Sturm ueber Thedra
der Lauer und würde nachher versuchen, die verdammte Bande in Mißkredit zu bringen. Bestraft sollten sie werden. Alle! Bestraft!
Llauk bemerkte bei diesen Gedanken, wie ein wohliges Kribbeln seinen Unterleib durchzog. Unwillig blickte er nach unten. - Dafür war jetzt keine Zeit. Zwar würde er dem Vater nachher sowieso alle möglichen Lügengeschichten über die Arbeiter erzählen, aber viel besser wäre es doch, wenn er sie bei einer wirklichen Verfehlung ertappen könnte.
Vergnügt dachte Llauk daran, wie er einmal, als Neunjähriger, die kleine Ngawe, eine Frau aus dem dunkelhäutigen Volk der Kraan, dabei erwischt hatte, wie sie am Webstuhl ein Stück gestohlenen Fleisches gegessen hatte. Llauk war vor Aufregung von seinem Sitz gerutscht und hatte sein Gesicht an die Bretterwand gepreßt bis es schmerzte, als sie das kleine Stück Speck aus ihrem Umhang zog. Das würde Strafe nach sich ziehen, hatte Llauk geglaubt, schwere Strafe!
Die Realität war eher ernüchternd gewesen. Llauks Vater hatte seinem Sohn unwillig zugehört und war dann allein zu Ngawe an den Webstuhl gegangen. Noch nicht einmal laut geschimpft hatte er, als Ngawe ihm gestand, sie habe immer solchen Hunger, da sie schwanger sei. Da Llauks Vater sich beständig weigerte, seine Sklaven anzuketten, wie es allgemein üblich war, war es Ngawe möglich gewesen, sich mit einem der anderen Sklaven einzulassen.
Llauks Miene wurde bitter, als er an die Reaktion seines Vaters dachte. Statt die Ungehorsame zu bestrafen, hatte er ihre Ration erhöht und sie zudem noch von allen schweren Arbeiten freigestellt. Dem Vater des Kindes, dem Dramilen Tos eb Far, hatte er sogar mit trauriger Miene gratuliert, bedauernd, dass dessen Kind schon als Sklave geboren werde.
Der mittlerweile elfjährige Llauk hielt überhaupt nichts von dem Umgangston seines Vaters den Sklaven gegenüber. Mittlerweile war es schon so weit gekommen, dass Ngawes einjähriges Mischlingskind den ganzen Tag lang zwischen den Webstühlen umherkrabbelte und die Leute von der Arbeit abhielt. - So konnte es doch keinesfalls weitergehen.
Heute schienen sich die Sklaven gegen Llauk verschworen zu haben. Sie wollten sich einfach nichts zuschulden kommen lassen. Manchmal hatte Llauk den leisen Verdacht, dass sie seinen geheimen Beobachtungsposten kannten, aber diese Gedanken verwarf er schnell wieder. Dazu war sein Astloch zu gut getarnt. Undenkbar, dass ein dummer Sklave ihm, Llauk, auf die Schliche kommen könne.
Trotzdem rührte sich verdächtig wenig in der Weberei. Schweigend gingen die Arbeiter ihren monotonen Verrichtungen nach, und selbst das Kind spielte schweigend in einer Ecke.
Ermüdet und verdrossen rutschte Llauk von seinem Sitz herunter und legte sich leise auf ein paar Stoffballen. Mit offenen Augen träumte er vor sich hin; träumte von einer goldenen Zukunft, von seiner Zukunft als Stoffmacher - als König der Stoffmacher ...
Schon während Llauk in das Reich der Träume hinüberglitt, spürte Ngawe das Nachlassen seiner Anspannung. Seit sie das Kind empfangen hatte, war sie in der Lage, bis zu einem gewissen Maß in die Gedanken anderer Menschen hineinzuhorchen. Llauk war im Moment keine Gefahr mehr.
Sofort stand Ngawe auf und ging zu ihrem Kind. Es war gut, den Kleinen zu stillen, wenn er noch nicht weinte. Ngawe liebte es nicht ihr Kind weinen zu sehen. Auch Tos eb Far war von seinem Webstuhl aufgestanden und neben seine Frau getreten.
Die anderen Sklaven hatten ebenfalls die Arbeit eingestellt und reckten und streckten die steifen Glieder wohlig von sich. Zwar war niemals darüber gesprochen worden, aber es war allen klar, dass keine Gefahr drohte, wenn Ngawe sich so unbefangen gab.
Nachdem der Kleine getrunken hatte, setzte Ngawe ihren Sohn wieder in den Korb mit den Stoffresten, den der Herr ihr geschenkt hatte. Das Kind gab einige zufriedene Laute von sich, krabbelte wieder aus dem Körbchen und begann still mit einigen alten Weberschiffchen zu spielen, die in der Ecke herumlagen.
Das gefiel Ngawe. Es war gut, wenn ihr Kind nicht schlief, wenn Llauk schlief. So konnte Ngawe versuchen, Llauk Träume zu machen.
Ngawe hielt Llauk zwar für viel zu unsensibel, aber schaden konnte es ja nichts, wenn sie in der Werkstatt leise das Lied des Hochmuts sang - und danach das Lied der Schwäche. Sie bedauerte es sehr, dass sie schon so früh von den Scharleuten am Hafen ihrer Heimatstadt eingefangen worden war. Sie kannte noch nicht alle Texte der Kraan-Lieder. Gern hätte
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