Sturm ueber Thedra
Schlafenden. - Vielleicht würden sie ja wieder friedlich sein, wenn sie erwachten. Sonst würde er sie eben noch einmal verwarnen müssen. - Denn Streit im Rudel konnte Hund keinesfalls dulden!
Fakun erwachte, weil ihn etwas Kaltes, Nasses im Gesicht berührte. Unwillig drehte er sich zur Seite. Ihm war entsetzlich übel, und von der Bewegung wurde ihm schwindlig.
Wieder traf ein feuchter Stupser Fakuns Gesicht. Mit schwacher Bewegung hob er abwehrend die Hand. Etwas Haariges war über ihm. Aufstöhnend griff Fakun in Hunds Fell, schob das Tier ein wenig von sich und schlug die Augen auf. "Lass mich noch ein bisschen!", forderte er und kniff sofort die Augenlider wieder zusammen - das Licht tat ihm weh. Vorsichtig drehte Fakun den Kopf und versuchte, aus zusammengekniffenen Augenlidern etwas von der Umgebung zu erkennen. Langsam gewöhnte er sich an das Licht. Ein paar Mannslängen entfernt saß Teri auf der Wiese und schaute sich verwundert um. - Es schien ihr gut zu gehen. Fakun war erleichtert. - Irgend etwas war falsch gewesen zwischen ihnen, aber Fakun erinnerte sich nicht genau, was es gewesen war ...
Teri hatte ihren Mann ebenfalls entdeckt, rief leise seinen Namen und krabbelte über die Wiese auf ihn zu. Auch ihr war es, als wolle sich ihr Magen umdrehen, und das Schwindelgefühl, das in Wellen kam und ging, ließ sie immer wieder die Augen schließen. Aber sie schaffte den Weg. Kurz bevor sie Fakun erreichte, hielt sie an, weil sie sich fast doch noch übergeben mußte, aber tapfer behielt sie alles bei sich und krabbelte weiter.
Hund sah sich das Geschehen aus ein paar Schritten Entfernung an und hielt den Kopf schräg. Er machte sich Sorgen um das Rudel. Die Menschen benahmen sich schon wieder sehr sonderbar! - Er wartete lieber ab, wie sich die Dinge weiter entwickelten.
Teri hatte Fakun inzwischen erreicht und legte sich dicht neben ihn - das heißt, sie brach eher über ihm zusammen, wobei sie mit dem Kopf an seine Schulter schlug. Fakun stöhnte auf. Die Bewegung tat seinem Kopf weh. Vorsichtig hob er eine Hand und streichelte Teri über das Haar.
- Ausgerechnet der Kopf! Teri hörte das Knistern der Haare unter Fakuns Hand übergenau, und die sanfte Bewegung löste neue Wellen der Übelkeit in ihr aus, aber dennoch hielt sie still. Es war so gut, ein wenig von Fakun getröstet zu werden! - Was war bloß geschehen?
Langsam kam eine vage Erinnerung an die Geschehnisse im Wald in Teris Gedanken zurück. - Sie hatten sich gezankt ! Wie hatte das nur geschehen können? - Und Hund! - Hund war auch böse geworden! Er hatte sie gebissen! Vorsichtig tastete Teri nach ihrem zerfleischten Bein und hielt erstaunt inne. Wo sie Fetzen von Stoff und Fleisch erwartet hatte, war nur die schmutzverkrustete Oberfläche ihrer Hose zu spüren.
Mühsam richtete sie sich ein wenig auf. - Die Hose war fleckig und klebrig, aber nicht zerrissen. Sie zog das Hosenbein ein wenig hoch, und sah genau hin: Eine Reihe kleiner Blutergüsse, so wie Hundezähne, zog sich über ihre Wade. - Hund hatte sie nicht wirklich gebissen, sondern wohl eher mit seinen starken Kiefern gekniffen , um sie zur Besinnung zu bringen.
Das war ein seltsamer Gedanke! - Wieso zur Besinnung bringen? Dann fiel es Teri plötzlich wieder ein: Sie hatte Fakun verletzt und beleidigt; hatte ihn gereizt bis aufs Blut, und sie hatte sogar nach ihm getreten! Eine heiße Welle der Scham stieg in ihr hoch. Unsicher sah sie zu ihrem Freund hinab, der immer noch auf dem Rücken lag und sich verwundert seine Hand ansah.
"Ich dachte, dass die Knochen zermalmt wären!" Fakun hatte ganz ähnliche Gedanken wie Teri gehabt und stellte nun fest, dass Hund ihm nur einige oberflächliche Hautabschürfungen und Quetschungen beigebracht hatte, die eigentlich nicht der Rede wert waren. Nur Fakuns unsägliche Wut hatte diese Kratzer zu einer schweren Verletzung aufgebauscht. Es war eine Warnung gewesen, Teri nicht noch einmal zu schlagen, mehr nicht.
Tatsächlich! Fakun hatte Teri geschlagen! Diese Erinnerung traf ihn wie Keulenschlag! - Er hatte sie provoziert, bis sie nahe herangekommen war und hatte dann unvermittelt zugeschlagen. - Wie sollte er ihr jemals wieder in die Augen sehen?
Teri drehte sich jetzt zu ihm um. Ihr Gesicht war nur ein undeutlicher Fleck vor dem hellen Himmel, aber das schlechte Gewissen war ihr trotzdem anzusehen. "Ich hab mich schlimm benommen", sagte sie leise und senkte den Blick.
"Ich auch!" Fakun versuchte, sich ein wenig aufzurichten.
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