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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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eine Qual für die alte Frau, die Gedanken des Kindes auch nicht einen Augenblick lang abschütteln zu können. War Teri wach, mußte Aska all ihre kleinen Kinderabenteuer miterleben, schlief sie, träumte Aska all ihre Träume. Nur beim Lernen der Lieder schwangen ihre Seelen im gleichen Takt. Voller Hingabe konzentrierte Teri sich auf das Erlernen der alten Gesänge. Dies waren die einzigen Zeiten, in denen Aska vor dem Ansturm von Teris Gedanken einigermaßen sicher war.
    Und noch etwas hatte Aska an Teri entdeckt, das sie sehr beunruhigte: Teri verstand die Sprache der Dinge! Die Planken unter Teris Füßen waren nicht tot. Es waren Teile von Stämmen, die einmal in einer schattigen Senke gestanden hatten. Berührte Teri ein Tau oder ein Segel, spürte sie zugleich die Kraft der lebenden Pflanzen, aus denen die einzelnen Fasern stammten. Das Meer, das sie alle in seiner endlosen Weite umgab, war für Teri Liebkosung und Bedrohung zugleich.
    Für Aska war es, als habe sich durch Teri eine Tür in eine neue, gänzlich unbekannte Welt geöffnet. Wie erschreckt war sie gewesen, als Teri sich hier an Bord zum ersten Mal auf einer der Felldecken der Kraan niedergelassen hatte. Augenblicklich waren Bilder in ihrem Geist aufgetaucht. Bilder von einer so beängstigenden Intensität, dass Aska versucht hatte, sich diesen Eindrücken zu verschließen. Aber es war umsonst gewesen.
    Eben noch hatte Aska lächelnd zugesehen, wie Teris Finger spielerisch im Fell der Decke spielten, da spürte sie auch schon eine dumpfe, satte, träumerische Trägheit, die nur durch das Verlangen nach Wasser ein wenig getrübt wurde.
    - Weit war die Steppe, die sich im hellen Sonnenlicht vor der Herde ausbreitete. Aska schwebte sacht über die dürftigen Grasbüschel. Sie spürte den Wind, der heiß um ihre Nüstern wehte. Sie würde mit dem Wind zum Wasserloch gehen müssen. Das war nicht gut! Unruhig ließ sie ihre Ohren spielen, aber außer den Geräuschen der wandernden Herde war nichts zu hören.
    Jetzt war es nicht mehr weit, und sie würde trinken können. träge schob sie sich in der lastenden Hitze auf das Wasserloch zu.
    Plötzlich war sie hellwach. Der Leitbulle hatte warnend geschnaubt und war stehengeblieben. Auch Aska wartete nahe der Buschreihe, die den flachen Tümpel von der Steppe trennte.
    Jetzt raschelte es heftig im Gebüsch. Aska warf sich herum und wollte fliehen. Aus den Augenwinkeln sah sie einen dunklen Schatten auf sich zukommen und spürte im selben Augenblick, wie sich etwas in ihre Flanke bohrte. Nach einigen schnellen Sätzen begann sie zu taumeln. Sie empfand keinen Schmerz und kein Entsetzen, als sie zu Boden stürzte, nur eine tiefe Verwunderung darüber, dass ihre Beine sie nicht mehr trugen. Dann war es dunkel geworden in der sonnendurchfluteten Steppe. Das Letzte, was Aska sah, war die fliehende Herde. Sie empfand ein tiefes Bedauern, nicht mit ihr laufen zu können, dann war der Schatten aus dem Busch über sie gekommen.
    "Bringst du mir heute das Lied des Lachens bei?"
    Plötzlich hatte Aska sich wieder auf dem Deck des Schiffes wiedergefunden, vor sich die erwartungsvolle Teri auf der Felldecke. Die Vision konnte nur einen Augenblick lang gedauert haben.
    Aska war erschüttert. Eben hatten sie beide den Tod eines Tieres miterlebt - hatten in diesem Tier gelebt - waren mit ihm gestorben - und dieses Kind fragte sie nach dem Lied des Lachens!
    Erst später kam Aska darauf, dass derartige Erlebnisse für Teri ganz normal waren. Dass sie schon tausend Tode gestorben war, mit Tieren, Bäumen und Gräsern. Was immer sie berührte, die Dinge begannen zu sprechen; erzählten lange und kurze, lustige und traurige Geschichten. Aska kannte nur ein einziges Volk auf dem Kontinent, das ähnliche Fähigkeiten besaß. Sie nahm sich vor, gelegentlich einen dieser Leute auf Teri aufmerksam zu machen.
    Tage später offenbarte sich in einem verworrenen Traum Askas, dass Teri selbst es war, die auf diese toten Dinge einwirkte, so dass sie zu erzählen begannen. Der Grund war einfach: Teri selbst gehörte nicht wirklich zu den Lebenden. Ihre Existenz balancierte auf dem schmalen Grat zwischen Leben und Tod. Bei ihrer Geburt war etwas passiert. Etwas, das sie von allen Menschen unterschied. Sie hatte mit dem Tod im Mutterleib gelegen. Er war ihr unsichtbarer Zwilling. Teri, Tochter der Former Ael und Erin, hätte es nicht geben dürfen. Sie hätte tot sein sollen im Augenblick ihrer Geburt.

    Am vierunddreißigsten Tag der

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