Sturm im Elfenland
bist doch sonst immer ganz wild darauf, Erramun für dich allein zu haben.«
Alana errötete. »Was redest du da!«, sagte sie. »Nein, ich will nicht alleine mit ... du weißt schon!«
Garnet legte den Kopf schräg und musterte Alana eindringlich. »Aber Ivaylo tut doch keiner Fliege was zuleide«, sagte sie sanft.
Alana trommelte wieder gegen den Baum. »Na ja, nein«, gab sie zu. »Er sitzt nur da, glotzt Löcher in mich rein und ist stumm wie ein Fisch. Das ist ganz schön anstrengend, Garnet.«
Ihre Freundin stieß amüsiert Luft durch die Nase. »Du machst das doch auch«, wandte sie ein. »Du starrst ihn wütend an, machst spitze Bemerkungen und redest ansonsten nicht mit ihm. Was erwartest du?«
Alana seufzte. »Er mag mich nicht. Das ist in Ordnung, ich kann ihn ja auch nicht leiden. Aber Erramun hofiert ihn regelrecht, und das ärgert mich.«
»Warum tut er das?«, fragte Garnet interessiert.
»Was weiß ich?«, erwiderte Alana. »Weil er ein Junge ist? Oder wegen seiner Eltern? Erramun liebt Geheimnisse.«
»Ja, das ist aber auch spannend.« Garnet setzte sich auf und zupfte an ihren feuchten Haaren. »Keiner erzählt was darüber. Was haben seine Eltern denn Schlimmes angestellt?«
Alana rückte näher. »Sie haben verbotene Zauber angewendet und sich angeblich mit den Feinden des Königs verschworen, sagt die Köchin.«
Garnet riss die Augen auf. »Aber woher will Marabette das wissen?«
»Gualt, der Händler, hat es erzählt. Und der hat es von einem Jäger.«
Garnet blies die Backen auf. »Einer von Auberons Jägern?«
Alana nickte bedeutungsvoll.
»Und seine Eltern waren richtig an einer Verschwörung beteiligt?« Garnet klang beeindruckt.
Alana wollte ihr erzählen, was sie von der Köchin erfahren hatte, als über ihnen das Geäst der Grauweide sich heftig zu bewegen begann. Es rauschte und knackte, und dann sauste in einem Regen von abgerissenen Blättern und Zweigen ein Elf aus dem Baum und sprang ihnen vor die Füße. Die erschrockenen Mädchen blickten in Ivaylos zornblitzende Augen, sahen seine geballten Fäuste und wichen zurück.
»Lüge«, knurrte der Junge. »Alles Lüge!«
»Ach?«, erwiderte Alana, die sich als Erste von ihrem Schreck erholt hatte. »Und warum bist du dann hier bei uns und nicht bei deinen Eltern?« Sie stemmte die Hände in die Seiten und reckte das Kinn vor.
»Du widerliche Kröte«, zischte Ivaylo.
»Du gemeiner Fuchs«, fauchte Alana, »versuchst dich hier einzuschmeicheln.«
»Na, na«, mischte Garnet sich ein. »Das kannst du ihm ja nun wirklich nicht vorwerfen.« Sie lachte.
»Oh, doch!«, rief Alana aufgebracht. »Er schmeichelt sich bei Erramun ein, sonst wäre der doch nicht so verliebt in ihn!«
Ivaylo war einen Moment lang sprachlos. »Dein eingebildeter Hauslehrer ist mir völlig egal«, rief er dann empört. »Ich weiß nicht, was er von mir will. Er kann mir genauso den Buckel runterrutschen wie ihr alle, ihr feinen Pinkel!« Er spuckte Alana vor die Füße.
»Na, na«, machte Garnet wieder, der das Lachen nun gründlich vergangen war. »Ivaylo, das macht man doch nicht. Wir sind doch nicht deine Feinde.«
Er fuhr zu ihr herum, die Fäuste immer noch geballt. »Nein? Seid ihr das nicht? Was seid ihr denn?«
Garnet öffnete den Mund zu einer Entgegnung und schloss ihn gleich wieder. »Nun ja«, murmelte sie dann. »Du machst es einem aber auch nicht leicht, weißt du?«
»Was gibst du dich denn mit ihm ab?«, rief Alana wütend. »Überhaupt, warum belauscht er uns hier? Dieser Schleicher und Heimlichtuer?«
»Ich habe euch nicht belauscht«, brüllte Ivaylo. »Ich war schon hier, als ihr kamt, und ich habe gehofft, dass ihr schnell wieder geht. Das ist mein Platz!«
»Dein Platz?« Alana hatte jetzt auch die Fäuste geballt und zog den Kopf kampflustig zwischen die Schultern. Die beiden standen sich gegenüber wie gereizte Stiere.
»Jetzt beruhigt euch doch wieder«, fuhr Garnet dazwischen. »Das ist doch albern. Keiner hat dem anderen was zuleide getan, also bitte!«
»Er ist ein Eindringling«, rief Alana anklagend. »Warum ergreifst du seine Partei? Bist du nicht meine Freundin?«
Ivaylo fletschte die Zähne. »Ich habe nicht darum gebeten, hier zu sein«, zischte er. »Ich wäre viel lieber zu Hause bei meiner Familie, bei meinen Freunden!«
»Du hast Freunde?« Alana lachte schrill.
»Und ob ich Freunde habe«, schrie Ivaylo wütend. »Ich bin auf euch blöde Bande nicht angewiesen. Ich komme bestens allein zurecht!«
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