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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hoffen, denn die beiden Idioten hinter uns brennen darauf, das Maschinengewehr auszuprobieren und die Hubschrauber unter Feuer zu nehmen!«
    »Es war keine Einbildung«, sagte Kinah sanft, »sondern etwas, das man sonst nur während eines Rituals erlebt, in Trance. Es kann jeden Menschen treffen, der unter äußerster Anspannung steht, vor allem auf diesem Kontinent, wo die Zeit eine völlig andere Bedeutung hat als in Europa und das ganze Land Geschichte atmet.«
    »In Trance?« Dirk schüttelte den Kopf. »Ich war nicht im Delirium, wenn du das meinst. Und ich habe auch nichts geraucht oder eingeworfen. ICH HABE AKUYI GEHÖRT!«
    »Natürlich hast du das. Sie braucht deine Hilfe. Sie braucht unsere Hilfe.«
    »Was, verdammt noch mal, macht dich so sicher, dass sie nicht in einem dieser Hubschrauber sitzt?«
    Kinah öffnete den Mund, schüttelte dann jedoch den Kopf und schloss ihn wieder.
    »Wamar musste seine Sippe auf der anderen Seite der Berge vor einer großen Katastrophe warnen«, sagte Lubaya.
    Dirk fuhr zu ihr herum.
    Sie stand immer noch am Cockpiteingang, groß und mächtig, und als sie nun auf ihn herabsah, wirkte sie wie eine Priesterin aus einem von Weißen unberührten Teil Afrikas, deren Wort für ihren Stamm Gesetz war.
    »Die Raubvögel waren eine der Prüfungen für Wamar«, sagte Lubaya. »Sie versuchten, ihm die Augen auszuhacken und ihn mit ihren Flügelschlägen aus dem Gleichgewicht zu bringen, damit er abstürzt. Aber sie hatten nichts mit seiner Sippe zu tun.«
    Dirk starrte sie ungläubig an. »Ihr spinnt!«, sagte er voller Inbrunst. »Alle beide.«
    Lubaya verzog abfällig den Mund. »Ich weiß nicht, wer von uns spinnt. Aber du kannst sicher sein, dass deine – dass eure – Tochter nicht in einem dieser Hubschrauber ist.«
    »Das könnt ihr doch überhaupt nicht wissen!«, begehrte Dirk auf.
    »Natürlich können wir das«, beschied ihm Lubaya. Sie legte die Hand auf ihre gewaltige Brust. »Ich würde es spüren, genauso wie deine Frau. Vertrau uns.«
    »Und was bedeutet das? Dass John und Biermann fröhlich drauflosballern können?«
    Als das Flugzeug plötzlich schlingerte und dann durchsackte, zuckte Lubaya zusammen. »Jetzt geht es los«, stieß sie hervor. »Die Raubvögel wollen uns die Augen aushacken!«
    Dirk kam nicht dazu, zu antworten. Er drehte sich zum Fenster und sah hinaus. Durch die wirbelnden Wolkenfetzen jagte ein schwarzer Schatten heran. Ein Scheinwerferstrahl brach aus seiner Mitte hervor, fraß sich durch den Nebel und schlug mit blendender Helligkeit im Cockpit ein. Jurij griff nach der Fliegerbrille, die mit einer Blende versehen war, und setzte sie sich hastig auf. Kinah versuchte, ihre Augen mit der Hand zu beschirmen, was offensichtlich nicht ausreichte, denn sie rutschte tiefer in den Kopilotensessel und wandte den Kopf ab. Dirk selbst wurde nicht geblendet, da er in der Kuhle zwischen Pilotensitz und Außenwand saß.
    »Was zum Teufel …«, begann er.
    »Festhalten!«, brüllte Jurij und drückte das Steuerhorn nach vorne und unten. Die Lisunov reagierte wie ein Drache, der weiß, dass er sich einem Kampf auf Leben und Tod stellen muss, neigte sich erst langsam nach vorne und schoss dann wie im Sturzflug nach unten.
    Dirk hatte größte Mühe, sich festzuhalten, und das galt nicht nur für ihn. Lubaya kämpfte um ihr Gleichgewicht und knurrte dabei wie ein gereizter Grizzlybär, der bereit ist, mit einem Prankenhieb alles zu zerschlagen, was ihm in den Weg kommt.
    Die Lisunov ging in eine scharfe Rechtskurve, beendete aber immerhin ihren Sinkflug. Der Scheinwerferstrahl aus dem Hubschrauber verschwand, die schwarze Maschine donnerte über sie hinweg, und sofort befanden sie sich wieder inmitten der Wolkenwirbel, die sie nun noch wilder umtosten.
    »Mann, ist das ungemütlich!«, brüllte Lubaya. »Halt die Kiste mal für ein paar Sekunden ruhig, damit ich mich setzen kann!«
    Jurij nickte flüchtig, was Dirk erleichtert zur Kenntnis nahm. Er fand es eine ausgesprochen gute Idee, dass sich Lubaya nicht länger am Rahmen der Cockpittür festklammern wollte. Je weiter sie von ihm entfernt war, desto besser.
    »Vorsicht.« Jurijs Stimme klang gepresst. »Ich lasse mein Mädchen gleich nach links abkippen.«
    »Ups«, entfuhr es Lubaya. Schabende, polternde Geräusche verrieten Dirk, dass sie sich in aller Eile in Bewegung setzte. Und zwar keinen Augenblick zu früh, denn kaum waren ihre stampfenden Schritte verklungen, führte Jurij das angekündigte Manöver

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