Sturmauge
an seiner statt in die Scheide zu schieben. Ein seltsames Reißen erklang und sie drehte sich zum Boden um, der wie ein riesiger Kokon aufriss, sich weiter und weiter entlang der Mitte des Walls öffnete, als sich etwas aus dem Boden darunter herausschob.
Eine riesige, schmutzbedeckte Gestalt, noch unkenntlich,
stieg auf, einen halben Schritt, dann einen weiteren, schließlich drei, bevor sie wieder in sich zusammensank. Und weiter hinten im Hügel blitzte etwas smaragdgrün auf, als die Erde beiseitefiel.
Dann barst der Wall auseinander und der Drache darin befreite sich, wand seinen Körper aus einem Gefängnis, das aus Erde bestand. Seine Flügel waren dicht angelegt und schmutzig. Das Tier war riesig, sogar für einen Drachen. Seine Bewegungen waren träge, wie es nach einem durch Magie hervorgerufenen Schlaf nicht anders zu erwarten war. Doch mit jedem verstreichenden Augenblick spürte Styrax seinen Geist weiter erwachen.
Die Wyvern stieg ungebeten weiter auf, versuchte verzweifelt von ihrem deutlich größeren Vetter wegzukommen. Diesmal ließ Styrax sie gewähren. Er war von dem, was er gerade beobachtet hatte, noch wie benommen, aber jetzt griff sein Selbsterhaltungstrieb und er wandte sein Reittier nach Westen, seinem Heer zu. Das Rätsel des Herzens war eindeutig gewesen. Es hatte den Drachen schlafen lassen und wenn er jemals geweckt werden sollte, würde er sich gegen denjenigen wenden, der es gelöst hatte. Der Kristallschädel war nicht erwähnt worden, aber Styrax hatte geahnt, durch welchen Zauber der Schlaf des Drachen hervorgerufen worden war und kannte die Vorliebe der Drachen für Magier nur zu gut. Darum hatte er Lord Larim auch zurückgehalten. Seine Erfahrungen mit den Schädeln hatten Styrax gelehrt, dass man sie kaum wahrnehmen konnte, wenn sie nicht in Gebrauch waren. Also würde sich der Drache vermutlich auf den nächsten mächtigen Magier stürzen.
Jetzt erlebte er durch die Farlan-Armee eine Ablenkung, die gleich mehrere Zwecke erfüllte.
Und doch hat sie mich hereingelegt , dachte er ungläubig und mit zunehmender Verwunderung. Er konnte kaum glauben, was er gesehen hatte – und er war froh, dass er nicht auf die Idee gekommen war, zu bleiben und gegen Zhia zu kämpfen. Er hatte
beschlossen, dass zwei unsterbliche Vampire mit Kristallschädeln sogar für ihn zu viel gewesen wären. Aber wenn einer von ihnen Aenaris selbst, den Schlüssel des Lebens, bei sich trägt, können nicht einmal die Götter sie mehr aufhalten!
Die Kavallerie krachte in die Reihen der Menin, und Männer und Pferde schrien und brüllten und fielen. Bernstein fand sich neben Hauptmann Hain wieder. Sie suchten hinter ihren Schilden, die auf dem Grenzwall ruhten, Deckung. Rings um sie herum bedeckten Fußsoldaten den kleinen Fleck Erde. Die Mauer war mittlerweile auf halber Länge zu Schutt zerschlagen, aber sie hatte immerhin den ersten Ansturm der Farlan abgehalten, und jetzt sorgten die Menin-Armbrustschützen dafür, dass jeder Schuss zählte.
Ein Speer krachte in Bernsteins Schild und warf ihn beinahe aus seiner Hand. Er sprang blind vor und erwischte das Pferd an der Kehle. Das Tier bäumte sich auf und warf sich zurück, fiel kreischend und versuchte nicht auf seinem Reiter zu landen. Bernstein wurde der Säbel aus der Hand gefegt, darum riss er den Speer heraus und stieß damit nach dem nächsten Mann, der auf ihn zukam. Hinter sich hörte er die aufgeregten Befehle der Offiziere, die ihre Bogenschützen antrieben, sowie das laute Stampfen einer weiteren herannahenden Infanterieeinheit.
Die Hälfte der Farlan war nun zu Fuß unterwegs, doch griffen sie mit bemerkenswerter Inbrunst an. Seine Männer besiegten die abgerissenen Söldner mit Leichtigkeit, aber unter den Feinden waren auch Männer eines ganz anderen Kalibers. Eine Gruppe Ritter bahnte sich am umgestürzten Teil der Mauer einen Weg durch die Reihen, schlug um sich, und ihre Streitrösser keilten aus und trampelten sich einen blutigen Pfad entlang. Die roten und weißen Bänder an ihrer Rüstung tanzten wild im Wind.
»Macht sie nieder!«, rief Bernstein den ankommenden Fußsoldaten
zu. Die Männer legten die Speere an und stürmten gegen das halbe Dutzend Ritter los. Der Erste wurde aufgespießt, schützte aber die Übrigen, die sich der Einheit zuwandten und hineinritten, um an den Speeren vorbeizukommen und dann auf jedes sich bietende Ziel einzuhacken. Den Hintersten trafen zwei Armbrustbolzen, aber die anderen achteten gar nicht
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