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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dunkelheit verschwanden. »Die Spuren sind frisch. Achmed kann noch nicht sehr lange hier liegen.«
    »Aber er ist bestimmt schon seit Tagen tot. Die Verwesung hat ja bereits eingesetzt.« Kinahs Stimme klang kalt und gefühllos. Doch Dirk kannte sie und ahnte – nein, wusste – , dass sie innerlich völlig durcheinander war.
    So wie er.
    »Als wir in den Bungalowkeller gegangen sind …«, begann er.
    »Nicht jetzt«, unterbrach ihn Kinah.
    »Doch, jetzt«, beharrte Dirk. »Auf der Kellertreppe war Blut. Und im Keller selbst sind wir auf eine Leiche gestoßen.«
    Kinah musterte ihn stirnrunzelnd. »Eine Leiche? Bist du sicher?«
    »Natürlich. Aber es war nicht …« Dirk holte tief Luft, was er sofort bereute, weil er damit den Verwesungsgeruch tief in sich einsog und unmittelbar darauf den Geschmack von Galle auf der Zunge spürte. »Es war nicht … diese. Es war jemand … der schon länger tot war.«
    Kinah starrte ihn an, als hätte er behauptet, dass der Papst in einer Peepshow auftrat. »Es ist furchtbar genug, dass man Achmed umgebracht hat und vielleicht auch die anderen. Aber eine Leiche im Bungalowkeller? Blut auf der Treppe? Ausgeschlossen. Ich war schließlich gestern noch im Haus.«
    »Auch im Keller?«
    Kinah legte den Kopf schief. »Nein, nicht im Keller. Aber das kann einfach nicht sein … Meine Güte … Nein, das glaube ich nicht …«
    »Was glaubst du nicht?«, fragte Lubaya und erhob sich. »Dass hier Dinge geschehen, die nicht ganz geheuer sind? Hast du die alten Geschichten über Menschenopfer vergessen? Was ist mit den Skeletten, über die wir gerade gestolpert sind? Vielleicht hat das alles ja gar nichts mit einem Verräter zu tun, sondern mit Mächten, die durch Sturm, Hagel und Blitz zerstören können, was Menschenhand über Generationen aufgebaut hat?«
    »Hör auf!«, fuhr Kinah sie an. »Es ist schon schlimm genug.«
    »Ja, es ist schlimm genug«, bestätigte Lubaya. »Es ist schlimm, dass man Achmed umgebracht hat. Und wie man ihn umgebracht hat.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Kinah entsetzt.
    »Das weißt du doch längst.« Lubayas Gesicht, das sonst keine Gefühlsregung verbarg, wirkte wie erstarrt. »Als man ihn mit der Folie umwickelte, hat er noch gelebt. Vielleicht war er schon bewusstlos. Hoffentlich war er bewusstlos.«
    Der Gedanke, der für Dirk und Lubaya so naheliegend war, schien Kinah völlig neu zu sein. Sie schlug die Hand vor den Mund. Dann ließ sie sie langsam wieder sinken. »Wer auch immer Achmed getötet hat … Mein Gott … wir müssen los … Akuyi!«
    Dirk hatte gedacht, dass sich sein Entsetzen nicht mehr steigern konnte. Aber er hatte sich geirrt. Er sprang zu Kinah, packte sie an den Armen und schüttelte sie. »Was soll das heißen? Was weißt du über Akuyi?«
    Kinah starrte ihn aus großen, runden Augen an und murmelte: »Sie ist in Gefahr.«
    Dirk hielt ihre Arme immer noch fest umklammert. »Weißt du, wo sie ist?«
    Kinah schüttelte den Kopf. »Nein. Ich dachte, sie wäre in Sicherheit. Aber jetzt …«
    »Dann steckst du also hinter dem Verschwinden unserer Tochter!«
    Kinah versuchte, sich aus seinem Griff zu winden. »Du tust mir weh.«
    »Das ist keine Antwort.« Dirk ließ sie los und trat einen Schritt zurück. »Sag mir jetzt auf der Stelle, was du über Akuyis Verschwinden weißt!«
    »Das ist nicht so einfach«, schaltete sich Lubaya ein. »Wir wissen selbst nicht, wo sie im Augenblick ist.«
    Dirk sah erst Lubaya, dann Kinah an. Lubayas Miene war immer noch wie versteinert, Kinah hingegen wirkte verzweifelt. »Selbst nicht? Heißt das …«
    »Ja.« Kinahs Antwort ging in einem Schluchzen unter. »Eigentlich müssten wir es wissen.«
    »Achmed hat einen Bruder«, erklärte Lubaya. »Und diesen Bruder hatte Kinah beauftragt, sich um Akuyi zu kümmern.«
    Dirk erstarrte. Er hatte es geahnt. Kinah hatte von Anfang an ein falsches Spiel mit ihm gespielt. Und jetzt, da sie sich in die Enge getrieben fühlte, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm Schritt für Schritt die Wahrheit zu enthüllen.
    »Was heißt: sich um Akuyi zu kümmern?« Seine Stimme klang brüchig wie die eines alten Mannes. »Hat er sie entführt oder was?«
    Kinah zuckte zusammen.
    »Kinah wollte dich und Akuyi schützen, deshalb hat sie euch verlassen«, sagte Lubaya. Gerade, als Dirk ihr mit heftigen Worten klarmachen wollte, dass er diesen Satz inzwischen oft genug gehört hatte, hob sie die Hand mit der Taschenlampe. Der Lichtstrahl irrte über die Leiche,

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