Sturm ueber den Highlands
zitternden Hand durchs Haar. „Ich kann nicht glauben, dass du mich ... und du bist ein verheiratetes Weib. Du bist noch schlimmer als dein Gemahl.“
Er wandte sich um und ging, noch ehe er mehr sagen konnte, er war froh, dass die Dunkelheit seine Schmach und ihren Verrat verdeckte. Seine einzige Befriedigung lag in der Tatsache, dass es ihr nicht gelungen war, ihn zu verführen oder Zugang zu dem Turm zu erlangen.
6. KAPITEL
Reglos lag Elspeth in dem schmalen Bett. Ihre Augen brannten, da sie keinen Schlaf finden konnte. Die Angst hatte ihre Glieder gelähmt, und jeder Muskel schmerzte. Das bleiche Licht, das durch das mit Tierhaut bespannte Fenster fiel, kündete schon den kommenden Morgen an. Ihr Warten sollte bald ein Ende haben. Jeden Augenblick nun würde jemand durch die Tür hereinkommen und ihr befehlen, hinunterzugehen und ihre Reise nach Curthill anzutreten. Sie betete nur, dass dieser Jemand nicht Lucais sei.
Wie konnte sie ihm unter die Augen treten, nach dem,.was letzte Nacht geschehen war?
Ein Quietschen schreckte Elspeth auf. Doch nur Enas breites Gesicht erschien durch den Türspalt. „Ich klopfte, doch Ihr habt nicht geantwortet“, sagte die Magd, als sie mit einem Tablett in den Händen eintrat.
„Ich ... ich habe geschlafen.“ Hastig ordnete Elspeth ihre verworrenen Gedanken und richtete sie auf den Plan, den sie sich in der langen, schlaflosen Nacht zurechtgelegt hatte. Sie fand, dass sie Krankheit nicht einmal vortäuschen musste. Ein Bissen des Lachses, den Ena gebracht hatte, drehte ihr schon den Magen um.
„Ist etwas nicht in Ordnung?“ fragte die Magd und stellte das Brett am Fußende des Bettes ab. „Ihr seht so blass aus.“ Enas Sorge wuchs, als Elspeth zugab, dass sie sich nicht wohl fühlte. „Kein Wunder, nachdem Ihr vor zwei Tagen so durchnässt wurdet.“ Die Magd eilte hinaus und kam mit einer zweiten Decke zurück und der Versicherung, dass gleich jemand käme und noch mehr Kohlen brächte.
„Ich bin sicher, es ist nichts“, murmelte Elspeth mit schlechtem Gewissen, als sie sah, wie besorgt Ena davoneilte, um ihre Truhe mit Heilkräutern zu holen.
„Noch immer im Bett?“ fragte eine nur allzu bekannte Stimme.
Lucais. Elspeth zuckte zusammen und zog die Decke wie ein Schild bis an ihr Kinn hoch. „W...was machst du hier?“
„Kohlen bringen.“ Er betrat den Raum und leerte die Schaufel in das Kohlenbecken neben ihrem Bett. Dann richtete er sich auf und blickte auf sie herab. Stattlich und groß stand er vor ihr. Ein
Bild von einem Mann, dachte sie insgeheim.
Der Blick, den er ihr zuwarf, ließ ihr bewusst werden, dass sie noch immer im Bett lag, wehrlos und ihm schutzlos ausgeliefert. Ein Schauer der Angst durchfuhr sie. Seine Augen funkelten bei der Erinnerung an den Kuss der letzten Nacht. Ihre Wangen überzogen sich mit Röte, doch nicht aus Scham oder Zorn. Warum waren ihre Gefühle immer das Gegenteil von dem, was sie eigentlich empfinden sollte?
Wie zur Antwort flammte es in seinen Augen auf, dann wich der Funke einem kühlen Blick. „Ich habe nach deinen Männern geschickt.“ Kalt. Beherrscht.
Elspeth flehte im Stillen um einen Aufschub. „Ich ... ich fühle mich nicht wohl.“
„Morgendliche Übelkeit?“ spottete er.
Sie zuckte zusammen, getroffen durch die Bitterkeit seiner Worte und die Frage. „Nein. Es ist unhöflich, eine Dame danach zu fragen.“
„Wir wissen beide, dass du keine Dame bist.“ Seine Verachtung erinnerte sie an seine Bemerkung, als er sie letzte Nacht verließ.
Elspeth setzte sich auf. „So spricht ein Mann, der eine Frau für seine eigenen Taten verantwortlich macht“, rief sie aus. Ihre Augen funkelten in tiefem Violett.
Oh, sie ist wundervoll, dachte Lucais, als seine Gedanken zu letzter Nacht zurückschweiften und er sich daran erinnerte, wie sie in seinen Armen gelegen hatte. Er hätte schwören können, dass die Leidenschaft sie ebenso erfasst hatte wie ihn, doch der tiefe Schmerz in seinem Innersten rief ihm ins Gedächtnis zurück, dass sie dafür tiefere Beweggründe hatte. „Das ist weder der Ort noch die Zeit. Zieh dich an. Deine Abreise steht bevor.“
„Du kannst mich nicht herumkommandieren wie einen deiner Untertanen.“
„Du bist meine Gefangene“, erinnerte er sie, doch er war es, der von ihr gefangen war. Wie sehr, das wurde ihm an diesem Morgen bewusst, mit dem bittersüßen Geschmack ihrer Haut auf den Lippen. Er sah an ihrer blassen Haut und den tiefen Ringen unter den Augen, dass
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