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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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seit Jahrtausenden getötet und versklavt worden«, fauchte der Drache wütend, was Isak dazu brachte, aufzustöhnen und sich den Kopf zu halten. Die Dunkelheit um ihn herum wurde plötzlich zu einer schnell fließenden Bewegung. Isak wich zurück, als ein riesiger gehörnter Kopf zwei Schritt vor ihm erschien.
    »Sie sind hier nicht willkommen, und Ihr seid es ebenso wenig«, knurrte Genedel. »Geht jetzt, oder die Verhandlungen sind schnell beendet!«
    Mit lautem Rauschen zog der Drache die Luft ein, und Isak trat einen weiteren Schritt zurück.
    »Aber ich wollte nicht …«
    »Geht!«

    Isak starrte den Drachen weiter an, aber als dieser das Maul öffnete und seine riesigen Zähne zeigte, erwachte sein Überlebensinstinkt, und er sprang beiseite, hielt sich kaum auf den Beinen, während er durch die Dunkelheit den Gang hinauflief und den Palast erreichte. Hinter ihm hallte das wütende Brüllen des Drachens durch die Tunnel.

27

    Überall in Tor Salan waren die Schritte der Händler und Arbeiter zu hören, ebenso wie das Klappern von Hufen. Es gab zwei kleine Flüsse in der Stadt, die aber beide nicht groß genug waren, um Handelsgüter darauf zu verschiffen. So lebte die Stadt ausschließlich von der glücklichen Fügung ihrer Lage im Herzen des Westens, in der Mitte eines Netzes aus Handelswegen, das ihr Reichtum und eine gemischte Bürgerschaft brachte.
    Oberst Bernstein saß in dem verdunkelten Wachzimmer des Nordtors und erkannte, dass es in der Stadt zum ersten Mal seit Jahrzehnten ruhig war.
    Die Stadt, die niemals schläft; die Stadt, in der es niemals dunkel wird – doch jetzt hatten die Menin ihr in einem grausamen Handstreich die Namen genommen und sie in nicht mehr als eine Ansammlung von Häusern und Menschen verwandelt, die vor Angst ganz still waren. Ohne seine tausend Magier kauerte sich Tor Salan wie ein Geprügelter zusammen, der auf den nächsten Schlag wartet. Ohne die Magier blieben die Straßen Tor Salans dunkel und leer – das einzige Licht und die einzige Geschäftigkeit fand sich an dem Denkmal, das sie zu Ehren von Lord Styrax’ Sieg errichtet hatten. Die Soldatentrupps, die auf die Einhaltung der Ausgangssperre achteten, waren fast überflüssig, aber Lord Styrax nutzte die Gelegenheit, um seine
neuen Truppen in geregelte Bahnen zu lenken. Bisher hatten die Tachrenn der Zehntausend keinen Aufruhr gemeldet. Bernstein wusste, dass jeder Tag, an dem die Chetse-Soldaten in Styrax’ Namen durch die Straßen patrouillierten und dabei sein Wappen trugen, ihn dem Ziel näherbrachte, ihre vollständige Treue zu gewinnen.
    Wir sind einfach zu halten, dachte er und leckte sich die Lippen, um dem schwachen Wein nachzuschmecken, den er getrunken hatte. Gib uns einen geregelten Ablauf, Essen und Frauen, und wir bellen für jeden, der es uns befiehlt.
    Er saß schon eine halbe Stunde hier im Schatten, und starrte durch die offene Tür auf die leere Straße, und erst jetzt kam jemand anders vorbei als die Patrouillen. Es waren zwei Gruppen. Trotz des Zwielichts auf den Straßen, das nun herrschte, konnte er sie sehen, weil die Magier die Lichter nicht mehr entzündeten. Die erste Gruppe sah fast so wie die Menin-Wachen aus, die vor dem Tor aufgestellt waren, und sie gingen unbewusst in Reih und Glied, wie es Soldaten stets taten. Die zweite Gruppe folgte einige Minuten später. Ihre wispernden Stimmen und verstohlenen Blicke hätten Misstrauen erregt, wenn die Patrouillen nicht schon Befehle für diese Lage erhalten hätten.
    Bernstein seufzte. Er war hier als Kindermädchen abgestellt und sollte die Gruppen leise durch das Tor scheuchen und sicherstellen, dass sie nicht verwechselt wurden. Als er aus dem Wachraum trat, salutierte die erste Gruppe geschlossen. Die zweite, vier Männer und eine Frau, unterbrachen ihr Gespräch nur kurz, um ihn zu mustern.
    Der große Soldat nahm keinen Anstoß daran. Er sah hoch und stieß einen kurzen Pfiff aus, der bald vom Aussichtspunkt über dem Turm erwidert wurde. Ein Gesicht erschien, um auf die Männer herabzuschauen, und verschwand wieder. Dann war das gedämpfte Rasseln der Ketten zu hören, und das Tor öffnete sich
langsam. Kaum war der Spalt breit genug, schlüpfte eine kleine Gestalt hindurch und trat zu Bernstein.
    »Alle bereit?«, fragte sie, nachdem sie nachlässig salutiert hatte. Bernstein nickte der Frau zu. Er konnte das entspannte Lächeln auf Kirls Lippen im Dunkel, das seit einem Kieferbruch vor einigen Jahren Schlagseite hatte, gerade

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