Sturm ueber Hatton Manor
Charakter lobten, veränderten sich seine Empfindungen und schwankten zwischen Wut und Verachtung, weil Faith diese so geschickt täuschte, sowie einem bitteren Gefühl des Verlusts.
Seine Schwäche ihr gegenüber hatte ihn damals in Rage gebracht und tat es auch jetzt. Warum, zum Teufel, konnte er sich nicht damit abfinden, wer sie war, statt sich zu wünschen …? Was war, wenn sie tatsächlich ein Kind von ihm erwartete? Wie sollte er dieses Kind davor bewahren, dass es erfuhr, was seine Mutter war?
Er wusste es nicht, aber er musste irgendwie eine Möglichkeit finden.
Nash nahm die Unterlagen vom Schreibtisch, tat sie wieder in den Ordner und diesen in seine Aktentasche. Dann ging er mit der Aktentasche zu seinem Wagen, legte sie in den Kofferraum und nahm die anderen Sachen heraus – eine große Hutschachtel, auf der in kleinen Buchstaben das Logo einer bekannten Modistin stand, einen Kleidersack mit dem Aufdruck eines noch exklusiveren Designers sowie einen Karton mit Schuhen, deren Absätze so hoch waren, dass er die Augenbrauen hochgezogen hatte. Allerdings hatte die Beraterin in dem Geschäft ihm dazu geraten, und so hatte er nachgegeben.
Zurück im Haus, schloss er die Tür hinter sich ab und brachte die Sachen nach oben. Als er das Schlafzimmer betrat, sah er, dass Faith bereits schlief und so unschuldig wirkte wie ein junges Mädchen. Nachdem er die Sachen auf den Boden gestellt hatte, ging er wieder nach unten in Philips Arbeitszimmer. Dort schenkte er sich einen Whisky ein, hob das Glas an die Lippen und stellte es, ohne getrunken zu haben, wieder weg. Auf diese Weise würde er seine Probleme nicht lösen.
Faith schreckte aus dem Schlaf. Am Abend hatte sie vergessen, die Gardinen zuzuziehen, und nun schien die Sonne ins Zimmer. Nervös wandte sie den Kopf und stellte erleichtert fest, dass sie allein im Bett lag und Nash offenbar auch nicht darin geschlafen hatte. Und dann sah sie die Pakete auf dem Fußboden.
Was, in aller Welt …? Faith schlug die Decke zurück, stand auf und ging darauf zu. Zuerst öffnete sie den Schuhkarton und betrachtete verblüfft die cremefarbenen Satinpumps mit den hohen Absätzen. Es war ihre Größe, aber sie hätte sich niemals so teure Schuhe gekauft. Mit angehaltenem Atem nahm sie anschließend den Deckel von der Hutschachtel. Sie musste mehrere Lagen Seidenpapier entfernen, bevor sie den Hut herausnehmen konnte.
Ungläubig betrachtete sie ihn. Er war cremefarben wie die Schuhe und aus Stroh und Rohseide gefertigt. Ein Hochzeitshut. Ihr Herz klopfte schneller. Vorsichtig legte sie den Hut in die Schachtel zurück. Ihre Hände zitterten, und sie musste einige Male blinzeln. Nicht weil sie weinte. An diesem Tag würde sie nur Tränen der Wut vergießen – nicht weil Nashs Geste sie rührte. Wie hätte das auch der Fall sein können? Wie hätte sie so dumm sein können, es zuzulassen?
Erst nachdem sie das Kleid ebenfalls einige Minuten betrachtet hatte, konnte sie sich dazu überwinden, den Reißverschluss hinunterzuziehen. Es war ebenfalls cremefarben – eine Farbe, die ihr hervorragend stand –, und auch der Schnitt war wie für sie gemacht. Unten im Kleidersack lagen einige weitere, in Seidenpapier eingewickelte Sachen – Unterwäsche und halterlose Strümpfe. Offenbar hatte man an alles gedacht. Mehr konnte keine Braut sich wünschen.
Einen Moment lang war Faith versucht, alles zusammenzuknüllen und aus dem Fenster zu werfen. Wie konnte Nash es wagen, alles, was zu einem Hochzeitstag gehörte, lächerlich zu machen? Wie konnte er sie zu einer Ehe zwingen, die allem Hohn sprach, wofür Liebe eigentlich stand?
Es war noch früh, noch nicht einmal sieben Uhr. Sie duschte schnell, zog ein Baumwolltop und Jeans an und schlüpfte barfuß in ihre Schuhe. Es würde wieder ein heißer Tag werden.
Der Hut, das Kleid und die Schuhe waren wieder verpackt. Es war nicht leicht, alles auf einmal zu tragen, doch irgendwie schaffte sie es.
Nash schlief wie immer in seinem Zimmer. Faith war so wütend, dass sie sich nicht einmal die Mühe machte anzuklopfen. Sie stieß die Tür auf, marschierte zu seinem Bett und ließ alles darauf fallen. “Du kannst mich vielleicht zwingen, dich zu heiraten, Nash, aber du kannst mich nicht dazu zwingen, diese … diese Sachen zu tragen.”
Er setzte sich auf und betrachtete sie mit finsterer Miene. “Und was willst du dann anziehen?”, fragte er sarkastisch. “Deine Jeans?”
“Ich bin kein Kind und auch keine Puppe, die du
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