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Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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meine halb erfrorene Nase und schlug immer wieder ein Bein gegen das andere. Die Hände behielt ich in den Taschen, was mir allerdings ungefähr so viel brachte wie einem Toten ein heißer Wickel. Trotz der Handschuhe und der Fäustlinge noch darüber waren meine Finger völlig durchgefroren. Und obwohl ich einen Pullover aus Schaffell, eine bis oben hin zugeknöpfte Jacke und Luks dreckigen Mantel trug und mir die Kapuze über den Kopf gezogen hatte, drang mir die Kälte bis auf die Knochen.
    Es war das Ende des ersten Wintermonats, und in den Bergen herrschte klirrender Frost. Selbst der zwischen den Basaltfelsen eingezwängte Fluss, der sonst wild an der Burg vorbeiströmte, war der Kälte zum Opfer gefallen, sodass wir eines Morgens von einer alles erstickenden Stille geweckt wurden. Der tosende Fluss hatte sich in eine starre, eisige Hügellandschaft verwandelt.
    Man konnte sich jetzt nicht mehr als zehn oder fünfzehn Minuten im Freien aufhalten, alles andere war die pure Folter. Wir saßen in den Türmen und setzten nur selten einen Fuß vor die Tür. Im Tal schrien morgens die Irbisse. Sie waren offenbar die einzigen Lebewesen, denen dieser strenge Winter nichts ausmachte. Uns Menschen schnitt der Frost ins Fleisch, unsere Spucke gefror noch in der Luft, und jeder Bart kam als prachtvolle Ansammlung von Eiszapfen daher.
    Einmal machte ich zwei noch hellgraue Tiere aus, die miteinander spielten. Sie sprangen durch den hohen Schnee und führten sich wie zwei zu groß geratene Katzenjunge auf.
    »Was die in dieser Gegend hält, ist mir ein Rätsel«, bemerkte Lartun, der an mich herangetreten war und die Balgerei der Tiere ebenfalls verfolgte. »Ich habe gehört, dass sie sich in dieser Jahreszeit normalerweise viel weiter unten aufhalten. Angeblich sind sie nur im Sommer hier oben anzutreffen.«
    »Diese beiden scheinen davon nichts zu wissen«, erwiderte ich grinsend, trat von der Schießscharte zurück und wollte schon nach unten gehen, als mich der Ritter zurückhielt.
    »Es gibt da eine Frage, die ich dir schon lange stellen wollte«, sagte er. »Du hast doch damals zu den Maiburger Schützen gehört, oder?«
    »Mhm.«
    »Und Ga-nor hat dich ein paarmal
Grauer
genannt …«
    »Auch das.«
    »Dann bist du derjenige, der mit zwei Spitzohren in die Berge aufgebrochen ist?«
    Als ich die Antwort schuldig blieb, fuhr er fort: »Ich habe damals, als der Vertrag mit dem Delben Vaske unterzeichnet wurde, auch im Sandoner Wald gekämpft. Im Regiment der Falken des Nordens. Nach der Schlacht am Gemer Bogen sind wir zu euch gestoßen. Ich erinnere mich noch gut an die Geschichte, als einer von den Leuten des Statthalters getötet wurde. Der Mann, der für die Reserve verantwortlich war. Er hatte noch einige Verwandte dabei.«
    »Recht rachedurstige Verwandte«, warf ich mit einem Grinsen ein, das schiefer geriet als üblich.
    »Du bist dem Galgen seinerzeit nur mit viel Glück entgangen. Viele haben behauptet, dass du ein Meuchelmörder bist und dir ein Haufen Soren für den Kopf dieses Narren gezahlt worden sei. Aber die meisten waren auf deiner Seite.«
    »Ach ja?«
    »Dieser Mistkerl hat seine eigenen Leute bestohlen. Dank seiner Verwandten hat ihm niemand das Handwerk gelegt. Außerdem hat er einen Teil der Lebensmittel über die Blockade hinweg in den Sandoner Wald verkauft. An die spitzohrigen Biester. Für gutes Geld. Das wussten viele, aber … trotzdem haben sie ihn schalten und walten lassen. Du hast also ganz richtig gehandelt. Ich bin froh, dass ich dir das einmal sagen konnte.«
    Er klopfte mir auf die Schulter, und ich blieb fassungslos auf dem Wehrgang zurück, schaffte es nicht einmal, ihm zu sagen, dass mich niemand für den Tod dieses Mannes bezahlt hatte. Nicht im Traum wäre ich damals auf die Idee gekommen, mich eines Tages als Gijan durchzuschlagen. Nein, dieses Stück Aas hatte einfach sterben müssen, weil seinetwegen meine Gefährten ums Leben gekommen waren …
    Die Irbisse waren mittlerweile verschwunden, das schneebedeckte Tal lag wieder verlassen da, und ich sann noch immer darüber nach, dass mich die Vergangenheit erneut eingeholt hatte.
    Die Burg wurde zu unserem Zuhause, und mit jedem Tag gewöhnte ich mich mehr an sie. Sie stand zwischen diesen beiden lotrechten Basaltfelsen, die man mit Sicherheit nicht erklimmen konnte, es sei denn, man beherrschte die Flugkunst. Sie sicherten die Ost- und die Westseite unseres Heims.
    Die Nord- und die Südseite hatte man aus massiven,

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