Sturm über Hatton Manor
nach Belieben verkleiden kannst!”, fuhr sie ihn an.
Sie steigerte sich bewusst in ihre Wut hinein, damit er nicht merkte, wie traurig und verzweifelt sie war. Ihr Hochzeitsoutfit war etwas, das sie selbst hätte aussuchen sollen, aufgeregt und stolz und erfüllt von Liebe. Nicht etwas, das Nash aus Pflichtgefühl gekauft hatte, weil sie nichts Passendes im Kleiderschrank hatte. Und falls er sie wirklich geliebt hätte, wäre ihnen beiden egal gewesen, was sie trug, wenn sie sich ewige Treue schworen, denn nur ihre Liebe hätte gezählt.
Ihre
Liebe? Sie, Faith, liebte Nash nicht.
“Ich ziehe das nicht an, Nash”, bekräftigte sie.
“Nein? Und was willst du später sagen, wenn unser Sohn oder unsere Tochter unsere Hochzeitsfotos sehen möchte?”
Hochzeitsfotos? Was für Hochzeitsfotos?, hätte sie ihn am liebsten gefragt, aber plötzlich sah sie das Kind vor sich, das er mit seinen Worten praktisch heraufbeschworen hatte. Ihr gemeinsames Kind – Nashs und ihre Tochter oder ihr Sohn.
Ein ebenso süßes wie gefährliches Gefühl überkam sie und lähmte sie.
“Hier kommt Ihr Tee, Mr. Connaught, und Ihre Papiere. Oh …”
Faith spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss, als die Haushälterin das Zimmer betrat. Das süffisante Lächeln, mit dem diese sie bedachte, ließ sie zusammenzucken. Diese Frau war ihr zutiefst unsympathisch. In ihrer Gegenwart fühlte sie sich nicht nur unwohl, sondern verletzlich. Es war allerdings offensichtlich, dass Nash diese Gefühle genauso wenig teilte wie ihre Verlegenheit.
“Danke, Mrs. Jenson”, sagte er zu der Haushälterin. “Sie können uns als Erste gratulieren. Faith und ich werden heute Vormittag heiraten, stimmt’s, Schatz?”, fügte er an Faith gewandt hinzu und nahm ihre Hand. Ehe sie ihn davon abhalten konnte, zog er sie an sich und strich aufreizend langsam mit den Lippen über ihre.
Der neugierige Ausdruck in den Augen der Haushälterin, als diese zur Tür ging, war fast mehr, als Faith ertragen konnte.
“Warum musstest du es ausgerechnet ihr erzählen?”, erkundigte sie sich wütend, nachdem Mrs. Jenson endlich wieder gegangen war.
“Wäre es dir lieber, wenn sie denken würde, dass wir nur miteinander schlafen, und es im ganzen Dorf herumerzählen würde?
Dein
Ruf ist dir vielleicht egal, Faith, aber meiner mir nicht.”
“Ich erkläre Sie hiermit zu Mann und Frau …”
Faith war so angespannt und bewegt zugleich, dass sie von Kopf bis Fuß zitterte.
Das Sonnenlicht, das durch die Bleiglasfenster der alten normannischen Kirche fiel, ließ ihre Ringe funkeln – einen Ring mit einem wunderschönen Solitär, der sie an ihre Ohrstecker erinnerte, und einen dazu passenden schlichten Goldreif. Nun waren Nash und sie verheiratet. Sie war seine Frau.
Seine
Frau
! Wieder erschauerte Faith.
Als sie damals davon geträumt hatte, ihn zu heiraten, hätte sie nie für möglich gehalten, dass sie es unter diesem Umständen tun und sich so dabei fühlen würde. Sie trug die Sachen, die er für sie gekauft hatte. Nicht ihm zuliebe, sondern weil sie sich schließlich überlegt hatte, dass der Pfarrer einer kleinen Dorfkirche Anstoß daran nehmen könnte, wenn sie in T-Shirt und Jeans vor den Traualtar trat. Aus Rücksicht auf seine Gefühle und auf die Kirche hatte sie sich umgezogen.
“Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich das letzte Mal ein Paar mit einer Sondererlaubnis getraut habe”, erklärte der Pfarrer jetzt, und sein Tonfall bewies, dass er glaubte, er hätte gerade zwei Menschen getraut, die bis über beide Ohren verliebt waren.
Bis über beide Ohren verliebt! Früher einmal hatte sie genau so für Nash empfunden. Früher … Gewisse Erinnerungen daran, wie sie im Bett auf ihn reagiert und was sie für ihn empfunden hatte, ließen sich einfach nicht verdrängen.
Das bedeutet aber nicht, dass ich ihn noch liebe, versuchte Faith sich einzureden und bekämpfte ihre innere Panik. Wie hätte sie ihn auch lieben können nach dem, was er getan hatte?
In der Kirche herrschte eine friedliche Atmosphäre, und es schien, als würde die Zeit stillstehen. Während Faith in sich ging, um Kraft aus ihrer Umgebung zu schöpfen, musste sie an den Glauben der Generationen Menschen denken, die hier zu Gott gebetet hatten.
Eine Ehe, die auf Misstrauen und Feindseligkeit basierte, hätte niemals geschlossen werden dürfen.
Faith konnte sich nicht überwinden, Nash anzusehen, als sie gemeinsam die Kirche verließen.
8. KAPITEL
“So, ich gehe jetzt.
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