Sturm ueber den Highlands
sie zu Hause trug. Wenn auch diese Mode schon seit Jahren nicht mehr in Edinburgh getragen wurde, so schmeichelte der anliegende Fall des Stoffes ihrer zarten Figur. Das Gewand fiel in weichen Falten von den Schultern bis auf ihre Füße und wurde in der Taille von einem blauen Ledergürtel gehalten. Es schien für eine Dame ihrer Größe und Farbe gemacht worden zu sein. Doch für welche Dame? Überrascht fragte sie sich, ob Lucais wohl eine
Frau hatte, die er in irgendeinem Turm versteckt hielt?
Nein, keine Frau, entschied Elspeth mit einem Blick auf das riesige Bett. Dieser neue Lucais wirkte zu männlich, um von seiner Frau getrennt zu schlafen, wie Raebert es getan hatte ... dem Himmel sei Dank. „Bei wem kann ich mich für dieses Gewand bedanken?“ fragte sie die Magd, die zu ihren Füßen kauerte.
Enas braune Augen verdunkelten sich, als sie ihren üppigen Körper in die Höhe stemmte. „Es gehörte der armen Jean. Sie hatte ungefähr Eure Größe. All diese Dinge lagen in einer Truhe seit ... nun seit ein paar Jahren.“
Arme Jean. Man sprach von ihr in der Vergangenheit, doch eine Truhe mit ihrer Habe war in Kinduin geblieben. Was also war mit Jean geschehen? Noch bevor Elspeth diese Frage aussprechen konnte, öffnete Lucais die Tür und trat ein.
„Du könntest warten, bis man dir gestattet einzutreten“, sagte Elspeth hochmütig.
„In mein eigenes Gemach?“ Er zog die Augenbrauen hoch in einer Art, die Elspeths schlechte Laune nur mehr reizte. „Nun, bist du fertig?“ fragte er eine Spur höflicher.
„Ja.“ Elspeth kämpfte gegen das Verlangen, nach ihm zu treten. „Danke für deine Hilfe, Ena“, sagte sie höflich. Sie hob den Saum ihres Gewandes, unter dem die Spitzen ihrer eilig gereinigten Stiefel hervorlugten, und schritt zur Tür mit jener würdevollen Haltung, die sie sich in den schrecklichen Tagen bei Hofe angeeignet hatte.
„Gestatte, dass ich dir helfe.“ Lucais umschloss ihre eiskalten Finger mit seiner warmen, rauen Hand. Als sie versuchte, sich ihm zu entziehen, verstärkte er seinen Griff, hielt sie fest, ohne ihr wehzutun. „Das Gewand steht dir, doch es ist einen Zoll zu lang. Ich möchte nicht, dass du fällst.“
Obgleich Elspeth Schmeicheleien nie etwas bedeutet hatten, so erfüllte sie diese mit Wärme. Und das verwirrte sie aufs Neue. Er brachte ihre innersten Gefühle durcheinander. „Ich habe einen sicheren Schritt“, sagte sie kurz.
„Nun.“ Er betrachtete sie im fahlen Licht des düsteren Korridors. Das gleichmäßige Streicheln seines Daumens auf ihrem Handgelenk wühlte ihre Sinne völlig auf. Oder war es das warme Leuchten in seinen Augen, das sie seine Nähe so ... vertraut fühlen ließ? Es rief die Erinnerung hervor, als sie in seinem großen Bett lag und die Stärke seines Körpers fühlte, der dicht an ihren gepresst war. „Ich erinnere mich, dass du einmal beinahe von den Klippen gefallen wärst.“
Elspeth blinzelte, nur zu glücklich, dass sie ihre Erinnerung nun von den Geschehnissen des Augenblicks zu denen von vor neun Jahren wenden konnte. „Du warst hinter mir her.“
„Du hattest meinen Dolch gestohlen, wenn ich mich richtig erinnere. Und wenn ich dich nicht festgehalten hätte, als du gestolpert bist, wärst du in die Tiefe gestürzt.“
„Ich habe seitdem gelernt, auf mich selber aufzupassen“, sagte Elspeth und hoffte, dass er nicht den bitteren Ton ihrer Worte vernahm.
Seine Züge wurden starr. „Bist du deshalb gestern von Curthill ausgeritten? Wolltest du auf deine Vorhaben achten?“
Dass er der Wahrheit so nahe kam, ließ ihr den Atem stocken. Ausweichend sagte sie: „Ich wollte das Hochland sehen.“
„Aha.“ Der Blick, der sie nun maß, war schärfer, weniger nachsichtig. „Ein Wort der Vorsicht, Lady Elspeth. Ich würde es hier verschweigen, dass du mit einem Munro verheiratet bist.“
Dieses Mal konnte sie den Schrecken nicht verbergen, der ihr die Kehle zuschnürte. „Hat es dir etwas bedeutet, dass ich Raebert geheiratet habe?“
Er senkte kurz die Lider, und als er sie wieder hob, waren seine Züge verschlossen. Könnte ich doch nur ebenso viel Kontrolle über mich selbst haben, dachte Elspeth mit brennendem Gesicht und eiskalten Händen. „Jetzt ist es ohne Bedeutung. Es reicht, wenn ich sage, dass wir Sutherlands die Munros hassen.“
„Ich verstehe.“ Also war es nur ein Streit zwischen den Clans, nichts Persönliches. Warum schmerzte es dann so sehr? „Raebert ist... “
„Schweig!“ sagte
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