Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
Straße gesichtet worden. Da kann ein Schwert mehr nicht schaden. Ich wünsche noch einen schönen Tag.«
Damit erhob er sich, warf eine Münze auf den Tisch, die weit mehr wert war als das Frühstück, wechselte beim Hinausgehen ein paar Worte mit dem Schankwirt und verließ das Gasthaus. Algha hörte den Gesprächen noch eine Weile zu. Inzwischen wurde der Tod des Verdammten Schwindsucht erörtert. Alle stimmten darin überein, dass Meloth ihn mit einem Blitz erledigt hatte.
Dann fingerte sie in ihrem Beutel nach etwas Geld, doch der Wirt lehnte jede Bezahlung des Frühstücks mit dem Hinweis ab, der junge Herr habe das bereits erledigt.
Nach dem nächtlichen Regen lag eine frühlingshafte Frische in der Luft. Algha sog ihr würziges Aroma voller Genuss ein. Der Wald duftete nach dem ersten Grün. Nach betörender Wärme, die nach dem langen, dunklen und harten Winter so wohltuend war. Die schlanken Birken zeigten schon zartgrüne Blätter. Ende der Woche, das wusste Algha, würde der Wald dann ein sattgrünes Gewand tragen.
Die wenigen Kiefern, die meist auf kleinen Sandhügeln etwas abseits der Straße standen, leuchteten mit ihrer grünen Rinde und schienen die Sonnenstrahlen, die vom klaren Himmel fielen, förmlich zu verlängern.
In den Bäumen zwitscherten Vögel, die bereits über die Katuger Berge zurückgekehrt waren. Oft begleiteten sie den Wagenzug auch ein Stück, ohne die Menschen dabei eines Blickes zu würdigen.
Ungeachtet all der bedrückenden Gedanken, die Algha noch in der Nacht gequält hatten, genoss sie den herrlichen Tag. Für eine gewisse Zeit vergaß sie sogar ihren Kummer und dachte nicht einmal an die verräterische Schwäche, die sich erneut in ihren Beinen bemerkbar machte. Gestern Abend hatte sie auch wieder unter Nasenbluten gelitten …
Mylord Lofer ritt schweigend ein Stück vor ihrem Wagen, unmittelbar hinter einem der Soldaten. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt dem Wald.
Dreimal legten sie eine Rast ein, damit sich die Pferde ausruhen konnten. Die Straße war nicht sehr belebt, bisher hatten sie nur zwei Boten überholt, die Neuigkeiten in die Hauptstadt brachten.
Der Kutscher hörte zum ersten Mal zu fluchen auf und sang stattdessen ein Lied nach dem anderen. Wenn er nicht mit unflätigen Ausdrücken um sich warf, erwies sich seine Stimme als überraschend klar, tief und schön. Algha lauschte ihm mit Freuden.
Beim siebten Lied, das von dem harten Leben der Händler berichtete, flogen dann wie aus heiterem Himmel Armbrustbolzen aus dem Birkenwäldchen heran. Sie prasselten auf die Spitze des kleinen Zuges ein. Die Frauen kreischten auf, die Männer griffen schreiend nach ihren Waffen, die Angreifer kamen mit Gebrüll auf die Straße gestürmt.
Der Kutscher zog sofort die Zügel an und huschte behände unter den Wagen. Ein bärtiger Kerl sprang aus den Büschen, fuchtelte mit einer Streitaxt und schlug auf die Filzhändlerin ein, die sich gerade in Sicherheit bringen wollte. Dann warf er sich mit gefletschten Zähnen auf Algha, doch schon in der nächsten Sekunde zog ihm Lofer das Schwert über den Schädel. Ein zweiter Angreifer traf Alghas Verteidiger jedoch mit einem Armbrustbolzen in die Brust. Der Ritter sackte kraftlos zu Boden.
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, eilte Algha zu ihm. Den bärtigen Mistkerl, der neben Lofer stand, setzte sie mit einem Frostzauber außer Gefecht. Dieser Zauber verwandelte ihn und die Birke hinter ihm in Eisskulpturen. In diesem Moment rief aber auch jemand den dunklen Funken an. Algha hechtete zur Seite und wirkte umgehend einen Schild. Der grüne Staub, der auf den Wagen, die Straße, die Menschen und Pferde herabrieselte, explodierte noch im selben Augenblick.
Nun bemerkte sie den Nekromanten, einen blutjungen schwarzhaarigen Mann im Bauernhemd.
»Wag es ja nicht, Resa!«, zischte da jemand.
Dieser Resa war jedoch ohne Frage seinem Jagdfieber erlegen. Vielleicht hörte er den Befehl auch nicht – oder wollte ihn nicht hören. Jedenfalls schleuderte ein grüner Klumpen Algha bis an den Waldrand zurück. Sie spürte den Angriff und auch den Aufprall kaum, denn der Schild hatte beides abgemildert. Sobald sie sich auf die Knie hochgestemmt hatte, sah sie dem Nekromanten voller Hass ins Gesicht und befeuerte ihn mit einer Reihe von Zaubern, von denen jeder einzelne ausgereicht hätte, eine ganze Karawane von Kamelen zu töten. In dem Wissen, dass sie den Kerl vernichtet hatte, stürzte sie in den Wald.
Damit war jeder
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