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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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lässt ihre Töchter zurück.
    – Ich will Rache. Der Anblick Schicksals stand deutlich und
schmerzlich in ihrer Erinnerung und die smaragdgrünen Augen der Dame leuchteten aus dem Dunkel des Grabes.
    – Aber nicht so sehr, dass ich meine Schwestern im Stich ließe , fügte sie hinzu und hielt Doranei dann die Tafel vor, um diesen Punkt zu unterstreichen.
    »Natürlich, das verstehe ich«, sagte er. »König Emin hat immer nur gute Worte für die Dame gehabt. Wenn Narkang helfen kann, brauchst du nur zu fragen.«
    »Aber vorher«, unterbrach Lell, »muss ich noch einen Vogel nach Tirah schicken. Lord Isak benötigt diese Nachrichten.«
    – Ich werde ihm berichten.
    »Kannst du ihn direkt erreichen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. Ihre Göttlichkeit war ihr noch neu, und sie hatte bisher keine Gelegenheit gehabt, sie zu erforschen. Die meiste Zeit hatte sie verschlafen, war zu Kräften gekommen, und hatte ihre Grenzen nicht erforscht. Es war nicht ungefährlich – auch Lord Isak besaß seine Macht noch nicht allzu lang, und er mochte unbedacht reagieren. Bei diesem Gedanken fingen Leganas Hände an zu zittern, doch sie hatte sich entschieden: Ihre Treue galt zwar ihrem Kult und ihren Schwestern, aber sie hatte jahrelang für den Lord der Farlan gestritten – und sie hatte Lord Bahl respektiert, was bedeutete, dass sie auch Bahls Erben respektieren musste. Und dies wiederum hieß, dass sie ihm persönlich sagen musste, dass sie nicht länger in seinen Diensten stand.
    – Ich werde ihn finden, schrieb sie mit knappen, sicheren Strichen.
     
    König Emin sah zu dem großen Mann neben sich auf. Coran, seine Leibwache, blickte schweigend und mit ernstem Gesicht auf ihn herab. Hinter ihnen erzitterten die Fensterläden unter dem Ansturm eines Unwetters.

    »Nun?«, Emin drehte sich auf seinem Stuhl, um das Weißauge besser ansehen zu können. Es befanden sich nur zwei weitere Männer in diesem Versammlungshaus für Edelmänner, ein Hauptmann der Stadtwache im Ruhestand, der friedlich in einer Ecke saß und schnarchte, und dann noch Graf Antern, der im hinteren Teil des Raumes über einem Stapel Berichte grübelte. Der König nutzte das Versammlungshaus als Fassade für verschiedene Unternehmungen, und viele der Mitglieder waren dann und wann in solche Unternehmungen verstrickt. Normalerweise würde sich Coran nichts dabei denken, vor den Anwesenden frei zu sprechen.
    Coran schob den linken Ärmel seines Wamses hoch. »Ich werde diesem verdammten Magier seine Eier abschneiden«, sagte er heftig und drehte sich um, damit König Emin einen Blick auf die Innenseite seines Unterarms werfen konnte.
    »Wir können Endine wohl kaum seine Erfolge vorwerfen, oder?«, antwortete Emin etwas gepresst. Es war offensichtlich, dass durch die Trennung eine Last von ihm genommen wurde, aber das Ritual hatte seinen Tribut gefordert.
    Coran warf ihm einen seiner üblichen Blicke zu, während ein Blutfaden an seinen Fingern hinablief und auf den Boden tropfte. »Ich werde einen Weg finden.«
    Emin musterte seine blutige Haut. »Sei nur froh, mein Freund, dass er die Kurzschrift der Bruderschaft benutzt! ›Feind gesichtet, Ilumene und andere, Absichten unbekannt, erwarte Befehle‹«, las er vor. »Seltsam, dass er die anderen Feinde nicht benennt  – sie sind zwar wichtig genug, um Erwähnung zu finden, aber kein Name.«
    »Ilumene wird den Befehl haben, egal, wer sonst noch da ist«, grollte Coran, dessen schlechte Laune nun nachvollziehbar war. Ilumene war ihm zweimal entkommen, und so etwas nahm sich Coran zu Herzen.

    »Zweifellos, aber ich vermute eher, dass Doranei einen neuen Gefolgsmann entdeckt hat, dem wir erst noch ein Symbol in der Kurzschrift zuweisen müssen.« Emin erhob sich und warf Graf Antern einen Blick zu, der bei Corans Worten aufgeschaut hatte. Er hatte die Nachricht gehört.
    »Antern, bitte hol Sir Creyl und Morghien her«, bat der König, und sein erster Minister eilte davon. Emin ging zu dem schlafenden Mann und stieß ihn an.
    »Hauptmann, es wird Zeit, dass du nach Hause zu deiner Frau gehst«, sagte Emin sanft.
    Der weißbärtige Mann zuckte einige Male, dann öffnete er ein Auge. »Was?«
    »Zisch ab nach Hause«, sagte Coran.
    »Zisch selber ab«, antwortete der Hauptmann mit schwerer Stimme. »Sie will mich nicht da haben, seit Brandt bei der Verteidigung Eures Palastes starb.«
    Seine Haut wirkte wie altes, gegerbtes Leder und sein weißer Bart war von zahlreichen Lücken durchzogen, wo sich Narben

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