Sturm
modrig.
Irgendwo musste es Lüftungsschächte geben, durch die Frischluft in die unterirdischen Räume strömte.
Der letzte Gang endete in einem schweren Eisengitter und einer mehrfach verriegelten Holztür. Zwei Wachen lehnten an der Wand und unterhielten sich. Sie richteten sich auf und salutierten mit ihren Schwertern.
»Herr«, sagte der Ältere von beiden, während der Jüngere das Gitter aufschloss und die Riegel zurückschob, »Kerkermeister Nokt erwartet Euch bereits.«
Stimmengewirr und laute Geräusche drangen in den Gang hinein. Craymorus war noch nie zuvor in einem Kerker gewesen. Die Ungewissheit dessen, was ihn hinter der Tür erwartete, machte ihn nervös. Er schmeckte den Käse auf der Zunge, den er gegessen hatte, als Oso in seine Unterkunft getreten und »Der Kerkermeister ist jetzt bereit für Euch, Herr« gesagt hatte, und hoffte, dass ihm nicht übel wurde.
Der Wachposten zog die Tür auf. Ein schmaler Gang, gerade breit genug für einen Menschen, lag dahinter. Sollten die Gefangenen sich erheben, erkannte Craymorus, würden sie nicht weiter kommen als bis in diesen Gang. Die Wachen konnten sie nacheinander umbringen, ohne selbst in Gefahr zu geraten.
Er drehte sich zu Oso um. »Du wartest hier auf mich.«
»Ja, Herr.« Craymorus war sich nicht sicher, ob er Enttäuschung oder Erleichterung in Otos Stimme hörte.
Er zog sich durch den Gang auf die nächste Lichtquelle zu. Die Stimmen wurden lauter. Irgendwo wurde auf Metall geschlagen wie in einer Schmiede. Die Luft wurde wärmer, trockener.
Der Gang bog nach links ab. Craymorus blieb stehen, als er sah, worin er endete. Es war eine Höhle, so groß, dass sie fast die gesamte Festung unterkellern musste. Der vordere Bereich, an dessen Eingang Craymorus stand, war gemauert worden, der hintere bestand aus einer Felswand, in deren Nischen Fackeln hingen. Rund ein Dutzend Feuer brannten in der Höhle. Um sie herum hatten Menschen einfache Unterstände errichtet, die aus ein paar Stangen und einigen Lumpen bestanden. An einer Wand entdeckte Craymorus eine Reihe von Hütten. Man hatte sie entlang eines Bachs gebaut, der dort aus dem Fels trat und in der Mitte der Höhle zwischen den Unterständen im Boden verschwand.
Craymorus sah einen Mann an einem Amboss arbeiten, eine Frau mit blutbeflecktem Kittel, die ein Huhn rupfte, einen Schneider, der unter einer Fackel sitzend arbeitete, und einige Kinder, die auf den Steinen spielten. Männer und Frauen standen in kleinen Gruppen zusammen oder saßen an den Feuern. Die meisten trugen Lumpen, manche nicht mehr als einen Lendenschurz. Alle waren blass.
»Verzeiht bitte, Herr, ich habe Euch nicht kommen sehen.«
Craymorus sah zur Seite. Ein bärtiger Mann mit langen, strähnigen Haaren und weißer Haut lief ihm entgegen. Er wirkte jung, nicht viel älter als Craymorus.
»Mein Name ist Forderak, ich bin der Kerkermeister, Herr«, sagte der Mann mit einer tiefen Verbeugung. Er war untätowiert und schlank. In den Archiven der Festung hatte Craymorus gelesen, dass der Titel des Kerkermeisters vom Vater auf den Sohn vererbt wurde. Wie bei einem Fürsten, dachte er.
»Ich werde Euch sofort zu dem Gefangenen bringen, Herr. Er …«
Craymorus ließ ihn nicht ausreden. »Nenn ihn nicht so. Er ist ein Nachtschatten, kein Mensch. Einen Bären in einer Falle würdest du doch nicht als Gefangenen bezeichnen, oder?«
Forderak runzelte die Stirn, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Herr.«
»Sag deinen Männern, sie sollen es genauso halten.« Craymorus sah sich in der Höhle um, konnte aber zwischen den Menschen keine Bewaffneten finden. »Du hast doch Männer hier unten, oder?«
Forderak lachte. »Natürlich, Herr. Nicht hier im Dorf, da brauchen wir sie nicht, nur hinten, dort, wo auch wir hinmüssen. Bitte folgt mir.«
Er verbeugte sich und zeigte auf einen Weg, der an den Unterständen vorbeiführte. An seinem Ende befand sich eine weitere, vergitterte Tür. Die vier Wachen, die dort standen, trugen schwere Rüstung, Speere und Schwerter.
Die Menschen in der Höhle, die Forderak als das Dorf bezeichnet hatte, neigten die Köpfe, als er an ihnen vorbeiging. Einige sahen Craymorus neugierig an, die meisten ignorierten ihn jedoch.
»Sind das alles Gefangene?«, fragte er.
»Steuersäumige, Herr«, sagte Forderak. »Sie bleiben hier unten, bis sie jemand auslöst oder sie genug verdient haben, um ihre Strafe zu bezahlen. Seht Ihr die Hütten dort? Da leben die Wachen. Mein Haus ist das ganz hinten
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