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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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retten konnte. Zwar verfügte er über eine große Bibliothek des Wissens, unter anderem auch über ein anatomisches Fachbuch, in dem beschrieben war, wie eine Tote mit Hilfe des Chirurgen einst ein lebendes Kind geboren hatte. Er hatte sogar selbst schon zwei Kinder auf diese Art an das Licht der Welt geholt; und eines der Kinder hatte überlebt. Es war zu einem kräftigen, gesunden Menschen herangewachsen. Die Mütter waren allerdings beide nicht zu retten gewesen.

    Ael atmete flach.
    Geron stand der Schweiß auf der Stirn, als seine Hände durch den klaffenden Schnitt suchend in den Bauchraum der Frau eindrangen. Hatte er voreilig gehandelt? Wäre eine normale Geburt doch noch möglich gewesen? Vorsichtig ertastete er den Kopf des Kindes, das in unmöglicher Stellung schräg im Leib der Mutter lag.
    Erin stöhnte laut auf, als Geron seine blutbedeckte Rechte wieder hervorzog und das kleinste seiner Skalpelle auswählte. Tana schloß entsetzt ihre Augen.
    Vorsichtig führte Geron das kleine Messer in den Bauchraum der Frau hinein. Sorgfältig hatte er es bei seinem ersten Schnitt vermieden, zu viel Gewebe zu zerstören, da wollte er nicht jetzt noch durch Hast alles verderben.
    Vorsichtig, mehr tastend als sehend, öffnete er mit kleinen Schnitten die schützende Hülle, die das Kind umgab, griff beherzt noch tiefer und spürte den ungeschützten Körper des kleinen Wesens unter seinen Fingern. Suchend tastete er weiter, bis er ein kleines Füßchen fand, direkt daneben das zweite. Geron faßte zu und zog - So kam es, das Teri, Tochter der Former Ael und Erin, das Licht der Welt mit den Füßen voran erreichte.
    Nachdem er das Kind versorgt und in Tanas Obhut gegeben hatte, folgten Gerons Hände der Nabelschnur und räumten die Plazenta vollständig aus der Gebärmutter der Frau. Zum Glück hatte die betäubende Wirkung des Blutbaumsafts jetzt voll eingesetzt; Ael versuchte nicht sich zu bewegen. Hätte sie es versucht, hätte Geron das auch kaum verhindern können. Tana hatte sich mit dem Kind in die Nähe der Feuerstelle zurückgezogen und Erin stützte sich mit glasigem Blick eher auf seine Frau, als dass er sie hielt.
    Geron mußte sich beeilen. Fast seinen ganzen Vorrat an Bitterlauchessenz verbrauchte er, um die Wunden zu reinigen und die Blutung ein wenig zu stillen. Schließlich griff er wieder zu seinem Kasten. Mit langen Seidenfäden nähte er schnell und sorgfältig den Schnitt in der Gebärmutter wieder zu. Dann wiederholte er bei dem Schnitt in der Bauchdecke die gleiche Prozedur. Wenn Ael überlebte, würde sie für den Rest ihres Lebens eine dicke, wulstige Narbe tragen, aber die Seide würde sich, mit etwas Glück, nach einigen Wochen aufgelöst haben, ohne Entzündungen zu verursachen.
    Geron hatte üble Erfahrungen mit Wundnähmaterialien aller Art gemacht. Immer wieder waren scheinbar problemlose Verletzungen plötzlich wieder aufgebrochen, weil die Wunden sich entzündet hatten. Seide als Nähmaterial war immer noch das Sicherste.
    "Deine Frau darf sich fünf Tage lang nicht bewegen. Du mußt sie in allen Dingen versorgen!", wies Geron Erin an. "Steht sie vor der Zeit auf, werden die Nähte reißen und sie wird verbluten."
    "Ist sie tot?" Erin hatte Geron überhaupt nicht zugehört. Mit starrem Blick schaute er auf seine reglose Frau, die bleich und klein auf ihrem Lager lag und nicht mehr zu atmen schien.
    "Deine Frau ist sehr krank", erklärte Geron geduldig. "Ich werde mehrmals täglich einen meiner Schüler schicken, damit er sie weiter in der Betäubung hält. - Aber du mußt dich um alles andere kümmern. Du mußt sie jetzt pflegen und versorgen."
    "Ael!" Erin war am Bett seiner Frau zusammengesunken und hielt nun ihre Hand. Fast sah es so aus, als suche er Schutz bei ihr .
    Seufzend wandte Geron sich ab und ging zu Tana, die an der Feuerstelle das Kind säuberte. "Atmet es?", wollte er wissen.
    "Ja." Tana nickte bestätigend. "Aber es ist jetzt sehr ruhig."
    "Gut." Zufrieden hockte sich Geron neben sie, um seine Hände von dem Blut zu säubern. "Gut. Es ist ein tapferes Mädchen. - Wir haben es nicht erschreckt." Wozu hätte er Tana auch erklären sollen, dass die betäubende Wirkung des Blutbaumsafts auch vor dem Kind nicht haltgemacht hatte?
    Wenig später richtete Geron sich wieder auf, um in das Verbotene Haus zurückzukehren. Unbehaglich dachte er an die eintausendfünfhundert Stufen, die auf ihn warteten. Als erstem Magischen Mediziner und Waffenmacher der Stadt hätte es ihm

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