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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Gesicht wieder aufhellt, mein Freund. Ich brauche kein altes Schlachtross, ich brauche einen General, auf den ich zählen kann, dachte Isak etwas betrübt.

    »Es ist ein wunderschöner Tag, Vesna. Wollen wir hoffen, dass keiner von uns die Waffe ziehen muss.«
    Die kraftlose Wintersonne war bereits zur Hälfte hinter den Häusern im Osten verschwunden, ließ die weißen Kacheln der Kalten Halle gegenüber jedoch bleich erstrahlen. Die Geister hatten ein Quadrat vor den Eingang des Tempels des Rechts gespannt und hielten so eine Menge ab, die noch genauso aufgebracht schien wie vor zwei Stunden, als Isak hineingegangen war. Sir Cerse, Obrist der Palastwache, salutierte Isak von seinem Standort knapp hinter der Absperrung aus und bellte seinen Männern dann einen Befehl zu, als der Lord der Farlan die beiden Stufen zum Platz hinabschritt.
    Die Geister drängten sich in die Menge, um einen Durchgang für Isak zu schaffen. Aber schon die jubelnde Masse hinter den Priestern teilte sich bereitwillig. Isak ignorierte die Rufe von beiden Seiten, war sich des Schutzwalls aus schwarzeisernen Glefen um sich herum aber sehr wohl bewusst.
    Nach zwanzig Schritten entdeckte Isak, der alle seine Begleiter überragte, zwei Gestalten, die den Platz vom Reiterweg her betraten und direkt auf ihn zuhielten: ein Mann und eine Frau. Die Frau trug einen Kapuzenmantel und war nicht zu erkennen, der Mann war in die Kluft einer Leibwache gehüllt. Isak blieb stehen. Rote und weiße Rauten. Die Farben weckten eine Erinnerung, aber es dauerte eine ganze Weile, bis er sie einordnen konnte: Tildek, Sitz der Certinse-Familie.
    »Vesna, das ist eine Tildek-Leibwache, die da auf uns zukommt«, sagte er.
    Noch bevor er geendet hatte, war der Graf bereits vor ihn geschnellt, die Hand am Schwertknauf. Selbst wenn der Mann nur etwas aussagen wollte, so sollte Isak nicht daran beteiligt sein.
    »Lord Isak!«, rief die Leibwache und ging vor seiner Begleiterin her. Auch Vesna wurde schneller.

    Isak sah sich um. Jachen beachtete die Leibwache nicht, sondern behielt die Menschenmenge hinter ihnen im Blick, falls dies eine Ablenkung sein sollte. Er wandte sich wieder Vesna zu und sah gerade noch, wie der Mann stehen blieb und auf die Knie fiel. Vesna überbrückte den Abstand eilig, aber er schaffte es nicht, den Mann am Reden zu hindern.
    »Lord Isak, Ihr seid eine Schande für den Stamm und für Nartis!« , rief der Mann. Er war jung, nicht viel älter als Isak. Er hatte buschige Augenbrauen, und eine Narbe verlief quer über seinen Mund, so dass seine abgebrochenen Vorderzähne sichtbar waren.
    Isak erkannte die Inbrunst in den Augen des Mannes, als dieser einen Dolch aus dem Gürtel zog, ihn kurz hochhielt, in der Hand drehte und sich dann in die eigene Brust rammte. Die Menge raunte, während sich das Gesicht des Mannes vor Schmerz verzog. Er schwankte dann, den Dolchknauf noch immer umklammernd.
    Dann klappte der Mund der Leibwache auf und die Augen schlossen sich, aber mit einem stummen Schmerzensschrei riss er das Messer wieder heraus. Der Klinge folgte eine rote Fontäne und spritzte über die Kopfsteine zu Graf Vesnas Füßen. Er blieb ruckartig stehen. Die Zeit schien langsamer zu verstreichen, als sich alle zu der Leibwache umdrehten. Unwillkürlich stieg eine Erinnerung in ihm auf, die aus jenem Jahr stammte, in dem er bei Carel den Schwertkampf erlernt hatte: einen Augenblick – mehr kann ein Soldat sich nicht erhoffen.
    Er öffnete den Mund, um eine Warnung zu rufen, aber bevor er dazu kam, hatte die Begleiterin der Leibwache schon etwas über den Kopf gehoben und vor den sterbenden Mann geworfen. Es zerbrach auf den Steinen. Flüssigkeit und Glassplitter spritzten in alle Richtungen davon, und unzählige kleine schwarze Gegenstände hüpften wild dazwischen herum. Eine dunkelrote Flüssigkeit bedeckte die hellen Steine, und in Isaks Mund breitete sich ein bitterer Geschmack aus. Für einen Moment glaubte er, Blut
zu schmecken, dann aber wurde der Geschmack trocken und so beißend wie Asche. Die kühle Luft wurde eisig, als die Leibwache vorwärtskippte und zu zucken begann.
    Während die Frau zurückwich, füllte eine schwarze Wolke der Magie die Luft. Die Kapuze war ihr vom Kopf gerutscht und er sah einen erschrockenen Ausdruck auf ihrem Gesicht.
    »Vesna!«, brüllte er, als er endlich seine Stimme wiederfand. »Weg da! Allesamt: Weg da!« Seine dröhnende Stimme riss die Leute aus ihrer Erstarrung, woraufhin sie zu fliehen begannen.
    Er

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