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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Ich habe bloß mal ›Sur le pont d'Avi-gnon‹ und ein paar andere Lieder auswendig gelernt. Aber das reicht, um französische Songtexte zu erkennen, wenn ich welche sehe.«
    »Es könnten auch Gedichte sein«, wandte Janette ein.
    »Von mir aus auch Gedichte«, antwortete Dirk. »Abgesehen davon gibt es ein paar Skizzen und Texte in einer Sprache, die mir nicht einmal ansatzweise bekannt vorkommt. Aber das hier …« – er zog ein Blatt heraus – »könnte ein Volltreffer sein. Es sieht aus wie eine Zeichnung von der Grotte. Und im Hintergrund scheint eine Art Bühne zu sein.«
    Rastalocke reckte den Hals und betrachtete die Zeichnung. »Mein Gott, was für ein Gekritzel! Soll das hier etwa Ihre Bühne sein?« Er fuhr mit dem Finger über die betreffende Stelle.
    »Ja«, erwiderte Dirk. »Eine Bühne, auf der ein Schlagzeug steht … Und hier, sehen Sie diesen länglichen Kasten? Das kann doch nur ein Keyboard sein. Und daneben ein paar Verstärker.« Dirks Hand zitterte leicht. »Das ist bestimmt das Tonstudio, nach dem wir gesucht haben.«
    »Und daneben dümpelt eine Leiche im Wasser?« Janette schüttelte sich. »Prost Mahlzeit. Ihre Frau scheint eine eigentümliche Vorstellung von Gemütlichkeit zu haben.«
    »Wenn es denn wirklich eine Leiche war«, brummte Biermann. »Ich habe ja gesagt, wir hätten sie umdrehen müssen.«
    »Natürlich«, schnaubte Janette. »Ich könnte mir wirklich nichts Schöneres vorstellen.«
    »Das alles ist doch jetzt unwichtig«, sagte Dirk aufgeregt. »Wir haben nicht nur Songtexte von Kinah gefunden, sondern auch dieses geheimnisvolle Tonstudio. Wir müssen sofort zurück und sie suchen!«
    »Wir werden zurückfahren«, sagte Biermann. »Aber nicht sofort.«
    »Und warum nicht, verdammt noch mal?«
    »Weil uns ein gewisser Jemand mit einer Schrotladung empfangen wird, wenn wir jetzt in der Nähe seines Bungalows auftauchen«, erwiderte Biermann.
    »Und in ein paar Stunden nicht?«
    »In ein paar Stunden hoffentlich nicht.« Rastalocke klappte den Lauf der Signalpistole nach unten und legte eine lange Patrone mit einem erschreckend großen Kaliber ein. »Und wenn doch, dann haben wir ja immer noch dieses hübsche kleine Baby hier.«
    »Mach bloß keinen Unsinn, John«, sagte Biermann scharf. »Und was Sie angeht, Gallwynd: Jetzt ist der Typ, der auf uns geschossen hat, noch mit Adrenalin vollgepumpt. Er hat bestimmt alle Fensterläden vorgelegt und den Haustürschlüssel so oft umgedreht, wie es geht. Und nun hockt er mit dem Gewehr im Anschlag da und wartet nur darauf, dass wir wiederkommen, damit er uns eine Ladung Blei verpassen kann«
    »Und das wird er die ganze Nacht lang tun«, sagte Dirk finster. »Schon möglich, dass er das vorhat. Aber wissen Sie, wie ich den Kerl einschätze?«
    Dirk schüttelte trotzig den Kopf.
    »Irgendwann steht er auf, holt sich eine Flasche mit billigem Fusel und fängt an zu trinken. Und wenn er genug getrunken hat, fallen ihm die Augen zu. Und dann ist unsere Zeit gekommen.«
    Ja, das konnte Dirk nachvollziehen. Schließlich hatte es bei ihm nach Akuyis Verschwinden genügend Abende gegeben, an denen er anfangs nervös und wie aufgeputscht im Internet nach einer Spur gesucht hatte, nur um dann immer mehr und mehr zu trinken, bis er schließlich vor dem PC eingenickt und ein paar Stunden später in einer unmöglichen Haltung und mit Rückenschmerzen wieder aufgewacht war.
    »Wir werden es viel leichter haben, wenn wir erst in ein paar Stunden zurückfahren, glauben Sie mir«, fuhr Biermann mit einem Blick auf seine goldene Armbanduhr fort. »Wir brauchen einen gewissen zeitlichen Abstand zu unserem ersten Besuch.«
    »Zu unserer ersten Flucht«, warf Janette ein. »Nur mit dem Unterschied, dass ich diesmal den Fluchtwagen fahren soll.«
    Dirk hörte ihre Stimme wie aus weiter Ferne, denn er hatte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Papierstapel gerichtet. Auf dem Blatt, das er jetzt hervorzog, waren zwei hastig hingekritzelte Brüste zu sehen – oder zwei Hügel. Und darunter stand in Kinahs Handschrift: Weiche nicht der Wahrheit aus. Finde deinen Ursprung.
    ***
    In den Bungalows brannte kein Licht. Die ganze Siedlung lag da wie ausgestorben, und nur das Plätschern der Wellen und das Zirpen von Grillen war zu hören, und manchmal ein Geräusch, als würde ein kleines, nachtaktives Tier vorbeihuschen, das Dirk aber nicht zu Gesicht bekam. Zuerst war er versucht gewesen, eine Zeltstange oder irgendetwas anderes als improvisierten Schlagstock

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