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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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dort."
    "Ein Berg ist verbrannt." Teri hob unwillkürlich die Hände und zeichnete einen Berg in die Luft. "So, als sei Aganez' Feuer darin - nur viel stärker!"
    "Aganez' Feuer?" Ganz offensichtlich hatte der Richter noch nie etwas davon gehört.
    "Ein Pulver", erklärte Teri freimütig. "Ein Pulver, das sehr heiß brennt!"
    "Eine Zauberin!", kam halblaut eine Stimme aus dem Publikum. Sonst blieb alles ruhig. - Bedrohlich ruhig!
    Eigentlich hatte der Richter noch etwas sagen wollen, doch Ossek, der Ankläger, kam ihm zuvor. "Ich sage", begann er mit weit ausholender Geste, "dass diese Zauberin", er zeigte auf Teri, "und ihr Gefährte den Berg mit diesem Zauberpulver verbrannt haben! Der alte Zauberer ist dabei umgekommen und nur sie konnte sich retten. - Sie hat uns schwer geschadet und soll ihrer Strafe nicht entgehen! Zehn Jahre soll sie Fronarbeit leisten, und das Geld soll an die Geschädigten verteilt werden! - So soll der Richter entscheiden!"
    Stürmischer Applaus brandete aus den Reihen der Kläger auf. Begeisterte Rufe wurden laut. - Dieser Ossek war doch wirklich ein guter Ankläger!
    "So werden wir keine Einigung erzielen", stellte der Richter fest. "Darum stelle ich den Gegnern die zwei Fragen, die unser Gesetz vorschreibt! - Bist du bereit zu gestehen und deine Strafe anzunehmen, wie immer sie auch lauten mag?", wandte er sich zunächst an Teri.
    "Nein!" Teri dachte nicht im Traum daran, sich bestrafen zu lassen.
    "Bist du bereit", sprach der Richter jetzt Ossek an, "die Klage aufzugeben und auf eine Bestrafung zu verzichten?"
    "Nein!" Ossek war sich seiner Sache sicher.
    "Dann", stellte der Richter fest, "müssen die Götter entscheiden. - Wählt ihr Zweikampf oder Feuerprobe?"
    "Feuerprobe!" sagte Ossek.
    "Zweikampf!" sagte Teri.
    "Einigt euch!" sagte der Richter.
    Eifrig schleppten zwei Männer, die die Entwicklung vorausgeahnt hatten, ein Becken mit glühender Holzkohle auf den Platz. Schaudernd sah Teri in die Glut. "Ich bin bereit, mich auf die Feuerprobe einzulassen", begann sie, und es wurde still auf dem Platz. "Wenn der da", sie zeigte auf Ossek, "seine Hand neben die meine legt! - Wenn die Götter entscheiden, werden sie nur eine Hand verbrennen lassen, und ich möchte doch sehen, wem die dann gehört! - Ansonsten wähle ich immer noch den Zweikampf."
    "Zweikampf!", wählte Ossek eilig, wobei er seine rechte Hand in einer unbewußten Bewegung in seinen Umhang schob.
    "Zweikampf!", entschied der Richter. "Bringt die Waffen!"
    Das Volk murrte. Die Leute hätten es wahrscheinlich lieber gesehen, dass Teris rechte Hand unter dem Wehgeschrei der jungen Frau in einem Holzkohlebecken verschmort wäre. - Aber da war jetzt wohl nichts mehr zu machen.
    Zwei Stellmachergesellen kamen aus der Werkstatt des Richters. Jeder von ihnen hielt ein grobes Kantholz von etwa zwei Ellen Länge in der Hand. Einer der Burschen kam auf Teri zu und drückte ihr den Prügel in die Hand. Teri lächelte ihm zu, ließ den Stock zweimal flink um ihr Handgelenk wirbeln, schleuderte ihn hoch und fing ihn geschickt wieder auf. - Ein Raunen ging durch die Menge.
    Auch Teris Gegner hatte seine Waffe inzwischen in Empfang genommen. Wie ein Fels stand er da. Nichts bewegte sich an ihm, und nur seine Augen verrieten, dass er jederzeit bereit war, sich auf Teri zu stürzen.
    Der Richter trat vor und verkündete sein Urteil in voller Länge: "Hiermit wird verkündet, dass die Gerichtsbarkeit der Menschen keine Schuld bei der Angeklagten zu erkennen vermag. Da die Bürger aber nicht bereit sind, ihre Anschuldigung zurückzuziehen, wird der Ankläger mit der Beklagten einen rituellen Schwertkampf austragen, der die Sache entscheiden soll. Für die Beklagte geht es um zehn Jahre ihres Lebens, die sie in einem Arbeitslager verbringen soll, wenn sie verliert. - Möge die Gerechtigkeit siegen!"
    Nun wichen die Bürger, die bislang nur einen kleinen Kreis felsigen Bodens freigelassen hatten, ein wenig weiter zurück, so, dass eine menschengesäumte Arena entstand, in der sich die Kämpfenden einigermaßen frei bewegen konnten.
    "Schmähungen!", wurde ein Ruf aus der Menge laut.
    "Schmähungen!", forderte auch ein zweiter, und schließlich fielen fast alle ein und verlangten, dass die Kämpfer sich zunächst einmal ordentlich beleidigen sollten. Vergessen war der ernste Hintergrund des Kampfes, und an den Prozeß dachte niemand mehr. Teri sah sich plötzlich von einer sensationsgierigen Meute umringt, die nur noch darauf aus war, die

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