Sturmauge
ruhig. »Ich stehe Euch voll und ganz zur Verfügung, ob ich den Sinn hinter Euren Befehlen nun durchschaue oder nicht.«
»Und das wird helfen, ja?«, fragte Isak verstimmt.
»Ihr seid ein Weißauge, mein Lord. Es liegt in Eurer Natur, Dinge nicht einfach friedlich hinzunehmen. Da Ihr so unruhig wirkt, denke ich, dass ihr bisher noch keine Möglichkeit gefunden habt, wie sie zu bekämpfen sind. Wenn dies geschieht, werdet Ihr merken, dass mit einem Ziel viel von Eurer Unruhe von Euch weicht.«
Isak lachte leise und freudlos auf. »Du könntest Recht haben, aber ich habe einige Probleme, für die es meiner Meinung nach überhaupt keine Lösung gibt.«
»Zählt sie auf.«
Er sah Mihn an, erwartete halb, der Mann würde scherzen, aber er meinte es todernst.
»Gut, wenn du schon fragst: Als Erstes ist da dieser religiöse Wahn, der alle in den Irrsinn treibt und Dummheit statt Politik verlangt. Dann träume ich seit dem Fall von Scree nur noch vom Tod, und das wird zunehmend schlimmer.« Er verzog das Gesicht und kratzte sich an der Wange. »Und dann gibt es keine Spur von den Anhängern Azaers, die Scree überlebten. Wir haben noch immer wenig Ahnung davon, was die Motive des Schattens sind, und ich habe keine Ahnung, wo wir ansetzen sollen.
Also, hast du jetzt die eine oder andere Lösung für mich?«
»Nein, mein Lord«, antwortete Mihn schwermütig. »Aber ich habe einen Rat anzubieten, der vielleicht von zumindest geringem
Nutzen sein könnte. Ihr müsst stets Eure Stärken nutzen. Ein Schmied breitet sein Werkzeug aus, bevor er mit der Arbeit beginnt, und das solltet Ihr auch tun.«
»Soll ich alle meine Lordprotektoren in einer Reihe aufstellen lassen?«, fragte Isak und lächelte bei diesen Worten kurz.
»Nein, es geht um die Werkzeuge des Mannes Isak, nicht um die des Herzogs.«
»Davon habe ich nur wenige«, sagte er grimmig und war sich bewusst, dass Mihn seinen Vornamen benutzt hatte, was er nur selten tat. »Ich bin ein Weißauge, was bedeutet, dass ich so viele schlechte wie gute Eigenschaften habe.«
»Ihr habt Euch vor diesen bisher nie versteckt«, führte Mihn aus. »Ich habe den Ausdruck auf Eurem Gesicht gesehen, der erscheint, sobald jemand die Schlacht auf den Chir-Ebenen erwähnt – Ihr seht dann eher entschlossen als peinlich berührt aus.«
Isak hob die Hand, um ihn zum Verstummen zu bringen, denn nun hörten sie Schritte vor der Tür des Stalls. Es klapperte, als die Tür aufgeschoben wurde und ein Gesicht in dem Spalt erschien. Vesna sah sich überall im Stall um, bis er Isak auf dem Heuboden entdeckte.
»Sprich weiter, rasch«, sagte Isak zu Mihn und stand auf.
»Nehmen wir die religiöse Angelegenheit. Dies ist ein unangenehmer Teil der Gesellschaft. Bedenkt Euer Temperament, es ist sogar noch heute sprunghaft. Was habt Ihr daran geändert?«
Isak stand mit nachdenklichem Ausdruck da, überragte Mihn weit und sagte schließlich: »Ich habe es als Teil meiner selbst angenommen, etwas, das niemals verschwinden wird und darum beherrscht werden muss.« Vorsichtig stieg er die knarrende Leiter hinab.
»Genau. Ihr habt es in Euer Inneres getragen und dort zu besserem Nutzen gebracht. Euch blieb ja auch nur dies übrig, wollt
Ihr nicht für den Rest Eures Lebens einen Krieg gegen Euch selbst führen.«
»Da hast du wohl Recht.« Isak lächelte matt. »Und das andere Problem? Meine Träume vom Tod? Es erscheint mir dumm, den Tod einfach hinzunehmen … und das ist ein Problem, was man nur schwerlich umgehen kann. Aryn Bwr hat das versucht – und sieh dir nun an, was aus ihm wurde. Ich bin lieber ganz tot, als ein zerschlagener Passagier im Geist eines anderen zu sein, selbst wenn ich die Fähigkeiten hätte, das herbeizuführen.«
Mihn nickte ernst. »Natürlich, aber gilt möglicherweise auch hier das gleiche Prinzip? Euer Leben ist durch die Prophezeiungen und die Mächte, die sie vorantreiben, bestimmt – wenn diese Euch nicht mehr auf der Fährte sind, werdet Ihr von Eurer eigenen Existenz vielleicht auch nicht mehr so bedrängt. Es gibt Geschichten von Männern, die Tod selbst ausgetrickst haben. Befreit Euch das von Euren Bürden?« Er seufzte und wies auf den Stallboden. »Auf der anderen Seite habt Ihr selbst mir berichtet, dass man Lord Bahls Träume als Waffe gegen ihn eingesetzt hat. Dies mag nichts anderes sein als das Bestreben eines Magiers, Euch auf einen bestimmten Weg zu zwingen.
Doch wie dem auch sei, dieses Gespräch müssen wir an einem anderen Tag
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