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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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mit gesenktem Kopf auf dem Boden sitzen, während das Blut zwischen seinen Fingern hindurch den Arm hinunterlief. Nach einem Moment ging Korvellan weiter.
     
     
    In dieser Nacht, als Gerit in eine Decke eingerollt in der Küche lag und seine Wange mit nassen Tüchern kühlte, beschloss er, Horon zu töten.

 
    Kapitel 9
     
    Die schneebedeckten Berge und tiefen grünen Täler Ashagars sind dem Reisenden, der von Norden kommt, ein willkommener Anblick. Kein Fürst herrscht hier mit drakonischer Macht, kein Krieg hat dieses Land je verwüstet. Der Philosoph Cero machte sich einst Gedanken über die Ursachen für diese erstaunliche Idylle und kam zu der Erkenntnis, dass, da beinahe jedes Dorf eine eigene Sprache besitzt, Streitigkeiten erschwert, wenn nicht sogar unmöglich werden. So sei gegenseitiges Unverständnis der Schlüssel zu einem friedlichen Zusammenleben. Natürlich hilft es auch, dass es in ganz Ashanar nichts gibt, was es im Entferntesten wert wäre, geplündert zu werden.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 2
     
     
    Am elften Tag ließen sie Braekor hinter sich. Sie kamen langsam voran, viel langsamer, als Ana recht war. Aus Vorsicht mied Jonan die Hauptwege, machte sogar einen Bogen um die meisten Ortschaften. Gelegentlich, wenn sie ein Dorf fanden, das weit genug entfernt vom Rest der Welt zu liegen schien, gelang es Ana, sich durchzusetzen und auf einer Nacht im Gasthaus zu bestehen. Jonan widersprach zwar, ließ sich aber jedes Mal darauf ein.
    Ana wusste, dass er sich Sorgen um ihre Sicherheit machte.
    Patrouillen zogen auf der Suche nach ihr durch ganz Braekor. Ausrufer tauchten auf Marktplätzen auf und versprachen jedem eine Belohnung, der die »Verräter von Somerstorm« fasste, ob tot oder lebendig, schien keine Rolle zu spielen. Die Beschreibung, die sie verkündeten, passte leider viel zu gut.
    Kurz vor der Grenze nach Ashanar waren sie auf einen Mann gestoßen, der sich die Belohnung verdienen wollte. Jonan hatte ihn neben einem Kirschbaum begraben.
    In der darauf folgenden Nacht, der Blindennacht, in der keine Monde schienen, hatten sie die Grenze überquert. Ana hatte in der Dunkelheit immer wieder das Gesicht des Mannes gesehen, aber Jonan nichts davon gesagt. Sie sprachen ohnehin wenig. Meistens hing Ana ihren Gedanken nach. Sie dachte an Gerit und ihre Eltern, an Rickard und an Zrenje. Manchmal schluckte sie Tränen herunter.
    Ana war erleichtert, als sie Braekor verließen. Sie war noch nie zuvor in Ashanar gewesen. Die Berge waren mächtiger als die, die sie aus Somerstorm kannte, aber auch weicher und weniger schroff. Täler wanden sich grün und fruchtbar zwischen ihnen hindurch. Die Hütten der Ashagari bestanden aus dem braunen Stein der Berge. Manche Dörfer sah man erst, wenn man bereits darin stand, so wie das, auf das sie gerade zuritten. Wenn Ana es nicht schon einmal gesehen hätte, wären ihr die niedrigen Hütten und die in den Stein geschlagenen Höhlen vielleicht sogar entgangen.
    Sie zügelte ihr Pferd. »Wir waren schon einmal hier.«
    Jonan sah nicht sie an, sondern die Karte, die er auf seinen Beinen ausgebreitet hatte. Sie hatten sie am Tag zuvor von zwei fahrenden Händlern gekauft, zusammen mit dem einfachen Wollkleid, das sie unter ihrem Umhang trug. »Sie ist so genau«, hatte der eine von ihnen gesagt, »dass sie selbst einem König genügen würde.«
    Vielleicht einem König, den es nicht interessiert, ob er sein Ziel jemals erreicht, dachte Ana. Sie lenkte ihr Pferd neben Jonan. Seine Finger glitten über einen Strich auf der Karte, der einen Weg hätte darstellen können, aber ebenso gut einen Fluss oder einen Knick im Pergament.
    »Wir haben uns verirrt, oder?«, fragte Ana.
    »Nein.« Jonan sah auf. Sein Blick glitt über die Berge, die rechts und links des Tals bis in die Wolken aufstiegen. Er drehte sich um zu dem Weg, den sie gekommen waren, dann sah er nach vorn und wieder zurück auf die Karte.
    »Ja«, sagte er. »Wir haben uns verirrt.«
    Ana setzte sich im Sattel auf. Es war Vormittag und im Dorf war niemand zu sehen. Trampelpfade führten vom Weg auf die umliegenden Weiden und Felder. Die Hecken, von denen sie eingerahmt wurden, waren so hoch, dass sie nur die Köpfe der Rinder sehen konnte, die dort grasten.
    »Wir sollten jemanden fragen«, sagte sie.
    Jonans Zeigefinger folgte immer noch den Linien auf der Karte. »Nein, wir dürfen nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig auf uns lenken.«
    »Glaubst

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