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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kurz nachdem er geträumt hatte, dass sie im Unwetter auf einem ihm gegenüberliegenden Hügel gestanden hatte. Damals hatte er genau den gleichen Geruch in der Nase gehabt wie jetzt.
    Das konnte kein Zufall sein. Das musste etwas zu bedeuten haben. Der Gedanke beschleunigte seinen Herzschlag und trieb ihm den Schweiß auf die Stirn.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte John und blieb neben ihm stehen. Seine Worte hallten von den Wänden wider, und es kam Dirk beinahe so vor, als mische sich etwas anderes, Fremdes in den Klang seiner Stimme, etwas, das durch ihre bloße Anwesenheit geweckt worden war.
    »Was?«, flüsterte Dirk. Er stützte sich an der Wand ab, um noch einen Schritt höher klettern zu können. Der Felsen fühlte sich unerwartet warm an, wie Moos, das Sonnenlicht gespeichert hatte, und auch nicht so hart und schroff, wie rissiges Gestein sein sollte, sondern nachgiebig, fast weich. Was war hier los? Erst der Geruch und nun diese merkwürdige Grottenwand!
    »Ich verstehe es einfach nicht«, wiederholte Rastalocke.
    Dirk nahm hastig die Hand von dem viel zu warmen und viel zu weichen Felsen und balancierte sich aus, so gut es ging. »Was verstehen Sie nicht?«
    »Das alles hier.« John hatte ebenfalls die Stimme gesenkt, als spüre auch er, dass ihre Gegenwart etwas unendlich Altes und Gefährliches herausforderte. Er deutete in die Grotte hinein. »Woanders wäre so etwas eine Touristenattraktion. Und Al Afra ist doch ein Touristennest, oder?« Dirk sah Biermann entgegen, der mit dem Scheinwerfer in der einen Hand und dem Mobiltelefon in der anderen herangeschlurft kam wie ein uralter Mann. Dann fiel sein Blick auf die vor ihnen liegende Pfütze, die nun vom Scheinwerferlicht aus der Dunkelheit gerissen wurde. Ihre Oberfläche kräuselte sich, als streiche ein sanfter Wind darüber, obwohl nicht das geringste Lüftchen wehte. »Und warum karren die dann nicht ganze Busladungen von Touristen hierher?«
    Ja, dachte Dirk, die Frage ist berechtigt. Aber die Antwort lag für ihn auf der Hand.
    Weil es hier unheimlich ist.
    Das war eine Begründung, die keinen Reiseveranstalter abgeschreckt hätte, wenn es um die Vermarktungschancen einer Sehenswürdigkeit gegangen wäre. Aber sie hielt die wenigen Einheimischen, die von dieser Grotte wissen mochten, wahrscheinlich davon ab, sie gegenüber jemandem wie einem TUI- oder BENTOUR-Vertreter zu erwähnen. »Es gibt mystische Orte«, hatte Kinah ihm immer wieder erzählt. »Und auch, wenn du es nicht glauben willst: Alle Menschen, die nicht völlig den Zugang zu sich selbst verloren haben, spüren die geheimnisvolle Macht, die von ihnen ausgeht. Und die meisten dieser Menschen machen einen Bogen um solche Orte.«
    Ja, Kinah, da hast du wohl recht gehabt, dachte er.
    »Und jetzt?«, fragte John und tupfte sich mit einem Papiertaschentuch das Blut von der Wange, an der er sich bei seinem wie durch ein Wunder glimpflich ausgegangenen Sturz mit Dirk eine recht üble Schnittverletzung zugezogen hatte. »Was machen wir jetzt?«
    »Wir suchen einen Ausgang.« Biermann stellte den Schweinwerfer vorsichtig ab und ließ das durch die Tonnen von Gestein über ihnen nutzlos gewordene Handy sinken, mit dem er wider besseres Wissen einige Male versucht hatte, Janette zu erreichen. »Und wenn wir dabei eine Spur von Ihrer Frau finden, Gallwynd, dann umso besser. Aber eigentlich will ich nur noch raus.«
    »Und zu Janette«, sagte Dirk. Seine Stimme hallte laut und böse von den Grottenwänden wider.
    »Ja, natürlich zu Janette«, bestätigte Biermann irritiert.
    »Natürlich«, schnappte Dirk. »Aber wäre es dann nicht einfacher gewesen, Sie wären gleich bei Janette in München geblieben?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Biermann scharf.
    Wie er das meinte? Dirk hätte beinahe laut aufgelacht. Zum ersten Mal seit drei Jahren hatte er die Chance, Kinah tatsächlich wiederzufinden. Das konnte er sich doch nicht kaputt machen lassen, bloß weil Biermann Angst um seine kleine Freundin hatte!
    »Was genau hat Janette denn gesagt?«, fragte Rastalocke, bevor Dirk die Dummheit begehen konnte, Biermann sehr drastisch zu erklären, wofür er ihn bezahlte und wofür nicht.
    »Nur, dass jemand herumgeschlichen ist«, brummte Biermann. »Jemand, der Ventura verdammt ähnlich sah.«
    »War es denn nun Ventura oder nicht?«, bohrte Dirk nach.
    Biermann zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen?«
    »Aber wir sollten es herausfinden.« Rastalocke kramte in seinen Taschen und zog

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