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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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sperrige Schilfmatte zum Unterlegen mitzunehmen - und auch nicht einlenkte, als Fakun ernsthaft böse wurde - spornte Enas Erfindungsgabe gleich noch zu einem weiteren Höhenflug an. - Wortlos schnappte sie sich die gefüllte Doppelwolldecke und nähte sie in Windeseile zu einer Art Sack zusammen, in den Teri hineinschlüpfen konnte. Fakun wollte sich fast totlachen, als er das `komische Ding', wie er es nannte, sah - aber als Teri hineinkrabbelte, um es auszuprobieren, wollte er gleich hinterher, obwohl es für ihn nun wirklich zu schmal und zu kurz war. - Gleichviel, mit diesem `Schlafsack', wie Ena ihn getauft hatte, war nun allen Ansprüchen Genüge getan und es herrschte wieder Frieden im Haus.
    Fe war in den letzten beiden Monaten schon zu einem Gutteil mit Schafmilch ernährt worden, die ihr erstaunlich gut bekam, nachdem Teri gelernt hatte, die sehr fetthaltige Nahrung etwa zur Hälfte mit Wasser zu verdünnen. Ena war es, die vorgeschlagen hatte, rechtzeitig mit der Entwöhnung zu beginnen, da eine zu plötzliche Einstellung des Stillens sowohl dem Kind wie auch der Mutter hätte schaden können.
    So war alles aufs Beste bestellt, und als die Sonne den Schnee so weit zusammengeschmolzen hatte, dass schon bräunliche Inseln vorjährigen Grases in der Landschaft auftauchten, zogen alle drei mit Fe in die Stadt, um Teri zu verabschieden. Es war noch vor Sonnenaufgang, und Fe lag, warm eingepackt, oben auf Enas kleinem Karren, der mit Arzneien aus ihren Vorräten beladen war, denn es war Markttag in Tregh.

    Händler saßen mißgelaunt an den Häuserwänden des kleinen Marktplatzes. Sie versuchten, der Kundschaft ihre Ware in möglichst attraktiver Präsentation darzubieten, hatten aber andererseits auch sehr darauf zu achten, dass nichts von der wertvollen Handelsware vom Stand fiel und im Matsch des Platzes versank. Unablässig tropfte das Schmelzwasser von den Dächern, und so mancher Schneebrocken fiel den tapferen Handelsleuten mit Schwung in den Nacken. Entsprechend gedämpft war die Stimmung auf dem Platz, und nur die kleinen Holzkohleöfen, die sich die wohlhabenderen Händler hinter ihre Stände gestellt hatten, spendeten ein wenig Wärme und Trost.
    Den Kaufinteressenten, vor allen Dingen Hausfrauen aus der Stadt, erging es kaum besser. Knöcheltief versanken sie in dem ungepflasterten Boden des Marktplatzes, und die kalten, nassen Füße schlugen doch sehr auf die Kauflust. Kaum jemand hatte Zeit und Lust, sich bei den Ständen umzusehen, die Stoffe, Kämme, Bronzemesser und andere Dinge des täglichen Bedarfs feilboten. Die gesamte Kundschaft drängte sich vornehmlich um die Anbieter von Lebensmitteln und war froh, nach dem Einkauf schnell wieder in die warme Stube flüchten zu können. Selbst die Rufe der Händler, mit denen sie sonst die Käufer herbeizulocken versuchten, klangen heute nur gedämpft über den Platz, und mancher brave Kaufmann verfluchte heute, je nach Temperament laut oder leise, seine unglückliche Berufswahl.
    Ena hatte nach einem kurzem aber heftigen Wortwechsel mit ihren Nachbarn, die sich mit ihren Ständen ganz ungehörig breitgemacht hatten, ihren Karren in die unter Murren vergrößerte Lücke geschoben und ihre Ware auf ein mitgebrachtes Brett gepackt.
    Teri und Fakun hatten Ena beim Aufbau geholfen so gut sie konnten und gingen jetzt über den Markt, um Teris Vorräte an Getreide und Trockenfleisch ein wenig aufzufüllen. Zwar würde die Wanderung, in welche Richtung sie auch immer führte, zunächst durch besiedelte Gegenden führen; aber Teri und Fakun hatten auf ihrem Weg die Erfahrung gemacht, dass die Bewohner der Dörfer nicht überall die gleiche Gastfreundschaft zeigten. Es war also durchaus angebracht, eigene Vorräte dabei zu haben, um von dem guten Willen anderer unabhängig zu sein.
    Schweren Herzens machten sich die beiden dann auf die Suche nach dem Mann vom Berg. Der Augenblick des Abschieds rückte nun in greifbare Nähe. Sowohl Fakun als auch Ena hatten Teri von Aganez' Besuch in der Hütte berichtet und ihr nicht die geringste Hoffnung machen können, dass der alte Mann sie von ihrer Pflicht entbinden würde. Sie hatten ihn, im Gegenteil, als sehr selbstbewußt - ja geradezu herrisch - geschildert, so dass Teri mit einem äußerst flauen Gefühl in der Magengegend im Gasthaus nach dem Mann vom Berg fragte.
    Fakun blieb mit Fe unten in der Gaststube, während Teri nach oben unter das Dach stieg, um sich bei ihrem zukünftigen Begleiter zu melden.

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