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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Stimme war wenig mehr als ein Hauch. Die Schritte kamen ständig näher, und jetzt war auch arabisch klingendes Gemurmel zu hören und ein gelbliches, flackerndes Licht zu erahnen.
    Dirk sah so gut wie nichts. Der massige Schatten vor ihm konnte nur Lubaya sein – jedenfalls glaubte er das, bis er dagegen stieß und sich fast die Nase brach, weil er Kinahs wohlbeleibte Freundin mit der Wand verwechselt hatte.
    Der Aufprall war derart heftig und laut, dass Kinah »Vorsicht!« zischte. Dirks Nase fühlte sich an, als hätte sie Bekanntschaft mit der Faust eines Schwergewichtsboxers gemacht, und es dauerte keine Sekunde, bis das Blut zu tropfen begann. Dirk legte den Kopf in den Nacken, um zu verhindern, dass es ihm auf die Kleidung lief.
    Nun war er vollkommen orientierungslos. Noch bevor er selbst auf die naheliegendste Idee kam – nämlich in die Hocke zu gehen –, zog ihn jemand am Arm zu Boden. Diesmal war es nicht Lubaya, sondern Kinah, das erkannte er an ihrem Duft und den zierlichen, aber dennoch kräftigen Fingern.
    »Hier ist eine kleine Mauer«, zischte sie. »Ich habe sie vorhin entdeckt, als …«
    Sie verstummte. Und das genau im richtigen Moment, denn die sich nähernden Männer hielten offenbar inne, und ihr Gemurmel, das nicht deutsch oder französisch, sondern arabisch geklungen hatte, erstarb.
    Dirk spürte, wie Kinahs Griff fester wurde, aber auch, wie das Blut aus seiner Nase und auf sein Hemd rann. Kinah zerrte ihn mit sich und bewegte sich selbst in der Hocke schnell und fast lautlos, während er mit den Füßen über den Boden schleifte, als wolle er die Fremden mit aller Gewalt auf sich aufmerksam machen.
    »Hier«, wisperte sie. »Hier ist die Mauer. Duck dich dahinter.«
    Er folgte ihrer Aufforderung, wenn auch vielleicht nicht ganz so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Wieder legte er den Kopf in den Nacken, in der Hoffnung, dass die Blutung aufhören würde.
    Er erinnerte sich an einige von Kinahs Skulpturen – kauernde Figuren mit nach oben gestreckten Köpfen. Ob sie auch Nasenbluten hatten?
    Die Fremden näherten sich. Einer von ihnen hob eine Lampe hoch, die ein unruhiges Licht in den Raum warf. Ein anderer murmelte etwas für Dirk völlig Unverständliches.
    Dirk hatte keine Ahnung, wie viele Männer hereingekommen waren und welche Absichten sie hatten. Aber offensichtlich waren sie nicht entsetzt darüber, eine in Folie gepackte Leiche vorzufinden, denn sonst hätten sie zweifelsohne mit erschreckten Ausrufen und lautem Palaver reagiert. Die logische Erklärung war, dass sie selbst Achmed hier abgelegt hatten.
    Wenn das so war, wollte Dirk diesen Mördern wenigstens nicht mit blutigem Riechorgan entgegentreten. Er holte ein Taschentuch aus seiner Hose und presste es gegen seine Nase.
    »Was haben die vor?«, hauchte Kinah.
    Das war eine gute Frage, denn auf einmal schienen sich die Araber wieder zu entfernen, zumindest dem zurückweichenden Schein der Lampe nach. Doch dann machte einer von ihnen eine Bemerkung, die einem anderen offenbar nicht passte und mit einer Erwiderung quittiert wurde, die nicht sehr freundlich klang.
    Und schon redeten die versammelten Männer aufgeregt und lautstark durcheinander wie auf einem Basar, auf dem sich Käufer und Verkäufer gegenseitig des Betruges bezichtigen. Dirk duckte sich unwillkürlich tiefer in den Schatten der Mauer, hinter der sie sich verkrochen hatten. Er verstand kein Wort, aber er spürte die Erregung, die die Männer erfasst hatte.
    »Worüber reden sie?«, flüsterte er Kinah zu.
    »Woher soll ich das wissen?«, zischte sie zurück. »Ich spreche doch nicht alle Sprachen dieses Kontinents!«
    Einer der Männer donnerte einen Satz, der wie ein Befehl klang, woraufhin die anderen schlagartig verstummten. Dann sagte er noch ein paar scharfe Worte, auf die die übrigen fast unterwürfig antworteten.
    »Das gefällt mir gar nicht«, murmelte Lubaya.
    Dirk ortete ihre Stimme direkt hinter Kinah, aber als er sich umdrehte, konnte er noch nicht einmal einen Schatten sehen. Kein Wunder – ein dunkles Gesicht vor einem dunklen Hintergrund …
    »Mir gefällt auch einiges nicht«, sagte er und tupfte sich das Blut vom Kinn.
    »Nicht so laut!«, fauchte Kinah. »Oder willst du, dass die uns bemerken?«
    Nein, das wollte er nicht. Er wollte etwas ganz anderes: endlich Klarheit.
    »Was ist mit Akuyi?«, flüsterte er. »Welche Maschine hat sie genommen? Ist sie noch rechtzeitig vor dem Sturm weggekommen?«
    Kinah stöhnte auf.
    Vielleicht

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