Sturm im Elfenland
er sich auf und kratzte sich am Kinn. »Seltsam«, sagte er.
»Sehr seltsam«, bestätigte der alte Arve Sägezahn, der herbeigehumpelt war und sich schwer atmend am Tisch abstützte. Er hustete und fügte hinzu: »Dieses Bild kommt nicht aus dem Zwergenreich. Und das Merkwürdige ist, dass es gebundene Steine zu sein scheinen, die Vetle Steinhauer (das war der junge Zwergenmagier) da gefunden hat.«
Der Zwergenkönig nickte. »Nur gebundene Steine können mit solcher Genauigkeit im Spiegel gefunden werden. Und nur ein Zwerg vermag einen Stein an jemanden zu binden. Es tut mir leid, mein Junge, aber du musst da ein paar von unseren eigenen Leuten aufgespürt haben.«
Ich konnte dem jungen Magier ansehen, wie schwer es ihm fiel, seinem König und dem alten Arve zu widersprechen. Er räusperte sich ein-, zweimal und sagte dann etwas zu laut: »Nein, bitte. Vergebt mir, dass ich es mir gestatte, anderer Meinung zu sein. Diese Steine gehören keinem Zwerg.«
Die Gespräche und leisen Diskussionen der anderen Gelehrten verstummten. In die jähe Stille fielen die nächsten Worte Vetles: »Ich denke, dass es sich um drei Steine handelt. Zwei davon kann ich nicht klar zuordnen. Einer könnte möglicherweise ein Zwergenstein sein, aber sein Signal ist eigenartig undeutlich. Möglicherweise ist sein Besitzer nicht mehr am Leben.«
Das Gemurmel setzte wieder ein. Die Gelehrten begannen hitzig, die Worte des jungen Magiers zu diskutieren.
Trond winkte Vetle und Arve zu sich und gab auch mir ein Zeichen, mich zu ihnen zu gesellen. Auberon stand schweigend und lauschend bei uns. »Also, jetzt Wasser auf den Stein«, sagte Trond scharf. »Mein Junge, ich verlange, dass du uns so gut du kannst erklärst, was du zu erkennen glaubst.«
Vetle erbleichte, aber er wankte nicht. »Drei Steine«, wiederholte er. »Sie sind gebunden. Aber sie sind nicht in Zwergenhand, soweit ich das beurteilen kann. Bei zweien davon bin ich mir vollkommen sicher, der dritte ist fraglich.«
»Gebundene Steine, aber nicht in Zwergenhand!« Arve Sägezahn lachte rasselnd. »Junger Zwerg, du hast Hirngespinste. Das kann nicht sein.«
Trond Hammerschlag war erstaunlich still geworden. Er kaute auf seiner Unterlippe herum und warf Auberon und mir unter gesenkten Lidern schräge Blicke zu. Das fiel nicht nur mir auf.
»Was denkst du, Trond?«, fragte Auberon ihn.
Der Zwergenkönig hob seufzend die Achseln. »Kennst du einen Elfen namens Farran?«
Der Name des Verräters fiel wie ein Stein ins Wasser. Ich konnte förmlich die Ringe fühlen, die er zog.
»Farran!« In Auberons Gesicht zog ein Gewitter auf. Sein Blick schnellte zu mir, blitzend, drohend.
Ich hob beide Hände. »Farran ist gebannt«, sagte ich eilig. »Schau mich nicht so an, Auberon. Ich habe die Verbannung vollzogen und dich nicht hintergangen.«
»Nein, nein«, beeilte sich Trond zu rufen, der das aufziehende Unheil erkannte. »Es ist nicht Farran selbst, der mir in den Sinn kommt. Er hat einen Sohn.«
Das waren keine Worte, die Auberons Gemüt besänftigen konnten. »Farrans Sohn!«, grollte er nur, und dann entlud sich das Gewitter über meinem armen, ungeschützten Haupt.
»Ho, Ruhe!« Nun donnerte auch Trond Hammerschlags Stimme durch den Raum. Wieder wandten sich uns alle Köpfe zu, wieder verstummten alle Gespräche.
»Ich weiß nicht, was du mit Farran und seinem Sohn zu schaffen hast«, sagte Trond etwas leiser. »Aber ich habe Farran als einen klugen, wenn auch hitzköpfigen Mann kennen und schätzen gelernt. Er mag in manchem etwas unbesonnen sein, aber in ihm ist keine Bösartigkeit.«
Tronds Worte ließen Auberon für einen kurzen Moment verstummen. Dann schob er eigensinnig das Kinn vor und konstatierte: »Das sehe ich allerdings ein wenig anders.« Er wandte sich ab, und ich konnte erkennen, dass er sich um Fassung bemühte. »Also gut, wir werden das später besprechen«, sagte er zu mir. »Es gibt nun Dringlicheres. Was ist mit Farrans Sohn?«
Trond drehte unbehaglich den Kopf. »Ich habe ihm einen Sternenstein gegeben«, gab er ein wenig kleinlaut zu.
»WAS hast du?« Der alte Arve Sägezahn traute seinen Ohren nicht. Er legte die Hand hinter seine Ohrmuschel und neigte sich vor. »Kannst du bitte wiederholen, was du gerade gesagt hast? Ich habe dich nicht richtig verstanden.«
»Doch, das hast du«, versetzte der König grimmig.
»Du hast einem Elfen einen Sternenstein gegeben?« Arve schnappte nach Luft, dass sein weißer, ein wenig schütterer Bart
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