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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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wollte fünfhundert Bronzestücke und seine Freiheit. - Sonst nichts!
    "Na, da verschlägt es dir die Sprache, Stoffmacherlein, wie?" Sed eb Rea war bester Laune. "Nur noch eine kleine Anstrengung, und wir sind die Herren der Stadt. - Dann wirst du hier wie ein König regieren!"
    Llauk nickte müde. Gleich würde der Dramile seine Bedingungen nennen.
    "Du wirst müde sein." Sed eb Rea schlug Llauk freundschaftlich auf die Schulter. "Such dir ein Zimmer und ruh' dich ordentlich aus. Wir wollen dem staunenden Volk doch morgen einen ausgeschlafenen Gouverneur vorstellen. - Wir haben hier noch so vieles zu bereden, strategische Belange, du verstehst? Das wird dich nicht interessieren. - Such dir ein Zimmer!"
    Wenn das kein sanfter Rausschmiß war! - Zögernd stand der vollständig verwirrte Llauk auf und ging, ohne auch nur ein einziges Wort gesagt zu haben, zur Tür. Immer noch wartete er darauf, dass die Männer hinter ihm plötzlich in brüllendes Gelächter ausbrachen. - Aber nichts geschah. - Auch als Llauk die Tür leise hinter sich geschlossen hatte, blieb alles ruhig. Nur die kräftige, befehlsgewohnte Stimme Sed eb Reas drang durch das dicke Holz, als er seinen Offizieren weitere Anweisungen gab.
    Llauk ging ein paar Schritte den schwach erleuchteten Gang entlang und bog dann in die nächstbeste Wohnhöhle ein. Ein reiches Mitglied der Sturmflottenschar mußte hier gewohnt haben. In der Luft hing noch der Duft gut gewürzten Essens.
    Llauk suchte sich einen Holzspan und holte von einem der Leuchter auf dem Gang Feuer. Als alle Öllampen in dem recht großen Raum brannten, durchsuchte er die Regale nach etwas Trinkbarem. Seit er hier in Thedra unter dem Regiment von Szin eb Szin hatte leben müssen, nahm er seine Mahlzeiten gern auch in flüssiger Form zu sich.
    Llauk hatte Glück. In einem Regal standen einige irdene Krüge voller Wein. Er suchte sich einen Becher, ein fein gearbeitetes Gefäß aus Zinn und schenkte sich ein.
    Der Wein war gut! Llauk setzte sich nachdenklich auf das große Bett. - Konnte es sein, dass das Schicksal es wirklich einmal gut mit ihm meinte? Dass die ganzen Mühen und Opfer, die er auf sich genommen hatte, sich jetzt doch noch auszahlen würden? - Rasch verwarf er den Gedanken wieder. Zu oft war er betrogen worden.
    Was hatten die Dramilen nur aus dem kleinen Stoffmacher, der er einmal gewesen war, gemacht? Er war ausgezogen, die Welt zu erobern, und sicherlich hatte er dabei Fehler gemacht. - Aber gab das diesen Leuten das Recht, ihn nach Belieben an Leib und Seele zu demütigen? - Ihn zuletzt sogar zum Feind und Verräter seines eigenen Volkes zu machen?
    Mit plötzlicher Klarheit erkannte Llauk, wie sehr er von den Dramilen für ihre Zwecke benutzt worden war. Sed eb Rea hatte ihn ausgesucht, wie ein Schlächter ein Schaf auf der Weide wählt. - Alles, was hätte gelingen können, hatte der Kapitän planmäßig und mutwillig zerstört und damit Llauks ohnehin nicht sehr große Widerstandskraft zermürbt.
    War Llauk, bevor er sich auf der Großen Geliebten einschiffte, vielleicht ein unerfahrener, hochmütiger Stoffmacher aus Idur gewesen, so hatte er doch immerhin noch zwischen gut und böse unterscheiden können. Sicher - er hatte schon immer einen gewissen Hang zu Tücke und Jähzorn in sich gewußt, aber bis dahin hatte er noch niemanden verletzt oder getötet.
    Nach der Hölle von Sordos, der Rückfahrt nach Thedra, und besonders, seit er Szin unterstellt war, fühlte er sich nur noch als willfähriges Werkzeug in den Händen der Dramilen.
    Erschrocken hielt Llauk inne. Ruckartig schlug er die Hände vor den Unterleib, so dass der Zinnbecher in hohem Bogen durch den Raum flog. - Gleich würden die Schmerzen wieder anfangen, so wie sie immer gekommen waren, wenn er solch ketzerische Gedanken hatte.
    Aber nichts geschah! Kein Kribbeln auf der Haut. Keine tastenden Finger. Kein Gefühl kalten Metalls. Keine Schmerzwelle, die seinen Körper duchschoss. - Er war frei!
    Llauk konnte sein Glück kaum fassen. Szins Fluch war erloschen. - Llauk hatte seine Aufgabe erfüllt, und damit hatte der Fluch keine Macht mehr über ihn. Aufgeregt sprang er auf. - Er würde Szin töten! - Nichts geschah. - Er würde Sed eb Rea umbringen! - Nichts. - Die Große Geliebte in Brand setzten! - Nichts. Die Strafe blieb aus.
    Llauk holte den Weinbecher zurück, wischte ihn mit einem sauberen Tuch aus und goß sich mit zitternder Hand neuen Wein ein. Das Gefühl der wiedergewonnenen Freiheit

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