Sturm ueber Thedra
Waldrand noch ein paar kleine Tiere zu sehen gewesen, so lag der Wald jetzt wie ausgestorben da. Nichts regte, nichts bewegte sich, außer den beiden Wanderern und dem Hund; einzig die Flechten, die aus den Baumkronen herabhingen, schwangen ein wenig, wenn der Luftzug sie traf, den die Bewegungen der Gruppe verursachte. Teri hatte es bislang möglichst vermieden, diese, wie verschimmelt wirkenden, Lappen zu berühren, die in langen Fetzen über dem Weg hingen. Zwar hatten sie keine besondere Ausstrahlung; sie fühlten sich nur, genau wie die Bäume, unangenehm an.
Auch Fakun wich diesen flächigen, durchlöcherten Gebilden aus, so gut es eben ging. Er ging wenige Schritte hinter Teri, wie er immer ein wenig hinter Teri gegangen war. - Sicher, sie war eine außergewöhnliche Frau mit einem außergewöhnlichen Auftrag, das durfte man nicht vergessen; aber langsam war es doch ein wenig auffällig, wie sie mit ihm umging. - Zum Beispiel damals, in Rolos Hütte, als er gerade vom Fürsten gedemütigt worden war, hätte sie sich gut und gern ihre Angeberei mit ihrer Messerwerftechnik sparen können. - Aber Fakun liebte Teri und hielt den Mund.
"Vorsicht!" Teri hielt einen besonders tief hängenden Ast zurück und ließ Fakun vorbei. - Es fehlte gerade noch, dass dieser große Tolpatsch hier im Wald stürzte und sich vielleicht ein Bein brach. Teri hatte seinetwegen schließlich schon genug Sorgen gehabt. Fakun schien sowieso darauf aus zu sein, sich und andere immer wieder in Schwierigkeiten zu bringen, und Teri konnte sich keinen weiteren Aufenthalt leisten; sie hatte schließlich einen Auftrag zu erfüllen. Das würde schon schwer genug werden weil ... Aber Teri hatte Fakun ganz gern und sagte nichts!
Fakun ging an Teri vorbei, die den Ast festhielt. - Als wenn er den nicht selbst gesehen hätte! Diese ewige Gängelei und Bevormundung war ja nun wirklich nicht mehr schön! Immer mußte Teri sich in den Vordergrund spielen. Wahrscheinlich hing das damit zusammen, dass sie so klein war! Fakun hatte schon einige kleinwüchsige Leute kennengelernt, die sich mit Worten großtaten; da paßte Teri ganz gut ins Bild. Das kannte er ja nun schon. - Überall mußte sie die Erste und die Beste sein, immer ihre Überlegenheit vorführen! Aber Fakun mochte Teri und hielt den Mund!
Mit verbissenem Gesichtsausdruck stiefelte Teri nun hinter Fakun her. - Natürlich hatte er sofort die Führung übernommen, als er die Möglichkeit dazu sah. Bei seinem Talent als Pechvogel war die nächste Katastrophe schon vorauszusehen. Teri sah ihn schon laut brüllend in eine Schlucht rutschen, oder sich an einem tief hängenden Zweig die Augen ausstechen. Aber nicht das war es, was sie am meisten beschäftigte: - Ihr war da ein entsetzlicher Verdacht gekommen: Sie wurde von den Dramilen gejagt! - Aber die Dramilen hatten natürlich Angst vor ihr! - Sie wußten irgendwie, dass sie durch ihre Scharausbildung eine unschlagbare Kämpferin geworden war. - Da war es doch nur folgerichtig, dass sie Fakun auf sie ansetzten, der sich unter dem Vorwand, ihr helfen zu wollen, an sie heranmachte und sie schwängerte. Fakun sollte sie aufhalten! Er war von den Dramilen gekauft! - Endlich erkannte sie, auf welch perfiden Plan sie hereingefallen war! - "Was haben sie dir bezahlt?" - Hell und schneidend klang Teris Stimme durch den unheimlich toten Wald.
Fakun war mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass Teri eine Gefahr für ihn werden könne. Immer wieder mußte er an ihre Demonstration der Wurftechnik in Rolos Haus denken; und immer wieder fiel ihm das Bild des dramilischen Bogenschützen ein, den er so schrecklich zugerichtet aufgefunden hatte! Die Bilder paßten sehr gut zusammen! Wer so wie Teri mit der Waffe umgehen konnte, wollte seine Kunst auch ab und zu anwenden, das war doch klar! Vor seinem inneren Auge sah er das Bild vor sich, wie Teri über dem Schwerverletzten kniete, ihm mit seinem Dolch die Augen ausstach und die Genitalien zerfleischte. Fakun wurde übel bei dem Gedanken; er würde bei der allernächsten Gelegenheit dafür sorgen, dass Teri wieder vor ihm ging!
"Was haben sie dir bezahlt?"
Fakun wirbelte herum. Ein häßlicher, schneidender, feindseliger Unterton hatte in der Frage mitgeklungen. Teri stand breitbeinig zwischen den Bäumen und starrte Fakun böse an. "Wieviel gaben sie dir, damit du Liebe heuchelst? Wieviel Bronzestücke - oder bin ich vielleicht sogar Gold wert?"
"Bin ich jetzt dran?" Fakun legte die Hand auf den
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