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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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Vernunft.

    Teris Weg durchs Gebirge war eine einzige Abfolge von Hunger Müdigkeit, Hitze, Kälte und Schmerz. Trotz, oder teilweise sogar wegen ihres Wandererwissens war der Rückweg in die belebten Regionen des Landes eine einzige, große Strapaze.
    Teri hatte beschlossen, Umwege zu vermeiden und den direkten Weg zur Bergstadt Stein zu nehmen. In ihrem Geist sah sie den Weg als leicht zu bewältigende Abfolge glatten Felses und mäßig steiler Hänge, so, wie ihn ein Wanderer vor langer Zeit empfunden haben mochte. Dabei hatte sie allerdings übersehen, dass dieser leichte, kurze Weg über einige Pässe führte, die ungleich höher waren, als die, die sie mit Ging und Aganez gegangen war. - So machte sie sich denn, nur mit Schartasche und Felldecke versehen, frohgemut auf den Weg und war sich recht sicher, die Bergstadt Stein nicht nur überhaupt, sondern sogar schon recht bald zu erreichen.

    Am zweiten Tag ihrer Wanderung wäre Teri fast gestorben.
    Den ganzen Weg lang war es bislang beständig bergauf gegangen, und der Hunger begann sich unangenehm bemerkbar zu machen. Teri versuchte, um ihren Magen zu beruhigen, ein paar Moose und Flechten zu kauen, ließ sich aber schnell von deren widerlichem Geschmack abschrecken. - Lieber verhungern, als dieses trockene, steinmehldurchsetzte, gallebittere Zeug zu essen!
    Teri atmete tief ein. Es fiel ihr auf, dass sie jetzt immer häufiger Luft holte, ja nahezu hektisch und unkontrolliert atmete, wie nach schnellem Lauf. Es war, als habe die Luft ihre nährenden, belebenden Gehaltsstoffe verloren und sie brauche immer mehr davon, um ihren Lufthunger zu stillen.
    Gleichzeitig begann Teris Herz schneller zu schlagen. Bislang war das immer ein Zeichen dafür gewesen, dass sie schnell wurde; aber das hier war etwas völlig anderes. - Obwohl der Muskel in ihrer Brust das Blut mit machtvollen Stößen durch den Körper trieb, blieb die Kraft, die sonst daraus erwuchs, vollständig aus. Im Gegenteil: Teri hatte den Eindruck, von Schritt zu Schritt, von Augenblick zu Augenblick immer schwächer zu werden.
    Mit rasendem Puls, keuchend wie nach großer Anstrengung, kroch Teri den letzten Hang zum Pass des zerbrochenen Stabes hinauf. Ab und zu schüttelte sie verzweifelt den Kopf, um die stechenden Schmerzen in ihrem Schädel loszuwerden - aber umsonst. Jeder Schritt der Passhöhe entgegen brachte neue Anstrengung, noch mehr Atemnot und noch größere Schmerzen.
    Teri mußte sich zu jedem Schritt zwingen. Immer wieder war sie versucht, sich einfach bäuchlings auf den Hang zu legen und nur noch zu schlafen; aber Versuche zeigten, dass auch das nicht möglich war. Selbst in Ruhelage war die Atemnot so schlimm, dass Teri beständig Angst hatte, zu ersticken. Langsam ging ihr auf, dass der Weg, den sie gewählt hatte, wohl nur für Wanderer leicht zu gehen war. Die Götter mochten wissen, wie die zähen, kleinen Burschen es schafften, sich hier oben wohlzufühlen - denn dass ihr Zustand mit der Höhe zusammenhing, in der sie sich befand, das hatte Teri mittlerweile erkannt.
    Direkt vor ihren Augen sah Teri den Durchgang zwischen Truhe und Rundstück, wie die beiden Berge mit ihren Wanderernamen hießen und doch schien es ihr, als seien es noch Tagereisen bis dorthin. Sie war jetzt so entkräftet, dass sie nach jeweils fünf Schritten eine Ruhepause brauchte. Es war ihr entsetzlich übel, und wehende, graue Schleier legten sich zeitweilig über Teile ihres Gesichtsfelds. Das Blut rauschte in ihren Ohren, und manchmal hatte Teri das Gefühl, zu fallen, obwohl sie doch auf allen Vieren kroch und sich krampfhaft im Fels festkrallte.
    Plötzlich bemerkte Teri eine Form, die nicht in diese Bergwelt zu passen schien. Sie kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und sah genauer hin. - Richtig! Da stand, kaum zwanzig Mannslängen von ihr entfernt, ein junges Paar und schaute auf sie herab. Teri traute ihren Augen kaum, aber es war eine Tatsache: Dort, fast zum Greifen nahe, standen ihre Eltern, die sie vor mehr als sieben Jahren verloren hatte!
    Teri war nicht sonderlich erstaunt. - sie hatte nie daran geglaubt, dass ihre Eltern wirklich tot waren - und krabbelte jetzt einfach zu ihnen hin. Als sie aber wieder aufsah, stellte sie fest, dass der Abstand sich um keinen Deut verringert hatte.
    Teri lachte heiser auf. - Das sah ihren Eltern ähnlich! - Immer zu Späßen aufgelegt! - Na gut: Wenn sie Fangspielchen machen wollten, Teri würde sie schon erwischen! Mit schwachen Bewegungen schob sie sich

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