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Sturm über Freistatt

Titel: Sturm über Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Enden verknüpft hatte, keuchte er wie jemand nach einem langen Lauf. Er mußte sich kurz ausruhen und stand vornübergebeugt, die Hände an den Schenkeln wie ein erschöpfter Wettläufer.
    Sobald er es vermochte, richtete er sich auf, denn es stand ihm eine weit größere Anstrengung bevor, so einfach dieser Zauber auch sein mochte. Doch zuerst brauchte er die Schriftrolle. Er brach und versiegelte den Kreis nach Vorschrift und machte sich daran, sie zu holen.
    Normalerweise hätte man einem Jungpriester nicht eingeweiht, wo sich ein unterirdischer Geheimraum befand, doch in der Eile, mit der Sivenis Priesterschaft den Tempel verlassen mußte, waren so manche Geheimnisse durchgesickert. Harran war eingeteilt worden, dem alten Irik zu helfen, die weniger wichtigen Schriften zu verstecken, wie alte medizinische, baukünstlerische und magische Lehrbücher. »Vielleicht brauchen wir sie in besseren Zeiten wieder«, hatte Irik zu Harran gesagt. In dem Augenblick hatte er die Arme voll Pergamente, die Nase voll Staub und den Kopf voll Angst gehabt, und die Worte hatten ihm nichts bedeutet. Doch nun segnete Harran ihn für seine weise Voraussicht, während er hinter den Sockel trat, auf die richtigen Marmorfliesen in der richtigen Reihenfolge stieg und sah, wie eine Steinplatte nahe der hinteren Wand sich langsam in die Dunkelheit senkte.
    Die Treppe war schmal und steil und hatte kein Geländer. Unten angekommen, hob Harran die Laterne und kramte herum, und immer wieder reizte der Staub ihn zum Niesen. Pergamente, Schriftrollen und Wachstafeln waren überall gestapelt. Harran machte sich sofort über die Schriftrollen her. Immer wieder öffnete er neue und rollte sie niesend in einer Staubwolke auf, doch er fand nichts als Abschriften von der Tempelbuchhaltung für den dritten oder sonst einen Monat dieses oder jenen Jahres; oder irgendeine langweilige philosophische Abhandlung; oder ein Rezept zur Herstellung eines wirkungsvollen Mittels gegen Wechselfieber (Ochsenfett vermischt mit Senf und zerstoßenen Rotkäferpanzern, dreimal täglich auf die Brust aufzutragen). So ging es weiter, bis seine Augen sich gegen das schlechte Licht auflehnten und tränten, und er nicht mehr aufnahm, was er las, weil er sich Sorgen um die rasch vergehende Zeit machte. Die Nacht neigte sich dem Morgen entgegen, und der Zauber mußte vor dem Morgengrauen, dem Künder eines neuen Anfangs, ausgeführt werden. Und wenn er die Schriftrolle nicht bald fand …
    Er blinzelte und las die Worte erneut. Das war nicht schwierig, sie waren sorgfältig in einer altilsiger hieratischen Schrift gemalt. … des Verlorenen. Es ist ein unfehlbarer Zauber zum Wiederfinden von Verlorenem, Verirrtem und Gestohlenem. Für ihn benötigt man als erstes die Hand eines tapferen, lebenden Mannes, sie muß von dem Ausführenden des Zaubers geopfert werden; ebenso benötigt man eine Alraunwurzel, in einer mond- und sternenlosen Nacht ausgegraben und nach bekannter Vorschrift behandelt, auch sie muß als Opfer dargebracht werden; weiterhin benötigt man eine kleine Menge Salz, Weizenkörner und Wein, und ein Messer für Blut, um Jene-von-Unten zu besänftigen; und letztendlich jene Mittel, mit denen der Kreis für den Zauber zu ziehen ist.
    Zunächst ist die Alraunwurzel auszugraben …
    Harran stolperte in der Dunkelheit und dem Staub auf die Füße und nieste heftig. Er rannte die Stufen hoch, zurück zum Kreis, öffnete den Knoten, um sich einzulassen und versiegelte ihn hinter sich wieder. Er setzte sich auf den leeren Sockel mitten zwischen den Trümmerstücken und begann zu lesen. Es war alles, wie er sich erinnerte, einschließlich einer Abbildung des Diagramms, das er innerhalb des Kreises zeichnen mußte; und der Spruch, den er sagen mußte, war teils in einem sehr alten Ilsig, teils in der jetzt in Freistatt üblichen Alltagssprache. Einfache Worte, aber wehe der Macht in ihnen! Harrans Herz begann zu hämmern.
    Etwas stöhnte, und Harran zuckte zusammen – bis ihm bewußt wurde, daß es nur der Wind war, so stark jetzt, daß er selbst durch die dicken Steinwände des Tempels zu hören war. Gut, dachte er. Er griff wieder nach dem Stück Erdpech und stand auf. Soll es doch stürmen! Sollen sie doch denken, daß sich etwas tun wird. Denn so ist es!
    Er machte sich an die Arbeit. Das Diagramm war komplex, offenbar das Bild eines geometrischen Körpers, doch eines, dessen Anzahl von Seiten sich bei jedem Zählen änderte. Das fertige Diagramm weckte eine

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