstoß ausgehalten, sodass sämtliche Zauber verändert und verstümmelt wurden. Eins nach dem anderen barsten die Schilde des Glimmenden, zerfielen in Fetzen, wurden weich wie Meeresschaum und schmolzen. Ley-ron musste all sein Können aufwenden, um wenigstens den letzten Schild aufrechtzuerhalten, der ebenfalls wie ein Leichentuch zu zerfallen drohte. Am Ende hatte ihn auch dieser Schild nicht davor bewahren können, zum Krüppel zu werden …
    Er landete auf der glühenden, rauchenden Erde Alsgaras, inmitten der Leichen seiner Schüler und Freunde. An dem grausamen Schmerz in seinem Bein war er fast zugrunde gegangen. Vor Wut heulend, beschäftigte ihn jedoch nur ein Gedanke: das Schicksal Tsherkanas, die er oben im Turm allein zurückgelassen hatte.
    Er, der später als der Verdammte Pest bekannt werden sollte, versuchte in den Turm zurückzukriechen. Vergeblich. Wer einmal vom Himmel gestürzt war, schwang sich nur selten wieder zu ihm auf.
    Seine Niederlage beschämte ihn noch heute. Ebenso wie seine Angst.
    Hinter der rechten Kiefer schob sich nun die Sonne hervor. Ley-ron schloss die Augen und genoss die warmen Strahlen, die auf sein Gesicht fielen. Nach einer Weile setzte er sich widerwillig auf. Die kurze Zeit der Erholung nach der Übung im Schwertkampf war abgelaufen. Er musste sich wieder mit ernsthaften Dingen beschäftigen.
    Da jedoch kroch ein Marienkäfer über seine Beine. Ley hielt ihm einen Finger hin, wartete geduldig, bis der Käfer hinaufgekrabbelt war, und setzte ihn behutsam auf dem Blatt eines Löwenzahns ab. Erst dann stand er auf und humpelte zu den Zelten, die auf der anderen Seite der großen Lichtung aufgestellt worden waren.
    Ein Bote der Nabatorer wartete bereits auf ihn. Ley-ron streckte ihm schweigend die Hand entgegen, nahm das Schreiben an sich, entließ den Boten mit einer Geste, nickte der Ehrengarde vor seinem Zelt zu und betrat dieses.
    Er ließ sich in einem niedrigen Korbsessel nieder und streckte erleichtert das Bein aus, an dem selbst nach diesen wenigen Schritten wieder Schmerzen nagten.
    »Wie

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