Sturm im Elfenland
erkannte, was ihm da im Weg stand. Er hatte weder etwas gehört noch eine Bewegung gesehen, aber dort stand ruhig wartend ein Elf, in einen hellen Mantel gehüllt. Und jetzt bewegte er sich, warf den Mantel beiseite und legte seine Hand über die Nüstern des Fuchses, der sacht mit dem Kopf nach ihm stieß und freudig schnaubte. »Abendrot«, sagte er. »Wohin bringst du unseren Freund?«
»Erramun«, murmelte der Junge niedergeschlagen. »Woher wusstest du ...«
»Abendrot gehört mir«, sagte der Lehrer. »Du hast eine gute Wahl getroffen, Ivaylo. Er ist ein ganz besonderes Pferd.«
»Das ist er«, bestätigte Ivaylo und zuckte resigniert mit den Schultern. »Also?«
Erramun zog die Braue empor. »Was, also? Du warst doch auf dem Weg irgendwohin. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich mich dir gerne anschließen.«
Ivaylo hörte verblüfft, wie der Elf einen kurzen Pfiff ausstieß, auf den hin ein sehniges graues Pferd auf den Weg trottete. Erramun stieg auf und nickte Ivaylo ermunternd zu.
Der Junge gab seinem Reittier einen Klaps, damit es sich in Bewegung setzte. »Willst du Abendrot nicht ...«, begann er, aber Erramun winkte ab.
Sie ritten schweigend eine Weile nebeneinander her. Ivaylo zog grübelnd die Unterlippe zwischen die Zähne. Wollte er wirklich mit dem großen Elf im Schlepptau zum Schattenwald reiten? Was sollte er mit Erramun anfangen, wenn sie dort ankamen?
Der Wald begann sich zu lichten und es wurde heller. Die ersten Sonnenstrahlen trafen auf ihre Gesichter. Ivaylo blinzelte. Er war müde. Wie lange mochte der Weg nach Hause noch sein?
»Wir sind gleich da«, sagte Erramun. Und setzte hinzu: »Das hast du gut gemacht. Wie du deine Spuren verwischt hast, meine ich.«
Ivaylo schüttelte verlegen den Kopf. »Keine große Sache«, sagte er.
»Und der Schutzzauber war auch sehr sauber gewirkt«, fuhr Erramun fort. Er lachte. »Kein Hindernis für mich, aber unsere verehrte Stallmeisterin hätte sich daran sicher die Zähne ausgebissen.«
Ivaylo grinste schief. Dann sah er eine Baumgruppe auftauchen, die ihm bekannt vorkam. Er richtete sich auf und beschattete die Augen mit der Hand. »Wie ist das möglich?«, rief er aus.
Erramun streckte sich und gähnte herzhaft. »Ich wollte zum Frühstück wieder zu Hause sein«, erwiderte er.
Gondiars Anwesen lag friedlich unter der Morgensonne. Ivaylo blickte ungläubig über seine Schulter. Weit hinter ihnen lag der Wald, den er geglaubt hatte zu durchqueren. Aber wie konnte es sein, er hatte doch sein Pferd nicht gewendet. Und auch der Weg war ihm fremd erschienen, er hätte doch die Spuren seines eigenen Bergezaubers darauf erkennen müssen!
Ivaylo warf seinem Begleiter einen anklagenden Blick zu. »Das warst du!«
Der große Elf zuckte mit den Schultern. »Ich habe heute einen arbeitsreichen Tag vor mir. Sei mir nicht böse, Ivaylo. Wir können ja ein anderes Mal dorthin reiten. Wo wolltest du hin? In den Schattenwald?« So harmlos auch seine Stimme klang, in seinen Augenwinkeln nistete der Spott.
»Du bist auch nicht besser als die anderen«, zischte Ivaylo. Er sprang von seinem Reittier und lief zurück zum Haus, ohne sich noch einmal nach dem Lehrer umzusehen.
D
ieses Dämonentor war weitaus schlimmer als alle, die wir bisher beseitigt und geschlossen hatten.
Als wir die Dämmersümpfe in der Ferne erblickten, wurde es bereits dunkel, und die Lichter, die in den Sümpfen flackerten, narrten unsere Augen, gaukelten uns Häuser und Kerzen und freundlich knisternde Herdfeuer vor. Aber in Wirklichkeit waren es Sumpfgeister, die dort so verlockend leuchteten. Wer ihnen folgte, wurde in die Irre geführt, und wenn er schließlich den sicheren Weg verließ, drohte ihm der Tod.
Wir ritten schweigend durch das unwirtliche Moor und ignorierten die Lichter und die sanften Stimmen, die nach uns riefen. Unser Ziel war ein Dorf in der Nähe des umgekehrten Waldes.
Es war stockdunkel, als wir endlich dort ankamen. Die Jäger, die uns begleiteten, ritten voran und hielten ihre Armbrüste bereit. Das Dorf lag wie ausgestorben da und die Hufschläge unserer Pferde hallten donnernd laut in der unnatürlichen Stille.
Wir wussten nicht, wo wir nach dem Dämonentor suchen sollten, denn der Junge, der uns die Nachricht überbracht hatte, hatte sich nicht allzu deutlich ausgedrückt. Also bat ich einen der Jäger, mein Pferd zu führen, schloss die Augen und lauschte.
Kaum hatte ich meine Aufmerksamkeit in mich gekehrt, vernahm ich das Heulen und
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