Sturmauge
Tods, die ihr vorgebt zu sein, egal, ob ihr allein oder unter Zeugen seid. Das erstreckt sich auch auf alle Drogen, die ihr bei euch haben mögt. Nehmt nur die, die für die Erledigung der Aufgabe nötig sind, verstanden?«
Der Adept funkelte ihn böse an, gab aber keine Widerworte.
»Gut, dann aufgesessen«, blaffte er.
Die fünf Adepten gingen ohne ein weiteres Wort, wobei alle Bernstein grimmig musterten. Er aber bedeutete bereits der zweiten Gruppe, die schweigend zugesehen hatte, zu ihm zu kommen.
»Das gilt auch für euch«, sagte er, »aber ihr seid Soldaten, darum muss ich euch das wohl kaum sagen.«
Die Männer nickten allesamt. Sie trugen die Kleidung der Novizen Tods und sollten so tun, als seien sie jeweils Diener eines
Adepten – so hatte man es Bernstein wenigstens gesagt. Er wusste nicht, aus welcher Legion sie stammten, nur dass sie treu waren und man ihnen nicht alle Einzelheiten des Auftrages mitgeteilt hatte. Auch Treue hielt nicht ewig, nicht einmal in der Menin-Armee.
Die fünf Männer salutierten und folgten den Adepten, so dass Bernstein und Kirl allein auf der Straße standen.
»Arme Schweine«, sagte er leise, während er ihnen nachsah.
»Ich will es gar nicht wissen«, sagte Kirl.
»Richtig«, stimmte Bernstein zu, »das willst du wirklich nicht. Aber es ist zum Besten und wird letztlich Leben retten. Wir müssen es nur ertragen.«
Sie zeigte erneut ihr bezaubernd schräges Lächeln und salutierte, wobei sie sich schon von ihm abwandte. »Wir sehen uns an der Grenze, mein Freund.«
Sie saßen schweigend auf ihren Pferden. Die Stille war nervenzermürbend. Irgendwo hinter ihnen rief ein einsamer Turmfalke klagend, aber aus der Ruine vor ihnen klang kein Laut. Rußgeschwärzte Steine lagen verstreut am Boden, und dunkles Gras wuchs über ihre Ränder, als wolle das Land diese schreckliche Tollheit verbergen.
»Kein Haus steht mehr«, keuchte Graf Vesna neben Isak. »Bei unserem Aufbruch stand alles in Flammen. Wenigstens die Mauern stehen noch.«
Sie befanden sich nicht weit vom Herbstbogentor Screes entfernt, wo die Farlan vor einigen Monaten die geschlagene Stadt betreten hatten. Jetzt … jetzt konnte Isak nur noch anhand der Straße erkennen, wo das Tor einmal gestanden haben musste.
»Sie haben das Feuer ordentlich angefacht«, sagte Isak matt, als wiederhole er etwas, das er vor langer Zeit auswendig gelernt
hatte. »Die Wände standen noch, als die Feuer verloschen, aber dann sind sie abgekühlt, und das hat sie geschwächt.« Er spürte Bewegung überall um sich herum, ein Rascheln im Schatten seines Mantels, das keinen natürlichen Ursprung hatte. Die vier Aspekte, die er im Schatten seines eigenen Tempels irgendwie dem Griff ihres Gottes entrissen hatte, waren noch immer bei ihm. Die Schnitter erinnerten sich an diesen Ort, an das Gemetzel, das vor nicht allzu langer Zeit auf diesen Straßen stattgefunden hatte.
Der Himmel über ihnen war düster und bedrohlich. Der Morgen hatte sonnig begonnen, aber schon bald hatten sich aus dem Norden dicke Wolkenbänke herangeschoben. Die Luft wurde kalt, brachte die Androhung von Regen mit sich.
»Jetzt gibt es hier nichts mehr«, krächzte der Oberste Kardinal Certinse. Der Anblick erschreckte ihn, denn die Beschreibungen hatten ihn nicht darauf vorbereiten können, es mit eigenen Augen zu sehen. Er mochte kühl und berechnend sein, aber diese Reaktion bewies, dass er kein Monster war. Seine Verbindung zu Nartis war schon vor langer Zeit durchtrennt worden, weshalb sich der wilde Zorn der Götter über die Zurückweisung durch die Bürger Screes auf ihn nicht ausgewirkt hatte. Er spürte nur Entsetzen, wo die Gruppe aus Magier-Priestern, die Teil seiner Leibwache war, noch immer den Widerhall dieser Wut in den Knochen spürte.
Certinse hatte das Ruinenfeld über eine Stunde lang betrachtet, dann hatte er befohlen, dass man einen Steinhaufen für die Toten errichten und keine Widerrede gelten lassen sollte. Trotz ihrer Vergehen, das wusste er, waren die Leute in Scree nicht weniger fromm gewesen als andere. Dies hatten sie nicht verdient. Niemand verdiente so etwas.
Die Stadt war dem Erdboden gleichgemacht, und die wenigen Überlebenden waren von den Gläubigen im Blutrausch niedergemetzelt
worden. Über die eingestürzten Mauern konnten sie auf die zerfallene Stadt blicken, auf die leblosen Trümmerhaufen, so weit das Auge reichte. Selbst Haushofmeister Lesarl vermochte nur zu schätzen, wie viele hier gestorben waren.
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