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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der er gerade stand, wie ihm jetzt bewusst wurde.
    »Ich glaube es einfach nicht«, murmelte Kinah neben ihm.
    »Ja.« Dirk musste sich zusammenreißen, um überhaupt ein Wort herauszubringen. »Der Sturm hat wirklich ganze Arbeit geleistet.«
    »Das meine ich nicht«, flüsterte Kinah. »Sieh mal da!« Sie wies ihm die Richtung.
    Dirk folgte ihrer Hand mit den Augen. Er schluckte. Das konnte einfach nicht sein!
    Ungefähr einen Kilometer entfernt lag der Ortskern von Al Afra. Er hätte vom Sturm zerschmettert sein müssen, dem Erboden gleichgemacht – oder zumindest eine Trümmerwüste aus zerstörten Häusern und verschütteten Straßen, bedeckt von einer tödlichen, alles erstickenden Schlammschicht. Aber weit gefehlt. Das Fischerdorf sah vollkommen unversehrt aus. Auf den Dächern spiegelte sich das Sonnenlicht, Palmen und andere Bäume spendeten ihren Schatten, und in dem kleinen Hafen dümpelten friedlich einige Boote. Es schien Dirk sogar, als würde der Wind ganz normale Alltagsgeräusche zu ihnen tragen, das Brummen von Automotoren, das Geschnatter von Passanten, das Hämmern und Sägen von Handwerkern.
    »Wie kann das sein?«, fragte Lubaya. Sie hielt sich ebenfalls die Hand über die Augen und starrte mit angespanntem Gesichtsausdruck hinüber nach Al Afra. »Dort ist ja gar nichts zerstört!«
    »Umso besser«, sagte Rastalocke. »Dann kann ich da gleich einen Kaffee trinken.«
    Niemand beachtete ihn. Er löste sich von der Gruppe und begann, auf den Ort zuzugehen.
    »Der Sturm hat anscheinend nur über uns getobt«, fuhr Lubaya fort. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Nichts Gutes«, murmelte Kinah. »Überhaupt nichts Gutes.«
    »Was genau meinst du damit?«, fragte Dirk alarmiert.
    Kinah zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Noch nicht.«
    Dirk wusste es auch nicht. Aber er erinnerte sich. An die Böen, die das Flugzeug getroffen hatten, und an den Windstoß, der den schweren Geländewagen fast von der Straße gefegt hatte. Zufall? Er glaubte es nicht. Irgendjemand oder irgendetwas war hinter ihm her. Und das auf besonders heimtückische Art. Mit Hilfe fürchterlicher Sturmgewalten.
    »Hey, Leute!« Rastalocke war inzwischen ein ganzes Stück von ihnen entfernt. Er hatte sich umgedreht und winkte ihnen aufgeregt zu. »Seht mal, wer da oben an der Straße auf uns wartet!«
    Dirk blinzelte. Weit hinter John erkannte er die Umrisse eines Autos. Der Roamer! Und er wartete nicht mehr, er war offensichtlich gerade angelassen worden und kurvte nun vorsichtig zu ihnen herunter.
    »Ich werd verrückt!«, schrie Rastalocke, der sich wieder dem Roamer zugewandt hatte. »Janette ist nicht alleine!«
    Er hatte recht. Das Seitenfenster des Roamers war offen, und nun steckte ein Mann den Kopf heraus und winkte ihnen zu.
    Es war Biermann.
    »Hat der Teufelskerl es mal wieder geschafft!« Rastalocke war nicht mehr zu halten und rannte dem Wagen begeistert entgegen.
    Dirk konnte seine Euphorie durchaus verstehen. Doch für ihn selbst gab es keinen Grund, Erleichterung zu empfinden. Er hatte beileibe nicht alles verstanden, was passiert war, seitdem er sich in ein Flugzeug nach Afrika gesetzt hatte. Aber eines wusste er jetzt mit Sicherheit: Der Sturm war hinter ihm her.

BUCH III
    Sei achtsam
    Die Raubvögel der Savanne jagen den Suchenden
    und töten den Schwachen
    Sei gewiss
    Der Atem der Götter trägt den Aufrechten
    und zerschmettert den Verzagten.
    Afrikanische Weisheit

Kapitel 23
    Sechs Personen hätten in einem so großen Wagen wie dem Roamer eigentlich kein Problem sein dürfen. Doch Lubaya war an Bord, und sie hatte sich zu allem Übel nicht auf dem Beifahrersitz niedergelassen – was für die anderen Fondpassagiere eine wahrhaftige Erleichterung gewesen wäre –, sondern es sich mitten auf der Rückbank bequem gemacht. Dirk hatte sich rechts neben sie gequetscht, Rastalocke und Biermann auf die andere Seite. Dass sie sich nicht rühren konnten, war dabei noch das geringste Problem. Schlimmer war, dass jeder Versuch, tief Luft zu holen, wegen Lubayas Fülligkeit schon im Ansatz scheiterte. Ihnen blieben nur flache Atemzüge und die Hoffnung, dass die Fahrt bald vorbei sein würde.
    »Ich kann auch fahren«, stieß der mit seinem wirr verknoteten Haar und zerschlagenen Gesicht äußerst ramponiert wirkende Rastalocke hervor. Es klang ziemlich kläglich, und das nicht nur, weil er es bereits zum dritten Mal vorbrachte, sondern auch, weil er genauso eingequetscht war wie Dirk.
    »Nee, geht schon«,

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