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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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entschiede, was ihr zukünftiges Leben anging, sie würde immer unglücklich sein. - Allerdings konnte es einen - einen einzigen - Kompromiß geben! Wenn sie, Teri, sich um Thedra verdient machte, würden die Oberen der Stadt ihr eine Belohnung nicht verweigern können. Vielleicht war es ja möglich, Jamik zu bitten, sie von ihrem Eid zu entbinden, denn dann wäre sie frei, sich eine Zeitlang ganz ihrer Familie zu widmen.
    Natürlich hing Teri immer noch mit all ihrer Liebe an Fakun und Fe. - Aber sie wußte auch genau, dass der Schareid sie nicht ruhen lassen würde, und als sie endlich die ersten Sommerhütten der Hirten von Stein erreichte, stand ihr Entschluß fest. - Sie würde an ihrem Auftrag festhalten und dann Athan um die Freistellung vom Dienst bitten. Das war die einzige Lösung, denn sie merkte, wie sich ihre Gedanken schon jetzt immer wieder der Schar und Thedra zuwandten, ob sie es nun wollte, oder nicht.
    Teri würde mehr tun, als ihre Plicht zu erfüllen, weil das die einzige Möglichkeit für sie war, jemals in Frieden mit sich selbst zu leben. Wenn es auch keine Schlafende Armee gab, so gab es doch Menschen in Estador, denen das Schicksal der Hauptstadt nicht gleichgültig sein konnte. Teri würde sie finden und zum Besten von Schar und Stadt gegen die Dramilen führen.
    Wer Teri allerdings in diesem Moment gesehen hätte, wäre mit Sicherheit nicht davon zu überzeugen gewesen, dass sich hier die zukünftige Befreierin der Hauptstadt nach tagelangem Hungermarsch durch die letzten Täler vor der Bergstadt Stein quälte. Der dürre Körper und das eingefallene Gesicht hätten eher auf eine Landstreicherin schließen lassen, und nur der zerschlissene, gelbseidene Scharanzug, der ihr viel zu weit geworden war, verriet noch ein wenig von dem Stolz und der Würde seiner Trägerin, die gebeugt, aber nicht gebrochen, an die Tür der ersten Sommerhütte klopfte und den Hirten um ein wenig Brot bat.

    Teris erster Auftritt als Retterin von Thedra sollte sich noch etwas verzögern. Als sie gekräftigt und ausgeruht in der Bergstadt Stein ankam, begegnete ihr das nackte Mißtrauen - und kaum hatte sie im Gasthaus an einem Tisch Platz genommen, kamen zwei Stadtwachen, nahmen sie in die Mitte und führten sie geradewegs vor den Richter.
    Stein war keine große Stadt, und die Menschen erinnerten sich noch sehr wohl an die beiden arroganten Thedraner, die, ohne Angabe eines Ziels, im Frühsommer in das Große Gebirge gegangen waren. Eines Morgens hatten die Wachen von Stein dann einen Feuerschein am östlichen Himmel bemerkt, und wenig später war die Stadt von einem leichten Erdbeben erschüttert worden. Mehr als ein Zittern der Erdkruste war es nicht gewesen, das die Stadt durchlaufen hatte. Den abergläubischen Bergbewohnern, die an solche Erscheinungen nicht gewöhnt waren, hatte das Beben jedoch einen gehörigen Schrecken eingejagt. Sofort waren Gerüchte aufgetaucht, dass die Berggeister nun zum Angriff auf die Stadt anträten, und es hatte nicht lange gedauert, bis man die Vorgänge mit den beiden wahnsinnigen Thedranern in Zusammenhang brachte, die in ihrem Leichtsinn bestimmt die Geister auf die Stadt aufmerksam gemacht hatten.
    Mittlerweile hatten sich die Bürger wieder ein wenig beruhigt, da bislang noch keine Riesensprungschlangen und Panzerkrebse aus den Tälern hervorgebrochen waren und auch die Ssirr auf sich warten ließen.
    Aber sich beruhigen und zu vergeben sind zweierlei; und dass die Götter den Menschen die Gabe des Erinnerns schenkten, macht sie nicht unbedingt umgänglicher. - Jedenfalls kam Teri den Leuten von Stein gerade recht, um sie ihren Unmut darüber spüren zu lassen, dass sie einige Tage in Angst hatten verbringen müssen. Zwar hätten die Bürger auch nicht zu sagen vermocht, wie eine junge Frau und ein alter Mann es fertiggebracht haben sollten, den Himmel in Brand zu setzen und die Erde erbeben zu lassen, aber das stand jetzt nicht zur Debatte. Die Erde hatte gebebt - Teri war greifbar - und Teri hatte sich dafür zu verantworten.

    Teri war sehr froh, dass sie es sich im Gebirge zur Gewohnheit gemacht hatte, den Schardolch verdeckt zu tragen, damit er sich nicht an Felsvorsprüngen verhakte. - So kamen die Wachen überhaupt nicht auf die Idee, sie entwaffnen zu wollen, was deren Gesundheit außerordentlich gut bekam.
    Als die Wachen mit Teri in der Mitte beim Richter von Stein angekommen waren, hatte der Mann seine Lederschürze abgestreift und sich in einem Zuber gründlich

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