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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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schien von der Tragödie, die sich keine zehn Schritte von ihrem Sitzplatz entfernt entfaltete, nichts zu bemerken.

    »Nein? Nun, ich versuche es weiter«, sagte er und ging in die Hocke. Dann legte er seine Hände auf die Säule und spannte die Schultern an. In einer fließenden Bewegung hob er die Säule eine Handbreit an und ließ sie zur Seite kippen. Der schwere Stein landete mit einem lauten Krachen auf dem Boden, zerschmetterte die Kacheln unter sich und ließ – endlich – die alte Frau vor Schreck aufschreien.
    Styrax nickte ihr respektvoll zu, dann blickte er in das Loch im Boden hinab. Dort lag in einer engen Vertiefung, umgeben von der gleichen Schrift, wie sie auch auf der Säule zu finden war, ein Kristallschädel.
    »Der Schädel des Blutes«, sagte er vor sich hin. »Drei haben wir, bleiben also neun.« Er zögerte. »Und zwei davon werden mir frei Haus geliefert.«
    Es zog den Schädel aus seiner Halterung. Ein Beben wanderte durch das Gebäude, gefolgt von einem plötzlichen Rauschen, das er ebenso sehr fühlte wie hörte. Er richtete sich auf und atmete tief ein, füllte seine Lunge, und ein freudiges Keuchen wurde zu einem lauten Lachen, als die Magie seinen Körper erfüllte.
    Die kalte Luft um ihn herum waberte, als der Zauber gebrochen wurde und die Magie in das Tal zurückkehrte, aus dem Himmel herabsank, um den trockenen Boden mit einem scharfen Geruch von Feuer zu bedecken und Styrax wie eine von Blitzen erfüllte Sturmwolke zu umtosen.
    Die Farben des Faeren-Hauses wurden heller und stärker, das Gewicht seiner Rüstung verschwand. Im fahlen Winterlicht, das durch die schmerzliche Abwesenheit von Magie in Styrax Augen noch dunkler gewirkt hatte, war das Faeren-Haus beeindruckend gewesen, hatte aber seelenlos gewirkt. Jetzt nahm er sich einen Augenblick Zeit, um das Haus erneut zu mustern, die Pracht der hohen Mauern und ihrer strahlenden, goldgerahmten
Flaggen zu bewundern und zu den feinen Schnitzereien der Kuppelstützbalken hinaufzuschauen.
    Ein leises Geräusch, das gewöhnliche Menschen nicht hören konnten, drang in den Raum und riss ihn aus seiner Bewunderung. Seine bebenden Sinne sammelten sich, als er etwas Gewaltiges langsam erwachen spürte. Ein Geist, grenzenlos und uralt, aber noch nicht ganz bei Bewusstsein.
    »Ah, ja, der Hüter«, sagte er und blickte auf die beiseitegeworfene Steinsäule. Jetzt, da Magie durch seinen Körper strömte, wirkte das Gold stumpf und unwichtig. »Die Gefahr, die zahllose Hände verharren ließ. Zhia Vukotic, betrachte dies als Lehre: Ich bin nicht mit dem Rest der Menschheit zu vergleichen.«
    Styrax drückte sich den Kristallschädel auf die Brust und hielt ihn dort, bis er sich mit dem schwarzen, mit Spiralen verzierten Metall verbunden hatte. Dann ging er auf die Tür zu, nahm im Vorbeigehen seinen Helm auf und nickte der alten Frau erneut respektvoll zu. »Ihr solltet hierbleiben und Euch leise verhalten«, riet er ihr fröhlich. »Der Bibliothekar ist schlecht gelaunt.«
    Styrax trat ins Freie, und während ihm die ersten entsetzten Gesichter begegneten, spürte er den erwachenden Geist stärker und klarer werden. Vor dem Tor rannten weitere Litse-Wachen durcheinander, doch ihre verängstigten Rufe wurden vom Wind davongerissen. Seine Wyvern kam zwischen ihnen hindurchgestürmt, sprang auf ihren kräftigen Beinen vorwärts, bis sie genug Platz hatte, um ihre Flügel auszubreiten und sich in die Luft zu erheben. Sie flog auf ihn zu, doch statt vor ihrem Meister zu landen, schwebte sie unsicher in der Luft, denn sie spürte den fremden Geist.
    »Komm her«, knurrte Styrax und sandte auf seinen Worten einen magischen Splitter aus, um den Zauber zu erneuern, den er vor vielen Monaten auf das Tier gelegt hatte. Nun gehorchte es
sofort und schoss so schnell vorwärts, dass der Tierhüter auf seinem Rücken überrascht aufschrie.
    Die Wyvern landete und senkte den Kopf so weit, dass die Kehle über das Gras zu Styrax’ Füßen strich. Er tätschelte das Tier, woraufhin es den langen Hals drehte, um zuzusehen, wie er aufstieg, während der Tierhüter eilig auf der anderen Seite herunterrutschte.
    »Lauf«, befahl Styrax dem Mann. »Lauf zum Tor und versuch Lord Larim einzuholen. Alle anderen sind außer sich vor Angst, also wird dich keiner aufhalten. Sieh nur zu, dass du in einer Minute nicht mehr hier bist.«
    »Was geschieht, mein Lord?«, rief der Mann und wie zur Antwort erzitterte der Boden wie bei einem Erdbeben.
    »Etwas, das du nicht

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