Sturm ueber Thedra
sagst du aber draußen besser nicht so laut", riet Arnu Teri mit bedeutsamem Blick.
"Sind es so viele hier?" Allen war klar, was Fakun meinte.
"Gut ein Drittel!" Arnu verzog angewidert das Gesicht. "Sie reden und reden, dass man ganz krank davon wird! Und ..."
Da war noch mehr an der Sache! - Teri war sich da ganz sicher. Arnu machte einen wirklich unglücklichen Eindruck.
Die Tür zu einem der äußeren Räume öffnete sich langsam, und eine schlanke Frau trat heraus.
"Noio!", rief Arnu erfreut. "Komm setz dich zu uns, wir haben Gäste!"
Noio schloß die Tür hinter sich, blieb dann aber mit anklagendem Blick auf die Gruppe stehen. "Ihr wart so laut", klagte sie mit wehleidiger Stimme. "Ich habe eure Stimmen im Betraum gehört."
Teri hörte, wie Arnu gepreßt ausatmete. Dann versuchte er wieder, Noio an das Feuer zu locken. "Komm doch", forderte er sie mit gespielter Fröhlichkeit auf. Die beiden hier", er nickte kurz in Richtung der Gäste, "sind von weither gekommen. Sicher gibt es viele Neuigkeiten!"
"Ihr habt meine Andacht gestört!", beklagte sich die Frau.
Teri und Fakun fühlten sich plötzlich unwohl. Sicher, es war absolut unmöglich, wie die Frau sich benahm; sie war im Unrecht; aber die gute Stimmung war trotzdem dahin, denn wer läßt sich schon gern sagen, dass er stört?
"Wie seid ihr durch den Streitwald gekommen?" Arnu versuchte, die Situation zu retten, indem er ein interessantes Thema anschnitt. "Hat der Wald seine Macht verloren?"
"Nein!" Teri beschloß, die Frau, die immer noch wie eine stumme Anklage an der Tür ihres Betraums stand, nicht weiter zu beachten. "Ich fürchte, wir haben uns ziemlich gehenlassen." Teri wußte nicht weiter, das Thema war ihr peinlich.
"Es hätte böse ausgehen können", half Fakun ihr, "...aber unser Hund hat uns gerettet."
"Wie das?" Arnu beugte sich interessiert vor.
"Er hat unseren Zorn auf sich gezogen und ist vorausgelaufen, bis wir aus dem Wald heraus waren", erklärte Fakun.
"Ist er auch böse geworden, unter den Bäumen?" Arnu wollte mehr hören.
"Vielleicht", begann Fakun wieder zögernd, "...ja, vielleicht! - Er hat uns gebissen - ohne Warnung, aber ..."
"...er hatte von uns dreien noch den meisten Verstand", brachte Teri den Satz zu Ende, wozu Fakun bestätigend nickte.
"Harmuged hat euch errettet!", behauptete die Frau, die ihren Platz noch nicht verlassen hatte. Harmuged hat den Hund geleitet und geführt, damit er das Richtige tun konnte. - Ich werde ein Dankgebet sprechen!" Damit drehte sie sich wieder um und verschwand in ihren Betraum.
Teri und Fakun waren bemüht, sich ihre Fassungslosigkeit nicht anmerken zu lassen.
Arnu nahm das Taktempfinden seiner Gäste dankbar zur Kenntnis. Nach den allgemeinen Regeln der Gastfreundschaft hätten sie sofort aufstehen und gehen können. "Das war meine Frau", erklärte er überflüssigerweise. "Sie hat sich Harmuged zugewandt, seit ihr Bruder in Isco umgekommen ist. Harmuged ist für sie alles! Er behütet Haus und Hof, läßt die Gräser wachsen und die Sonne scheinen, er macht krank und gesund, er erzielt gute Preise für Wolle und kippt die Schafe in die Schlucht - ganz wie es ihm beliebt!"
"Er ist allein und hat viel zu tun", bemerkte Fakun. "Da kann nicht alles gelingen."
Arnu lachte bitter auf. "Sei mir nicht böse, aber wenn deine Frau", er nickte in Teris Richtung", plötzlich diesem Wahn verfiele, dann würde dir der Humor wohl auch schnell vergehen."
"Sie will ihren Bruder wiedersehen, der schon auf der Insel der ewigen Wärme ist", vermutete Teri. "Darum muß sie soviel beten."
"Du weißt viel von den Harmuged", stellte Arnu fest.
"Nur, dass sie lügen", behauptete Teri. "Viel mehr weiß ich vom Tod! - Es gibt keine Insel! Deine Frau läuft den Lügen der Priester hinterher, und sie wird nicht bekommen, was sie sucht. Der Geist ihres Bruders ist erloschen, und was er bewirken konnte, hat er auf dieser Welt bewirkt. Die große Dunkelheit möge ihn davor beschützen, eine dümmlich lachende Seele an der Seite eines grausamen Gottes geworden zu sein!" Teri hatte sich in Rage geredet. Langsam hatte sie genug von den Harmuged! Wer immer sich mit diesen Leuten einließ, der schien seinen Verstand zu verlieren. "Verkauf uns jetzt den Proviant", forderte sie dann ungewollt barsch von ihrem Gastgeber, "dann brauchen wir deine Frau nicht länger zu stören!"
Das war nun auch ein Verstoß gegen die Regeln der Gastfreundschaft, Teri wußte das; aber sie war nicht bereit, vor den Launen
Weitere Kostenlose Bücher