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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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seiner Haut fängt er langsam an, wie einer auszusehen.«
    »Sicher gibt es einen Grund dafür«, sagte Isak abgelenkt. Carel schnaubte.
    »Es gibt für alles einen Grund, sagen die Priester, aber manchmal muss man trotzdem daran zweifeln.«
    Wie wahr, mein Freund , dachte Isak und starrte in den schwarzen Himmel. Und ich zweifle auch. Tod und Erlösung sind seltsame Gefährten in einem Gespräch. Aber wenn die Fäden des Lebens und des Schicksals miteinander verwoben sind, was geschieht dann, wenn ich an einem ziehe? Wenn in meiner Nähe nichts so ist, wie es sein sollte, was würde dann geschehen, wenn ich Tod Auge in Auge gegenübertrete?
    »Ich glaube, Mihn weiß mehr, als er uns verrät«, sagte Isak schließlich.
    »Wenn das so ist, hat er einen guten Grund dafür, würde ich sagen. Dieser Mann ist so treu wie kein anderer, mach dir seinetwegen mal keine Sorgen.«
    »Ich sorge mich um ihn.«
    »Ah, nun, das ist dummes Geschwätz. Du bist der Lord der Farlan. Es ist deine Aufgabe, Schwieriges von anderen zu verlangen. Es liegt in Mihns Verantwortung, was er für deine Sache opfern will. Es ist seine Wahl, und eine, die er gerne trifft.«
    Isak schwieg einen Augenblick. »Also, was rätst du mir? Ob es dir passt oder nicht, ich suche bei dir nach Antworten.«

    »Zieh mich nicht auf«, grollte Carel gereizt.
    »Ich schwöre, das tue ich gar nicht.« Isak schlug ihm auf die Schulter. »Mein Lebtag warst du der Einzige, zu dem ich mit Problemen kommen konnte. Ich erwarte nicht die Antwort auf all meine Fragen von dir, aber dein Ratschlag hat mich bis hierher gebracht. Auf jeden Fall wird es guttun, ihn zu hören, und heutzutage kann ich alles brauchen, was mir guttut.«
    Carel blickte ihn einen Augenblick lang misstrauisch an, dann zuckte er die Achseln, denn in der Stimme des Jungen, dem er einen Sinn für soldatischen Humor anerzogen hatte, lag kein Spott. »Ich denke nicht, dass ich dir noch etwas Neues beibringen kann, aber du bist ziemlich dumm, darum wiederhole ich die alten Sachen noch mal und wir werden sehen, ob du sie diesmal begreifst.« Er grinste kurz und wandte sich dann wieder der Großen Halle zu, aber nicht schnell genug, um zu verbergen, dass sein Gesicht wieder ernst wurde.
    »Ein Soldat darf nicht zulassen, dass sein Leben von Angst bestimmt wird«, sagte Carel. »Die Angst zeigt einem, dass man noch am Leben ist. Ohne Angst ist man schnell mausetot, das verspreche ich dir, aber wenn Angst die Zügel führt, reitet man direkt auf die Elfenbeintore zu.«
    Zahlreiche Ängste lauern in meinem Schatten auf mich, dachte Isak. Du hast wohl Recht, ich habe zugelassen, dass meine Angst mich bestimmt hat, und es ist an der Zeit, dies zu ändern.
    Isak wandte sich der Wärme der Großen Halle zu und legte Carel einen Arm um die Schulter. »Es ist gut, dich wieder hier zu haben.«
    Der alte Soldat kicherte, während sie sich auf den Rückweg machten. »Das glaube ich wohl. Du kaufst dir schließlich niemals eigenen Tabak. Gib mir wenigstens die verdammte Pfeife wieder, du Riesennarr.«

     
    Vesna hörte das leise Klopfen an seiner Zimmertür nicht. Er saß zusammengesunken auf einem Stuhl vor dem Feuer und hatte seine verbundene Kopfwunde vergessen, die beständig pochte. Er sah nur den blutroten Edelstein, den er zwischen den Fingern drehte, die glatte Oberfläche und die Facetten betastete und das Licht beobachtete, das sich in dem Stein fing. Einen schöneren Stein hatte er noch nie gesehen, aber trotz seiner Pracht hatte er unglaubliche Angst vor ihm. Seit Tagen verbrachte er Stunden damit, hier zu sitzen, nachdem alle anderen sich zurückgezogen hatten, und den Stein zu betrachten. Fragen füllten seinen Kopf, aber jede Antwort glitt an den glasglatten Facetten ab und verging.
    Es wurde erneut geklopft, diesmal lauter. Vesna erschrak und setzte sich mit rasendem Herzschlag auf, blickte sich verwirrt im Raum um, bemerkte dann aber, dass jemand an der Tür war. Er stand schwerfällig auf und steckte den Stein in die Tasche, bevor er den Besucher hereinbat.
    Es war Tila. Sie trug das Haar offen, wirkte besorgt und hatte sich eine dicke Decke umgelegt.
    »Oh, entschuldige«, sagte er. »Es ist schon spät, nicht wahr?«
    Tila nickte. Er sah mit dem Verband und den dicken Rändern, die der Schlafmangel unter seine Augen gezeichnet hatte, vermutlich nicht sonderlich attraktiv aus.
    »Ich hatte gehofft, du seiest nur eingeschlafen«, sagte sie, »aber dann habe ich Licht im Türspalt gesehen.«
    Vesna ging

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