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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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diesem Sieg sein.«
    »Als was? Als Verpflegung für Eure Soldaten?«, fragte Odju. Schweiß stand auf seiner Stirn. Gerit bewunderte seinen Mut. Er sah, wie sich die Schultern des Generals anspannten.
    »Nein«, sagte Korvellan. Seine Stimme klang enttäuscht. Gerit wünschte, er hätte sein Gesicht sehen können. »Natürlich nicht.« Er machte eine Pause, drehte den Weinkelch zwischen seinen langen Klauen. »Ihr werdet bald bemerken, dass hinter vielen Geschichten, die ihr über die Nachtschatten gehört habt, nicht mehr steht als die heiße Luft aus dem Mund des Erzählers. Die Wahrheit liegt in Taten, nicht in Worten.«
    Er klatschte in die Hände. Die Türen zum Audienzsaal öffneten sich. Drei der Gäste sprangen erschrocken auf. »Bleibt ruhig«, sagte Odju, auch wenn er selbst nervös wirkte. »Es ist, wie es ist.«
    Zwei Nachtschatten schoben einen Karren in den Saal. Ihre Muskeln waren angespannt, ihre Gesichter gerötet. Kerzenlicht brach sich in Tausenden von Goldmünzen. Sie funkelten, als wären die Flammen ein Teil von ihnen.
    Korvellan stand auf und stellte sich neben den Karren. »Dies sind alle Münzen, die wir in den letzten Wochen geprägt haben. Sie gehören euch. Ihr könnt damit machen, was ihr wollt. Gebt sie euren Stämmen oder euren Familien, betrinkt euch, kauft Viehherden, mir ist es egal. Ab jetzt werdet ihr zu jeder Wintersonnenwende einen Karren voller Gold erhalten zu eurer freien Verfügung. Nur zwei Dinge erwarte ich von euch. Erstens: Jedem, der fragt oder dem ihr etwas Gold gebt, werdet ihr sagen, dass General Korvellan es euch geschenkt hat. Zweitens: Ihr werdet mir, wenn ich euch darum bitte, vor aller Augen eure Loyalität schwören.« Gerit hörte das Lächeln in seiner Stimme. »Und euch auch daran halten.«
    Die Männer starrten auf den Karren voller Gold. In ihren Augen brannte das gleiche Feuer, so als wäre es auf sie übergesprungen.
    »Was ist, wenn wir uns weigern?«, fragte Odju.
    »Warum solltet ihr das tun?« Korvellan trank seinen Weinkelch aus und stellte ihn auf den Kopf. »Ihr seid heute Nacht unsere Gäste. Die Diener werden euch jeden Wunsch erfüllen. Am Morgen erwarte ich eure Antwort. Gute Nacht.«
    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und verließ das Zimmer. Gerit biss sich auf die Lippen. Er musste mit ihm reden, wollte nicht länger warten. Einen Moment zögerte er, dann ließ er die Karaffe fallen. Mit einem lauten Knall schlug sie auf dem Boden auf und zersprang. Rotwein spritzte über den Boden, Scherben flogen bis auf den Tisch. Die zwölf Männer starrten ihn erschrocken an.
    Gerit verneigte sich. »Verzeihung.«
    Horon holte mit der Faust aus, aber Seidenfell fing seinen Arm ab. »Sie wissen, wer er ist«, flüsterte sie. »Korvellan wird dir den Kopf abschlagen, wenn du vor ihren Augen einen Menschen schlägst.«
    Gerit gab ihm nicht die Gelegenheit, darüber nachzudenken. Er verneigte sich erneut. »Ich hole einen Lappen und frischen Wein. Bitte verzeiht mir.«
    Dann drehte er sich um und lief durch die Tür auf den Gang. Er sah nach links. Korvellan verschwand gerade hinter einer Biegung. Gerit lief ihm hinterher. Seine nackten Füße klatschten auf den Boden. Er erreichte die Biegung und wäre beinahe mit Korvellan zusammengeprallt. Im letzten Moment wich er aus und stützte sich an der Wand ab.
    »Was willst du?«, fragte Korvellan. Er klang weder freundlich noch ablehnend.
    Gerit ging auf die Knie. Er hatte sich die Worte schon vor Stunden zurechtgelegt. »Herr, Ihr habt mein Leben gerettet, aber ich fürchte, es wird nicht lange währen. Ich bin ein Sklave, man schlägt mich, man tritt mich, man verachtet mich.« Er zog die Ärmel seiner Uniform hoch und zeigte seine verkrusteten Ellenbogen. »Jeden Tag werde ich von Horon gepeinigt. Ich bitte Euch, schenkt …«
    Er sah, dass Korvellan ausholte, konnte seiner Hand aber nicht mehr ausweichen. Sie traf seine Wange, riss seinen Kopf zur Seite. Krallen zogen blutige Striemen über seine Haut. Gerit prallte gegen die Wand des Gangs. Er presste eine Hand auf seine Wange.
    »Ich schäme mich für dich.« Korvellans Stimme war voller Verachtung. »Ich habe dir das Leben geschenkt, aber du lebst nicht. Ich habe dir eine Zukunft gegeben, aber du wirfst sie weg. Die Wahl, die du getroffen hast, entsetzt mich.«
    »Ich habe doch nicht gewählt …«
    »Doch, das hast du!«, schrie Korvellan ihn an. »Und jetzt kriech davon wie der Wurm, der du bist. Los!«
    Gerit kroch nicht. Er blieb stumm und

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