Sturm: Roman (German Edition)
der Landung in Casablanca passiert war. Etwas wie ein heftiger Schlag hatte die Boeing 737 getroffen. Und das war gewiss kein Zufall gewesen. Die Bö, die den Roamer fast von der Straße gefegt hatte, der Tsunami, der nur über einen kleinen Teil der Küste hereingebrochen war, Kinahs verrückte Geschichte über den Thunderformer …
Was, wenn tatsächlich jemand mit einer solchen Waffe herumexperimentierte? Was, wenn er sich gerade sie als Ziel ausgesucht hatte?
Dirk erreichte den Wagen und lehnte sich an die Beifahrertür. Sie war derart heiß, dass er sich fast verbrannte, und genauso heiß stach auch die Sonne vom Himmel. Im Roamer hatten einige Baseballkappen gelegen, von denen er sich eine aufgesetzt hatte. Doch sie war nur ein notdürftiger Schutz vor der Sonne, die hier so viel kräftiger schien als in Deutschland.
Mit einer abrupten Bewegung stieß er sich ab, ging um den Wagen herum, riss die Fahrertür auf und ließ sich auf den Sitz fallen. Der Zündschlüssel steckte, eine Nachlässigkeit, die ihm jetzt gelegen kam. Er drehte den Schlüssel so weit, dass die Elektronik mit Strom versorgt wurde und die Klimaanlage fauchend zum Leben erwachte.
Es war lächerlich. Wenn es diese Wetterwaffe wirklich gab, würde man sie bestimmt nicht einsetzen, nur um ihn und Biermann beim Landeanflug auf Casablanca vom Himmel zu pusten. Und warum sollte man einen Sturm an die marokkanische Küste schicken, wenn man sie erledigen wollte? Dazu hätten doch ein paar bewaffnete Männer genügt, die sie unterwegs auf der Landstraße hätten abfangen können.
Nein, hier passte einiges nicht zusammen. Er hatte während der Autofahrt versucht, von Kinah Antworten auf die Fragen zu bekommen, die ihm auf der Seele brannten – wie etwa die, was es mit ihrer Bemerkung über die beiden Kinder auf sich hatte und was das ganze Gerede über die Götter sollte. Aber Kinah hatte abgeblockt, und von seinem Platz auf dem Rücksitz, neben Biermann, Rastalocke und vor allem Lubaya, hatte er natürlich nicht richtig nachhaken können.
Er drehte den Oberkörper und angelte nach der 1,5-Liter-Wasserflasche, die er auf der Hinfahrt immer wieder unter unmöglichen Verrenkungen an Lubaya vorbei zum Mund geführt und fast leergetrunken hatte. Ein kleiner Rest war noch übrig, und den brauchte er jetzt. Die Flasche war umgefallen und aus seiner Position kaum zu erreichen. Er tauchte fast in den Fond hinein und fischte angestrengt nach ihr. Als er sie endlich in der Hand hielt und sich wieder aufrichtete, fiel sein Blick durch das Rückfenster des Roamers.
Am Horizont, ungefähr da, wo sie auf die Schotterpiste eingebogen waren, war eine dichte Staubwolke zu sehen. Offensichtlich fuhr dort jemand mit einem Affenzahn.
Dirk öffnete die Wasserflasche mit zitternden Fingern und goss sich die lauwarme Flüssigkeit in die Kehle. Ein Wassertropfen lief ihm über das Kinn. Er wischte ihn mit dem Handrücken weg, warf die Plastikflasche mit einer achtlosen Bewegung beiseite und startete den Roamer. Der Motor dröhnte, und Dirk begriff, dass er viel zu viel Gas gab. Hastig nahm er den Fuß vom Gaspedal, legte den ersten Gang ein und fuhr los, direkt auf die Wellblechhalle zu.
Rastalocke kam gerade heraus. Als er sah, dass der Geländewagen auf ihn zukam, riss er die Arme hoch und winkte wie verrückt.
Dirk drückte auf die Hupe. Ein Geräusch erklang, als würde eine ganze Elefantenherde auf einmal lostrompeten.
John sprang zur Seite, was völlig unnötig war, denn Dirk trat auf die Bremse und lenkte gleichzeitig nach links Der Wagen machte die Bewegung mit, ohne die geringste Tendenz zum Ausbrechen zu zeigen. Trotzdem wusste Dirk, dass er zu viel Gas gegeben hatte. Wenn er nicht aufpasste, würde er mit dem Rammgitter an der Wagenschnauze die Ecke der Wellblechhütte mitnehmen und damit vielleicht das ganze wacklige Ding zum Einsturz bringen. Unter anderen Umständen wäre es ihm durchaus verlockend erschienen, auf diese Weise zu vermeiden, dass er in das Flugzeug steigen musste. Aber nicht hier und jetzt. Wer auch immer über die Schotterpiste heranraste, hatte es verdächtig eilig. Und das behagte Dirk ganz und gar nicht.
Er ging vom Gas, trat das Bremspedal durch und schoss mit quietschenden Reifen haarscharf an dem Flugzeughangar vorbei. Ohne zu zögern kurbelte er das Lenkrad nach rechts.
Diesmal brach der gutmütige Wagen aus. Das Heck rutschte herum und zwang die Schnauze zu einer Einhundertachtziggradkehre. Schotter und Staub wirbelten auf
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