Sturmauge
er zu den Vorbereitungen der Verhandlung von Herzog Certinse hier eingetroffen war. Die Masse aus geröteten und erregten Gesichtern stand in krassem Gegensatz zu dem bleichen jungen Mann, der in der Mitte des Gerichtssaals in einem schwarzen Quadrat kniete.
Hinter einer Reihe Palastwachen, in schwarz-weiße Livrees gekleidet, wütete eine bunt zusammengewürfelte Menschenmenge von Klerikern aller Art und der ganzen Bandbreite von Tirahs Bürgerschaft. Zuvorderst befanden sich in den rot gesäumten Roben des Kirchenzweigs des Nartiskultes Männer und Frauen unterschiedlichsten Alters und Ranges. Drei Kardinäle waren anwesend, jeder in Begleitung einer Einheit von Soldaten mit Wappenrock und dreimal so vieler Novizen in Blau, allesamt mit Knüppeln bewaffnet.
Die Anhänger aus dem Tempel Tods waren einen Schritt weiter gegangen – neben den versammelten Priestern befand sich mindestens eine Kompanie Männer in grauen Roben auf dem Platz, die Novizen des Kultes von Tod. Kaum einer der Novizen
von Nartis hatte schon mehr als achtzehn Sommer erlebt, diese Gruppe jedoch war bedeutend älter. Auf Isak wirkten sie so bemerkenswert wie Söldner. Er machte sich gar nicht erst die Mühe durchzuzählen. Es wären ganz genau einundfünfzig, eine Kompanie aus fünf Einheiten – und ein Mann, der sie führte.
Die Drohung blieb unausgesprochen, dennoch war sie eindeutig. Die Priester zeigten ihr Blatt: Sie hatten ihre Miliz bereits beisammen, und sie forderten ihn nun heraus, sich in einen Machtkampf zu stürzen, obwohl er doch gerade erst die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und Einigkeit betont hatte.
»Sie unterschätzen dich. Das Fieber, das von ihren Göttern auf sie übergegangen ist, trübt ihren Verstand.« Die Stimme war voller Verachtung.
Diesmal aber musste Isak Aryn Bwr zustimmen. Bei klarem Verstand hätte nicht einmal Kardinal Certinse geglaubt, er könne sich mit dem Lord der Farlan anlegen und siegreich aus diesem Streit hervorgehen – aber genau das war das Problem. Sie dachten eben nicht klar, und dies war tatsächlich ein Konflikt, den er nicht gebrauchen konnte.
»Schicke deinen Schatten zu Certinse«, flüsterte der letzte König in einem seltenen Augenblick der Klarheit. Isak verkrampfte kurz, erkannte dann aber, dass Aryn Bwr nur Mihn damit meinte. »Er soll bei Nacht in den Palast des Kardinals schleichen und ihm sagen, dass der erste Tote in einem solchen Kampf er selbst sein würde. Er hat sich von seiner Familie abgegrenzt, um seine Stellung zu behalten, also biete ihm eine Gelegenheit, all das zu behalten, woran er so hängt, wenn er nur seine Gefolgschaft zum Schweigen bringt.«
»Im Augenblick bin ich schon froh, wenn wir den Platz verlassen können, ohne jemanden töten zu müssen«, murmelte Isak, allerdings zu leise, als dass ihn jemand hätte verstehen können. Oberst Jachen jedoch hörte, dass er etwas sagte.
»Herr?«
»Nichts, Jachen«, sagte Isak mit einer wegwerfenden Geste. »Achtet nur darauf, dass die Männer da draußen die Fassung behalten.«
»Sie werden nicht drauflosschlagen, mein Lord, das verspreche ich Euch – Sir Cerse hat drei Schwertmeister abgestellt, die ein Auge auf die Wachen haben.«
»Gut. Ich denke, wir sind in der Unterzahl.«
»Nicht sehr, mein Lord«, sagte Graf Vesna mit erzwungener Fröhlichkeit. »Und die Geister haben auf dem Schlachtfeld schon Schlimmeres erlebt. Außerdem wollen wir nicht vergessen, dass ein zweites Regiment im Gebäude wartet und ein drittes in den umgebenden Straßen patrouilliert. Wenn sie anfangen, werden wir es beenden – und du musst dabei nicht mal deine Waffe berühren.«
Isak blickte seinen Freund an, der in schwarzer Seide und dem langen Mantel mit den goldenen Borten blendend aussah. Sein langes schwarzes Haar war geölt und so makellos gelegt, dass es den Blick auf die Hautbilder seiner Ritterschaft erlaubte, auf die er so stolz war. Zu den goldenen Ohrringen, die einem Mann in seinem Rang zustanden, trug Vesna einen goldenen Löwenkopf am Kragen, ein genaues Abbild desjenigen auf seiner Rüstung, bis hin zu dem Rubin im Auge.
Obwohl der berühmte Soldat noch immer in hervorragender Verfassung war – Isak hatte ihn in Scree kämpfen sehen –, wusste er doch, dass sich der Graf seiner Sterblichkeit dieser Tage sehr bewusst war. Vesna wirkte älter als bei ihrem ersten Treffen, und sein vertrautes, draufgängerisches Lächeln wurde manchmal von Erschöpfung niedergedrückt.
Ich hoffe, dass die Hochzeit dein
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