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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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einer Frau zu kuschen, die mit ihren Gebeten in der Großen Dunkelheit herumstocherte, von dieser Welt nichts mehr erwartete und ganz offensichtlich auch nichts mehr zu geben hatte.
    Teri sah, wie Fakun sich anspannte. Ihm war unbehaglich zumute, das war genau zu spüren. Sicher empfand er Teris Worte als Gemeinheit Arnu gegenüber, und auch Teri schämte sich jetzt schon für ihren Gefühlsausbruch. "Entschuldige", Sie sah Arnu scheu an, "...aber das kommt nur von den Lügen dieser Priester."
    "Noio ist eine gute Frau." Arnu sprach ganz leise und hielt den Blick gesenkt. "Ich hatte gehofft, sie in ein Gespräch mit euch hineinziehen zu können, damit sie wieder ein wenig Appetit auf die Welt bekommt. - Bitte bleibt!"
    Plötzlich tat Arnu Teri unsagbar Leid. Aber es war nicht das Mitleid, das den Schwachen gilt; es war ein Gefühl, als sähe man ein starkes, gesundes Tier, das versuchte, aus einem unsichtbaren Käfig auszubrechen. Dieser Mann litt an der Liebe zu seiner Frau, die sich innerlich schon lange von ihm losgesagt hatte.
    "Ich werde uns ein Essen bereiten." Arnu stand auf.
    "Warte noch!" Teri hatte eine Idee. - Vielleicht würde sie dem Mann helfen können. - Aber dazu mußte sie mit der Frau allein im Haus sein.
    "Ist es möglich, dass ihr mit den Kindern in das Sommerzimmer geht?", fragte sie Arnu und Fakun.
    Die beiden Männer sahen sich kurz an. Keiner von ihnen wußte so richtig, was er davon halten sollte; denn wenn Teri auch sonst keine Geheimnisse vor Fakun hatte, so war über die Wirkung der Kraan-Lieder doch nie gesprochen worden. Schließlich war Teri diese Macht selbst noch ganz neu, und weil sie Fakun damit fast umgebracht hatte, war sie ihr auch sofort verleidet worden.
    "Willst du mit ihr reden?" Arnu schien bereit, sich auf alles einzulassen; er konnte nur hoffen, dass seine Frau irgendwie zur Besinnung kam, egal wie.
    Teri machte eine unbestimmte Geste, die weder Ja noch Nein bedeutete, die Männer aber veranlasste aufzustehen. Arnu nahm die Kinder an die Hand, die sich die ganze Zeit mit Hund beschäftigt hatten, und die Kleinen gingen gutwillig mit. Fakun warf Teri noch einen seltsamen Blick zu, als er nach draußen ging. - Sie würde ihm nachher einiges erklären, nahm sie sich vor. Dann schloß sich die Tür hinter Fakun, und Teri war allein in dem Wohnraum.
    Teri stand auf und ging leise zu der Tür des Betzimmers. Leise gemurmelte Worte drangen durch das dünne Holz. Jetzt hieß es, die Stimme so zu dosieren, dass die Frau sie hörte, andererseits aber kein Ton durch die Tür zum Sommerzimmer drang. Leise suchte Teri die Melodie, und als sie so weit war, wurde sie unmerklich ein wenig lauter, bis die murmelnde Stimme nebenan ins Stocken geriet und verstummte.
    Teri behielt die Lautstärke bei und benutzte die Worte der Kraan, die den Geist der Frau anstoßen würden, wie ein Pfeil ein Blatt streift, aber nicht durchbohrt.
    Teri sang für Noio das Lied des Lebens.
    Sie sang von der Sonne, der Urkraft allen Seins, die allem was lebt Wärme gibt und sogar die toten Dinge durchdringt, auf dass sie Leben zu geben vermögen. - Sie sang von Wasser, Wind und Erde, die nehmen und geben wie seit ewigen Zeiten. - Sie sang von Bergen, die aus feuriger Glut entstehen und von solchen, die Wind und Wetter abgetragen haben. - Von Liebe, die die Menschen nicht allein läßt in der Not und von Geborgenheit in schweren Zeiten. Von Geburt und Tod, Vergänglichkeit und Erneuerung, von Trost und Zuspruch und dem ewigen Kreislauf des Lebens.
    Dann kam Teri noch ein Gedanke: - Teri machte Text! Blitzschnell suchte sie die passenden Worte in der Kraan-Sprache und wob sie in die Melodie. Es funktionierte hervorragend! Teri sang von der Falschheit der Priester, wie sie Lebenskraft stehlen und nichts zu geben haben, außer trügerischer Hoffnung; sie sang von Gemeinschaft die nur kontrolliert und von verlorener Zeit in sinnlosem Gebet. - Dann war sie fertig, und sie war sehr zufrieden mit sich.
    Teri ging zur Vordertür und öffnete sie. Fakun und Arnu standen mit den Kindern auf der Außentreppe und sprachen mit einigen Leuten, die, in Schaffelle gekleidet, auf der Straße standen. - Es sah so aus, als seien die Besucher ungehalten. Teri erkannte den Priester vom Ortseingang wieder.
    "Wie kannst du es wagen, gegen unseren Willen Ungläubige in dein Haus aufzunehmen?" Der Priester hatte den Kopf in den Nacken gelegt und funkelte Arnu böse an.
    "Wieso euer Wille?" Auch Arnus Stimme verriet verhaltene Wut. "Ich

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