Sturm ueber Thedra
worden und erloschen – wie viele Religionen hatten schon von Ewigkeit gesprochen, im Angesicht dieser unendlichen Weite, die so voll war von hell leuchtenden Boten der wirklichen Ewigkeit?
Einen Moment lang fühlte Teri sich als Stern zwischen Sternen, bis sie plötzlich wie aus einem Traum erwachte und sich auf einem kahlen Felshang wiederfand.
Es war bitterkalt. Schaudernd legte Teri sich wieder hin und versuchte, sich in die Decke einzurollen, aber es hatte keinen Sinn. Der Schlafsack fehlte wirklich zu sehr.
Teri stand auf und legte die Felldecke zusammen. Es hatte keinen Sinn, hier in der Kälte herumzuliegen und langsam zu erfrieren. Wenn der Mond schon so schön hell schien, konnte sie sein Licht auch gleich ausnutzen, um weiterzuwandern.
Nachdem Teri die Decke am Tragegurt der Tasche befestigt hatte, machte sie sich wieder auf den Weg. Jetzt konnte sie auch verstehen, was Ging so erheitert hatte, als er erzählte, wie ein Wanderer einst in die falsche Richtung gegangen war. - Obwohl Teri sich kaum daran erinnern konnte, wie sie hierher gekommen war, kannte sie sich doch bestens aus. Ja mehr noch: Sie wußte sogar schon, wie der Weg vor ihr aussah, und wenn sie ein wenig überlegte, lag die ganze Strecke bis Stein offen vor ihr. - Es war ihr einfach unmöglich, sich zu verlaufen, und es war wirklich zum Brüllen, dass einst ein Wanderer in die falsche Richtung gegangen war.
Beruhigt stellte Teri fest, dass die kommenden Bergübergänge bei weitem nicht mehr die Höhe erreichten, wie der gerade bezwungene Pass. Vorsichtig setzte sie im hellen Mondlicht Fuß vor Fuß und freute sich darauf, bald bei Fakun, Fe und Ena zu sein, wenn sie im Moment auch ganz scheußlich vom Hunger gequält wurde.
Bei alledem hatte Teri ganz vergessen, dass sie von Jamik gehärtet worden war. Sie war Scharfrau, wie sie es sich ihr ganzes Leben lang gewünscht hatte und war damit eine große Verpflichtung eingegangen. Solange sie lebte, würde sie den Gesetzen der Schar unterworfen sein. So sehr sie sich auch wünschte, zu ihrer Familie zurückzukehren - immer wieder drängte sich der Gedanke an die Pflicht der Schar gegenüber in den Vordergrund.
Es war eine bittere Erkenntnis für Teri, festzustellen, dass sie nur in ihren Augenblicksentscheidungen frei war. Es würde ihr nie möglich sein, sich dem Ruf der Schar zu entziehen, wenn Athan und Jamik sie nicht freigaben. Mehr als einmal dachte Teri daran, zu desertieren. - Ihre Scharausrüstung fortzuwerfen und einfach mit ihrer Familie in den Weiten des Landes unterzutauchen. Niemand würde sie dort finden, außer ...
Teri war sich selbst die schlimmste Feindin. Fast zwei Jahre war sie nun schon im Auftrag der Schar unterwegs, und die anfänglich so langweilig und harmlos scheinende Rolle der Hüterin hatte sie in einen nicht enden wollenden Alptraum von Entbehrungen, Not und Gewalt gestürzt. Was war noch übrig von ihrem Traum, dereinst mit den Fliegenden Schiffen die Meere zu bereisen? - Nichts als die Gewißheit, dass sie dadurch einen abermaligen Verlust erleiden würde.
Teri hatte ihre Freiheit verloren. Dadurch, dass sie Familie hatte, war sie an das Festland gebunden - und Teri war sich nicht mehr ganz sicher, ob ihr das auch gefiel. Solange der Auftrag Jamiks sie körperlich und geistig voll in Anspruch genommen hatte, war es leicht gewesen, sich nach Ruhe und Geborgenheit zu sehnen. - Jetzt aber begleitete sie der Ruf der Schar auf all ihren Wegen, und ein Leben als Schafzüchterin in den Wäldern um Tregh schien ihr plötzlich gar nicht mehr so erstrebenswert zu sein.
Endlose Tage und Nächte quälte sich Teri ohne jede Nahrung durch die schweigende, unbewegliche Welt der Berge. Zuerst konnte sie ihren Hunger noch mit Mengen eiskalten Quellwassers betäuben, das allenthalben aus dem Fels sprudelte, aber nach einigen Tagen veranlassten schwere Magenkrämpfe sie, damit aufzuhören.
Hunger und Anstrengung schärften Teris Sinne. Ohne einen Blick für die grandiose Schönheit der Bergwelt zu haben, kletterte sie durch die Felsen, immer in Richtung Westen. Wie im Traum setzte sie Fuß vor Fuß und beging die Wege, die Windkind, der Wanderer, vor Hunderten von Jahren ausgekundschaftet hatte, mit der gleichen Selbstverständlichkeit, als sei sie eben erst selbst hier vorbeigekommen und habe sich jede Einzelheit gemerkt.
So fand Teri Zeit, in sich zu gehen und kam nach langem Überlegen zu dem Schluß, dass es keinen Ausweg für sie gab. - Wie sie sich auch
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