Sturmauge
oder unsere Beziehungen zu ihr, sondern richten ein großes Durcheinander an und überlassen es anderen, es zu bereinigen.«
Antern nickte knapp. »Mit der groben Keule, das erwarten sie nicht. Ich habe Nachricht erhalten, dass Abgesandte aus Mustet und Sautin nach Thotel gereist sind. Wenn sie ein Abkommen mit Lord Styrax schließen, wird er ungehindert nach Norden ziehen können, bis nach Tor Milist, zur Runden Stadt, dann nach Embere. Alles südlich der Farlan-Ländereien wird ihm offenstehen, also brauchen wir uns auch keine Sorgen um gute Beziehungen zur Runden Stadt zu machen. Wir reißen ein Loch in die Stadt und verschwinden schnell wieder. Das ist unsere letzte Gelegenheit, bevor uns die Menin-Armee von der anderen Seite der Grenze entgegenblickt.«
»Und dann haben wir ganz andere Probleme«, fügte Coran hinzu.
»Aber zuerst müssen wir doch wohl herausfinden, was Ilumene dort treibt?«, fragte Morghien. »Oder sollen wir bloß für die Rache ganze Jahre verdeckter Ermittlungen wegwerfen?«
König Emin schwieg eine Weile und sah dem dünnen Rauchfaden seiner Zigarre nach. »Hier geht es nicht um Rache, mein Freund. Diesen Fehler mache ich nicht noch einmal. Wir nutzen diese Gelegenheit, um Azaers Gefolgsleuten Schaden zuzufügen und uns auf den nächsten Schritt vorzubereiten, denn wir wissen alle, dass es einen solchen geben wird.« Er warf die kaum kürzer gewordene Zigarre ins Feuer und schürzte die Lippen, als sei ihm der Geschmack mit einem Mal unangenehm. »Er wird seine Handlungen hinter dem Eroberungsfeldzug der Menin verstecken, darum müssen wir vor Ort und bereit sein, wenn er handelt.«
Die letzten Regentropfen verdampften zischend in den Feuern, die Ehla um Mihn herum entzündet hatte. Er saß im Schneidersitz da, versuchte die Feuchtigkeit nicht zu beachten, die aus dem Boden kroch, und zitterte trotz der Feuer. Es war einigermaßen warm für den Winter, doch er trug unter dem Mantel kein Hemd und seine magere Gestalt verfügte auch über kein Fett, das ihn hätte warm halten können.
»Die Zauber wirken gut«, sagte Fernel, der sich unter einen Baum gestellt hatte. Sein mitternachtblaues Fell verschwamm mit dem Schatten, und Mihn konnte von dem Halbgott eigentlich nur die gelblichen Augen und Fänge erkennen. »Sie haben deine Ankunft verdeckt – soweit das nicht Xeliaths Nähe geschuldet war.«
»Was hat es gesagt?«, fragte Xeliath von ihrem Platz am Rand von Ehlas Zelt aus und brauste gleich auf, weil sie ihren Namen zwischen Worten hörte, die sie nicht verstand.
»Er «, antwortete Mihn ruhig, »sagte, dass er mich nicht spürte, als wir herkamen, dass daran aber auch deine Anwesenheit Schuld sein könnte.«
»Ha«, machte das Mädchen und sagte auf Farlan, damit Fernal sie verstehen konnte: »Hast nur Augen für mich, was, du Haariger? Du bist mir aber zu blau, also beherrsch dich.«
Fernal knurrte Xeliath leise an, was sie zum Lachen brachte.
Xeliath , sprach die Hexe in ihren Köpfen, du bist hier Gast, also verhalte dich auch wie einer. Jemand mit deiner Kraft sollte es wirklich besser wissen.
Das junge Mädchen verzog das Gesicht, sagte aber nichts. Stattdessen legte sie die Hände so gut es ging um den Tee, den Fernal ihr kurz zuvor gereicht hatte. Jenseits des Lichtes, das vom Feuerkreis kam, beobachtete der Sohn Nartis sie ohne ein Blinzeln. Sie war zwar nur halb so groß wie er, aber der Kristallschädel, der mit ihrer Hand verwachsen war, verschaffte ihr einen Vorteil.
Die Hexe kam aus ihrem Zelt und stellte sich neben Xeliath. »Mihn ab Netren ab Felith. Du richtest deine dritte Bitte an mich. Es heißt, dass man ein Stück seiner Seele verliert, wenn man eine Hexe zum dritten Mal um etwas bittet.«
»So heißt es«, antwortete Mihn gefasst. Er hatte den Tag über gefastet und sich auf das Kommende vorbereitet. In stundenlanger Meditation im kleinen Nartistempel des Palastes hatte er den Alltag abgelegt und seine Zuversicht gestärkt, dass er auch den richtigen Pfad beschritt. »Der Preis der Macht liegt darin, sie anzuwenden«, sagte er ruhig. »Ich kann mich nicht von dem Weg abwenden, der begangen werden muss, denn ich bin derjenige, der am besten dafür geeignet ist.«
Die Hexe kam einen Schritt näher und sah wie ein hungriger Raubvogel auf ihn hinab. »Und du wirst den Preis zahlen?« Ihre Stimme klang trocken und rau und so gnadenlos wie der Nordwind.
»Ich werde zahlen, was es kostet.«
»Das sind mutige Worte.«
Ein weiterer Schritt.
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