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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wirbel. Es brauchte nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, wie Häuser, Autos und Menschen durch die Luft geschleudert und am Boden zerschmettert wurden, wie Trümmer und Einrichtungsgegenstände niederprasselten, wie sich die einen im letzten Moment zu retten versuchten und hilflos mit ihren Wagen in verstopften Straßen standen, während die anderen Kellertreppen hinabhetzten in der Hoffnung, dort Schutz zu finden, aber auch voller Angst, unter ihren eigenen Häusern begraben zu werden.
    Wieder drückte Jan eine Taste, und wie schon zwei Mal zuvor flackerte die Darstellung noch einmal auf und verlosch.
    Eine ganze Weile lang sagte keiner von beiden etwas. Dann atmete Jan tief durch. »Wenn jemand den Thunderformer einsetzt, kann so etwas jederzeit und überall auf der Welt passieren.«
    Kinah schluckte. »Eines verstehe ich trotzdem nicht: Das Wetter spielt doch schon so verrückt – wie können halbwegs intelligente Menschen nur glauben, eine derartige Waffe ließe sich wirklich kontrollieren?«
    »Es gibt einen Menschenschlag, der die Folgen seiner Handlungen einfach nicht sehen will«, antwortete Jan. »Der nur an seinem augenblicklichen Vorteil interessiert ist und alles vom Tisch wischt, was ihn von seinem einmal eingeschlagenen Weg abbringen will. Und ausgerechnet beim Militär, in den Geheimdiensten und in der Politik sind sehr viele Vertreter dieses Schlags zu finden. Wenn ihnen dann noch skrupellose oder berufsblinde Wissenschaftler zuarbeiten, ist die Katastrophe vorprogrammiert.«
    »Was schon im Allgemeinen dazu führt, dass die Menschheit immer häufiger gegen die alten Wettergesetze verstößt«, sagte Kinah. »Aber wenn jetzt auch noch irgendwelche Idioten mit einer Waffe wie dem Thunderformer herumspielen …«
    »Passiert das …«, sagte Jan und betätigte einmal mehr seine Fernbedienung.
    Das dreidimensionale Abbild der Erde wirbelte durch den Raum und stabilisierte sich – zumindest zum großen Teil. Es war Bewegung in der Atmosphäre, viel mehr Bewegung, als hätte da sein dürfen. Aus dem lokalen Wirbelsturm, der Seoul verwüstet hatte, war etwas unglaublich Monströses geworden, das über das japanische Meer zog. Einer der gewaltigen Ausläufer hatte bereits den Vielinselstaat erreicht und raste über Hiroshima und Tottori hinweg ins Landesinnere, während andere Ausläufer über Nordkorea fegten und Kurs auf China nahmen.
    »Du kennst ja sicherlich die Chaostheorie«, sagte Jan. »Demnach kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in China auf der anderen Seite der Erde eine Katastrophe auslösen. Was kann da wohl ein Wirbelsturm anrichten, der in Korea, China und Japan wütet?«
    »Sicherlich viel mehr«, murmelte Kinah.
    »Allerdings. So sieht das Ganze sieben Tage später aus.« Jan betätigte die Fernbedienung.
    Kinah wusste nicht, was sie erwartet hatte, aber gewiss nicht, dass China nun beinahe vollständig unter einem halben Dutzend Wirbelstürme verschwunden war, genauso wie die Mongolei, Teile Russlands und der angrenzenden Staaten. Der Sturm über Japan hatte eine Schneise der Zerstörung hinterlassen, drehte über dem Pazifik ab und hielt direkt auf die Westküste der USA zu.
    »Das wäre ja …«
    »Die größte Sturmkatastrophe, die die Menschheit je erlebt hat«, fiel ihr Jan ins Wort. In seiner Stimme schwang trotz allen Entsetzens eine gewisse Faszination mit, was Kinah zutiefst erschreckte. Es war stets die Faszination am Grauen, die der Vernichtung voranging. »Auf der einen Seite zieht der entfesselte Sturm über die ehemalige Sowjetunion nach Europa, auf der anderen erreicht er Nord- und Mittelamerika. Und wenn ich jetzt noch eine Woche vorspule …«
    »Danke, das reicht mir!«, wehrte Kinah ab. »Meine Güte, Jan –wenn an dieser Sache wirklich etwas dran ist, darfst du das auf keinen Fall für dich behalten!«
    Jan wirkte ein bisschen enttäuscht, ließ die holografische Darstellung jedoch gehorsam mit einem Tastendruck in sich zusammenfallen. »Was denkst du eigentlich von mir? Ich habe dieses Szenario doch nicht programmiert, um im Bekanntenkreis damit anzugeben! Nein, das ist das Ergebnis meiner wissenschaftlichen Arbeit. Ich hatte das Ziel, die Fachwelt aufzurütteln und dann die Medien und die Politik.«
    Kinah blinzelte. »Hatte? Ich verstehe nicht ganz.«
    »Da gibt es nicht viel zu verstehen«, erwiderte Jan gereizt. »Ich wollte genau das, was ich dir gerade gezeigt habe, auf einem internationalen Klimakongress präsentieren. Aber man hat mir mittendrin

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