Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
würdest du nämlich rechts ranfahren und mich ans Steuer lassen. Das wäre Gefühl.«
    »Hier kann ich gar nicht rechts ranfahren, du Witzbold«, gab Ja-nette zurück. »Dann würde ich nämlich wieder im Graben landen.«
    Lubaya stöhnte auf, was den unangenehmen Nebeneffekt hatte, dass sich ihr Brustkorb ausdehnte. »Könnt ihr vielleicht mal euer kindisches Gequatsche lassen?«
    »Kein Problem.« Janette beugte sich vor. »Da vorne ist irgendetwas. Sieht aus wie ein großer Schuppen.«
    »Ja«, bestätigte Kinah. »Aber das ist kein Schuppen, sondern ein Flugzeughangar. Wir haben unser Ziel erreicht.«
    ***
    Biermann hatte von einem älteren russischen Piloten gesprochen, deshalb war Dirk davon ausgegangen, dass der Mann vielleicht Mitte oder Ende fünfzig sein würde. Doch jetzt, da sie Jurij vor der verbeulten, mehr als nur ein bisschen angerosteten Wellblechhalle und einem Schrotthaufen aus Motoren, Blechen und Flügelteilen gegenüberstanden, wurde ihm klar, dass er mit seiner Vermutung komplett danebengelegen hatte. Jurij ging nicht auf die sechzig zu, er hatte sie längst hinter sich gelassen. Und das wahrscheinlich schon vor ein paar Jahrzehnten. Sein Gesicht war dermaßen runzlig, dass sein Abbild auf einen Joghurt gepasst hätte, der mit einem Einhundertfünfzigjährigen aus Sibirien für gesunde Ernährung werben wollte, und auf seinen Händen und seinem Hals prangten mehr Altersflecken, als Dirk je zuvor bei einem Menschen gesehen hatte.
    »Schön, dass Sie den langen Weg zu mirr gefunden haben, Misterr Bierrmann.« Jurij fuhr sich durch seine schlohweißen, aber erstaunlich dichten Haare. »Einen wirrklich wunderrschönen Wagen haben Sie da. Aberr Sie alle sehen etwas mitgenommen aus, wenn ich das so sagen darrf.« Seine kleinen, wachen Augen musterten einen nach dem anderen. »Was ist passierrt? Ärrger mit derrr Polizei?«
    »Ärger mit einem Sturm, der einen Teil der marokkanischen Küste weggeblasen hat.« Biermann fummelte an der hässlichen grünen Krawatte herum, die er aus seiner Anzugtasche hervorgeholt hatte und nun anzulegen versuchte, obwohl sie sich dagegen sträubte, als sei sie eine Schlange und kein Stück Stoff. »Das habe ich Ihnen doch schon am Telefon gesagt.«
    »Der Sturrm … ja, natürrlich.« Jurij nickte knapp. »Ich habe davon gehörrt. Aberr er soll wenigerr heftig ausgefallen sein als errwarrtet.«
    »Das kann man so nicht sagen.« Biermann war es endlich gelungen, sich die Krawatte umzubinden. Doch das hinderte sie nicht daran, im Wind zu flattern statt ordentlich zu hängen. »Ein Teil der Küste wurde schwer getroffen. Aber eben nur ein Teil.«
    »Ja, auch davon habe ich gehörrt.« Jurijs Blick fiel erst auf den Verband um Dirks rechte Hand und dann auf die zerschnittene Hose, unter der sein Wadenverband hervorlugte. »Sind Sie von einem Hund angefallen worrden?«
    »So ähnlich«, murmelte Dirk kurz angebunden. Die Erinnerung an den verrückten Araber war nichts, was er mit einem fremden Menschen teilen wollte.
    »Ein Sturrm, der nurr einen Küstenabschnitt betrrifft …« Jurij schnalzte mit der Zunge. »Das ist äußerrst merrkwürrdig. Sind Sie sicherr, dass alles mit rrechten Dingen zuging?«
    »Wie meinst du das?«, fragte Lubaya.
    Hier, mitten in der Sonne, deren Licht sich in den winzigen Schweißtröpfchen auf ihren Armen und ihrem Gesicht brach, sah sie aus wie eine archaische Göttin. Auf einmal wirkte sie nicht mehr fett, sondern nur noch gewaltig, und strahlte eine solche Kraft aus, dass sich Jurijs Augen verengten und er zu überlegen schien, ob nicht in Wahrheit sie die Gruppe anführte und nicht der schmerbäuchige Mann mit der widerspenstigen Krawatte, der bei ihm per Handy einen Flug gebucht hatte.
    »Ich will wissen, warrum ihrr zu Jurij kommt.«
    »Aus einem ganz einfachen Grund.« Biermann stopfte den Zipfel der Krawatte in seinen Hosenbund, aber er rutschte sofort wieder heraus. »Alle Flüge von und nach Casablanca wurden storniert. Und dasselbe gilt für die anderen regulären Flughäfen.«
    Jurij starrte ihn an, als müsste er angestrengt darüber nachdenken. »Ja, das könnte ein Grrund sein«, sagte er schließlich. »Aberr ich glaube eherr, ihrr lauft vorr etwas davon.«
    »Wir laufen vor gar nichts davon«, erklärte Lubaya mit Nachdruck. »Wir wollen nichts weiter als einen Flug, und wir zahlen bar. Wo ist also das Problem?«
    Wieder schwieg Jurij für eine ganze Weile. Dann grinste er verschmitzt. »Kein Prroblem, wenn ihrr in Dollarr

Weitere Kostenlose Bücher