Sturmauge
sollte,
und nickte vor sich hin. »Mir fallen nur einer oder zwei ein, die sie ernst nehmen werden. Die Abneigung der Adligen, religiöse Befehle entgegenzunehmen, hat dieses Problem bisher unterdrückt. Wer sich fromm nennt, wird Lordprotektor Torl nacheifern.«
»Lordprotektor Torl ist ein hochrangiges Mitglied der Bruderschaft der heiligen Lehre«, fauchte Isak. »Und da Veck verlangt, dass man ihm erlauben solle, eine religiöse Miliz aufzustellen, mit der er dann die Gesetze durchsetzen will, die ihm gerade passen, beruhigt mich das gar nicht.«
»Lesarl sagte, Ihr hättet mit Torl über die Bruderschaft gesprochen«, antwortete Tänzer geduldig. »Der Orden ist viele Jahrhunderte alt, und seine Mitglieder haben nie versucht, religiöse Gesetze durchzusetzen. Lordprotektor Torl ist einer Eurer treuesten Untertanen. Und vor allem ist er ein Soldat der Farlan, und das steht über allem, seinem Titel, seiner Dynastie, sogar noch über den Dunklen Mönchen. Mein Lord, ihn anders zu behandeln als einen solchen Untertan, das würde ihn schwerer treffen, als es Eolis vermöchte, und ihm zudem den Boden unter den Füßen wegziehen.«
»Darum ist er ein Hauptpunkt im Streit um Herzog Certinses Gerichtsverhandlung«, mischte sich Lesarl mit einem Mal von Isaks linker Seite aus ein. Er stieß sich von der Wand ab, an der er gelehnt hatte, und trat hinter die Sitzenden. »Die Synode verfügt über eine eigene Macht und das wissen die Mitglieder auch, aber sie sind sich ebenso darüber im Klaren, dass sich keine Gruppe bei den Farlan gegen die Adligen stellen kann. Sie fordern zwar aus unterschiedlichen Gründen, den Certinses selbst den Prozess machen zu dürfen, aber Kardinal Veck glaubt nicht, dass er damit durchkommt. Es ist von allen Beteiligten bemerkt worden, dass sich der in seinem Glauben so tadellose Lordprotektor Torl nicht für ihn ausgesprochen hat.
»Gebet«, sagte Isak, was den Priester ruckartig von Lesarl zu Isak schauen ließ. »Wie ist die Stimmung unter den Klerikern? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er die Leute umstimmen könnte, wenn Veck seine Forderungen noch länger vorträgt.«
Der Priester atmete durch, bevor er antwortete. Lesarl hatte Gebet als gnadenlos sachlichen Denker beschrieben, darum musste es für den Mann schrecklich sein, dass der Zorn der Götter seinen Geist trübte.
»Wir erleben einen Nachhall von der Wut der Götter, ein Echo ihrer Gefühle sozusagen. Es begann mit einer gedankenlosen Mordgier in den Nächten nach dem Fall Screes und obwohl das schnell überwunden war, halten die Auswirkungen noch immer an.« Er zögerte, blickte sich um und fuhr dann ernst fort: »Ihr müsst bedenken, dass die Götter unsterblich sind. Sie haben Gefühle, aber diese unterscheiden sich von denen der Menschen. Die ihren sind ungleich mächtiger – solch starke, von den Göttern ausgestrahlten Gefühle können den Geist ihrer Kleriker auf Dauer verändern, selbst wenn die Götter sich schon wieder beruhigt haben. Ich schlage vor, davon auszugehen, dass die Fanatiker in der nahen Zukunft nicht zurückstecken werden.«
»Dann seid ihr, du und deinesgleichen, also für dieses Jahr meine Feinde?«
Isak sprach die Worte gedankenlos aus, aber Gebet wirkte beschämt, als er antwortete: »Ich fürchte ja, mein Lord, aber ich werde nicht der Einzige sein, der sich bemühen wird, das zu ändern. Ich hoffe, dass wir nur ein unbedeutendes Hindernis darstellen werden.«
Betroffenes Schweigen breitete sich aus und hielt erst eine, dann sogar zwei Minuten an. Selbst Bürger erschien gedankenverloren und bemerkte das Stühlerücken, das von unten heraufklang, nicht.
Isak trat ans Fenster zur Straße und spähte durch den halb geschlossenen Laden. Der erste Schnee des Winters war von feuchtem Regen ersetzt worden, der auf den Dächern schimmerte. Von dem dünnen, weißen Tuch, das die Stadt noch vor wenigen Tagen bedeckt hatte, gab es keine Spur mehr. Aber Isak spürte den Schnee noch in der Luft, das eisige Stechen auf seiner Wange. Er vermutete, es würde ein strenger Winter werden.
In diesem Jahr können wir nicht auf Lomin marschieren , dachte er, und die Ereignisse des letzten Jahres erschienen ihm mittlerweile wie lang vergangene Geschichte, beinahe unwirklich. Hoffen wir, dass die Elfen zu dem gleichen Schluss kommen. Vesna ist der Meinung, wir hätten sie im letzten Jahr hart genug getroffen, um uns etwas Zeit zu erkaufen. Aber wie lang wird das währen?
Er sah auf die Straße
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