Sturmauge
saßen, auf und verbeugten sich.
Sobald sie den vom Mondlicht beschienenen Übungsplatz erreicht hatten, nahm Isak den Tabakbeutel entgegen, den Carel ihm anbot, und stopfte eine Prise Tabak in seine Pfeife. Er entzündete sie und nahm einen tiefen Zug warmen Rauches, um die Pfeife dann weiterzureichen.
»Es schüttelt mich jedes Mal, wenn ich das Wort Erlöser höre.«
Carel nickte, wobei sein Gesicht halb von dem Schatten verdeckt wurde, das sein Haar im silbernen Licht Alterrs warf. »Das wundert mich nicht, immerhin ist es wirklich unangenehm, die Erwartungen zu erfüllen, die an einen solchen Begriff gestellt werden, ganz gleich, wer man ist.«
»Ich habe nicht geahnt, was für ein machtvolles Wort es ist … was für einen Einfluss es auf einige Leute hat.«
»Ach, die Leute sind dumm wie Maultiere, das weißt du doch«, sagte Carel geringschätzig und zeigte zur anderen Seite des Übungsplatzes, wo sich etwas an den Ställen tat. »Und manchmal sind die auch genauso dickköpfig.«
Der Himmel war dunkel. Es war weit nach Mitternacht und sie sahen nur das Mondlicht vor sich, das sich im Frost auf den zahlreichen Spitzdächern des Palastes brach.
»Manchen ist es egal, ob ein Erlöser gebraucht wird oder nicht. Wir sind Sterbliche, ganz egal, von welchem Stamm oder welcher Farbe wir sind.« Der Veteran zuckte die Achseln und stieß Isaks Arm mit seinem Stumpf an. »›Zerbrechliche Sterbliche, schwach und ängstlich‹, heißt es so nicht in den heiligen Schriften des Lord Tod? Das sind wir, mein Junge, zerbrechlich und schwach. Wir führen keine makellosen Leben und tief im Innern weiß jeder von uns, dass wir bessere Menschen sein könnten und bessere Diener der Götter. Wer würde sich da nicht nach einem Erlöser sehnen, der uns als Licht in der Dunkelheit den Weg weisen könnte?«
»Und da wenden sie sich mir zu?« Isak schüttelte ungläubig den Kopf. »Weil die Götter vor Jahren die Rache Aryn Bwrs fürchteten, nur um dann zuzusehen, wie ihre Werkzeuge scheitern? Ich bin kein gutes Vorbild.«
»Ach, das bist du sehr wohl, ob du es willst oder nicht«, sagte Carel bestimmt. Der Mann reichte ihm die Pfeife zurück und klopfte dann mit seinem Gehstock gegen Isaks dicken Oberschenkel.
»Was auch immer man mit deinem Schicksal angestellt hat, die anderen haben daraufhin einen Anführer in dir erkannt.«
»Und was ist mit mir?«, wandte Isak ein, ging um den Veteranen herum und senkte den Kopf, damit er dem kleineren Mann in die Augen sehen konnte. »An wen wende ich mich, wenn ich keine Antworten mehr habe? Ich habe im Augenblick nicht die geringste Idee, wie ich damit klarkommen soll, dass ich meinen Tod jeden Tag näher kommen spüre, ganz zu schweigen davon, was für Pläne Azaer verfolgt. Richte ich mich also nach Kastan Styrax, dem vielleicht einzigen Mann im Land, der mehr Ärger verursacht als ich? Der Mann, von dem ich spüre, dass er mich töten wird?«
»Schlag mir gegenüber keinen solchen Ton an«, sagte Carel ernst. »Ich habe nicht behauptet, ich hätte alle Antworten.« Er stieß Isak mit dem Gehstock gegen die Brust und nach einem Moment der Wut trat das Weißauge zurück. »Ich bin eigentlich nur hier draußen, um zu rauchen«, fuhr Carel grinsend fort und schien zufrieden, dass Isak seine Verstimmung herunterschluckte. »Und wer bin ich schon, dass ich voraussage, in welcher Form sich deine Erlösung vollziehen wird?«
Isak zögerte, denn Carels Worte drangen bis in sein Inneres. »Erlösung? Ihr Götter, ist es das, wonach ich suche?«
Plötzlich spürte er die wirbelnden Winde über sich, die Energie und Macht, die durch die Dunkelheit tobte, spürte, wie die kalte Nacht hinter ihm zurückblieb. Ein Instinkt machte sich bemerkbar, und mit einem Schauder wurde auch der letzte Rest Alkohol aus seinem Körper vertrieben. Stattdessen erfüllte ihn ein Gefühl, das er nicht einordnen konnte, beinahe wie ein Machtrinnsal, das darauf wartete, zu Magie geformt zu werden.
»Ich weiß nicht, wonach du suchst«, sagte Carel, der nicht bemerkte, was mit Isak geschah und stattdessen Xeliath dabei
zusah, wie sie sich in den Sattel kämpfte und im Trab auf den Übungsplatz ritt, neben sich einen verängstigten Stallburschen.
»Ich denke, über Erlösung solltest du lieber mit Mihn sprechen, auch wenn er in letzter Zeit ebenfalls etwas seltsam wird. Hast du seine Hautbilder gesehen? Ich würde den Mann niemals einen Wilden nennen, egal, woher er stammt, aber mit diesen arkanen Zeichen auf
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